Upgrade für Messstation von Umweltbundesamt und Bundesforsten in den Kalkalpen
Purkersdorf (bundesforste) - Sensoren, Filter, Schläuche und Röhren – Hightech im Wald soweit
das Auge reicht: Mitten in den ausgedehnten Wäldern der Kalkalpen betreiben das Umweltbundesamt, die Österreichischen
Bundesforste (ÖBf) und der Nationalpark Kalkalpen mit der Messstation Zöbelboden eine der größten
Forschungsstationen Österreichs. In den nächsten vier Jahren werden dieser und fünf weitere Standorte
um knapp zwei Millionen Euro aus dem Österreichischen Forschungsförderungsfonds zu hochmodernen Messstationen
für ökologische Forschung ausgebaut. Die Forschungsfläche erstreckt sich auf rund 90 Hektar Wald
mitten im Karst des Reichraminger Hintergebirges. „Die Berg- und Schluchtwälder schützen vor Lawinen,
Hangrutsch und Erosion, zudem sind sie reich an Trinkwasservorkommen“, erklärt Rudolf Freidhager, Vorstand
für Forstwirtschaft und Naturschutz der Bundesforste, auf deren Flächen sich die Messstation Zöbelboden
befindet. „Der Wald ist als Ökosystem von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen. Der Forschungs-Hot-Spot
in den Kalkalpen liefert wichtige Erkenntnisse über die Einflüsse von Klimaextremen und Umweltveränderungen
auf unsere Wälder.“ Für die nächsten vier Jahre haben die ÖBf mit dem Umweltbundesamt bis 2021
eine Forschungskooperation abgeschlossen. „Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass häufige, starke Regenfälle
oder lange Hitzeperioden Ökosysteme verändern", erklärt Umweltbundesamt-Geschäftsführerin
Monika Mörth. „Mit der neuen Messtechnik können wir unmittelbare und langfristige Folgen noch genauer
beobachten und auch Klimarisiken besser abschätzen.
Erforscht vom Kronendach bis in den Waldboden
Von der Baumkrone bis in die Wurzelspitzen werden Wälder und Bäume mit Hightech-Geräten untersucht,
in Echtzeit Daten gewonnen und analysiert. Untersucht wird etwa, welche Schadstoffe der Wald aufnimmt, von Stickstoff-
und Schwefeldioxidemissionen, über Ozon bis zu Schwermetallen. Unter anderem wird Niederschlag, der vom Kronendach
auf den Waldboden tropft und dabei vom Baum gefiltert wird, mittels Röhrentrichter gesammelt. Wasser aus dem
Waldboden wiederum wird über Filter angesaugt, um anschließend Inhaltsstoffe zu analysieren. Auch Blätter
werden in Netzen aufgefangen, bevor sie auf den Boden fallen. Sie liefern wertvolle Informationen, weil auch sie
Schadstoffe speichern. „Der Wald wirkt wie ein überdimensionaler Filter“, erklärt Rudolf Freidhager.
„Er filtert die Luft, befreit sie von Schadstoffen, reinigt das Wasser und wandelt schädliches Kohlendioxid
in lebensnotwendigen Sauerstoff um.“
Bäume ziehen sich bei Stress zusammen
Trockenheit setzt vor allem Österreichs häufigste Baumart, die Fichte, unter Stress. Auf der Forschungsstation
Zöbelboden sollen darüber nähere Erkenntnisse gewonnen werden. An den Bäumen wurden dazu wenige
Zentimeter unter der Baumrinde Sensoren befestigt, sogenannte Saftflussmesser, die den Saftstrom bzw. Verdunstungsfluss
des Baumes messen. Tritt ein Dürreereignis ein, verringert sich der Saftstrom, der Baum verdunstet weniger.
Ein weiteres Phänomen: Stehen Bäume unter Trockenstress, nimmt der Stammumfang ab, der Baum zieht sich
förmlich zusammen und dehnt sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt wieder hergestellt ist.
Dazu werden am Zöbelboden Baumstämme mit einem sogenannten Dendrometer (griech. Baummesser) umspannt,
mit dem Umfangsänderungen eines Baumes im Millimeterbereich ermittelt werden können.
Daten im Viertelstunden-Takt
Mehr als 600 unterschiedliche meteorologische und Schadstoff-Parameter werden auf der Messstation Zöbelboden
täglich gemessen. Insgesamt sind über hundert hochspezielle Messsensoren auf der gesamten Forschungsfläche
im Wald verteilt und liefern im Viertel- bzw. Halbstundentakt umfangreiche Messdaten an das Umweltbundesamt. Erstmals
können dank der neuen, hochauflösenden Technik Ergebnisse und Auswirkungen extremer Wetterereignisse
nun zeitnah erfasst werden. Die weitere Auswertung der Messdaten und die Qualitätssicherung erfolgt in den
Labors des Umweltbundesamtes.
Weitere Forschungsstandorte in ganz Österreich
Neben dem Zöbelboden werden auch die Ökosystem-Monitoring-Standorte Klausen-Leopoldsdorf und Rosalia
(beide NÖ), Neusiedler See (B), Pürgschachener Moor (ST) und Stubaital (T) neu instrumentiert und im
Rahmen des vom Österreichischen Forschungsföderungsfonds geförderten Projektes LTER-CWN (Long-Term
Ecosystem Research Infrastructure for Carbon, Water and Nitrogen) auf einen gemeinsamen Stand gebracht. Für
LTER-CWN haben sich die wichtigsten Akteure der ökologischen Langzeitforschung unter Leitung des Forschungsverbundes
Umwelt der Universität Wien zusammengeschlossen, um die Auswirkungen von extremen Klimaereignissen zu untersuchen.
Die LTER-CWN-Standorte bilden einen wichtigen Teil des nationalen Netzwerks für ökologische Langzeitforschung
LTER-Austria (Long-Term Ecosystem Research Austria), dem das Umweltbundesamt vorsteht.
|