Der steirische herbst präsentiert das vollständige Programm für 20.9.–14.10.18
– Verkauf des neuen Festival-Passes hat begonnen.
Graz (steirischer herbst) - Am 20. September 2018 eröffnet der steirische herbst – Europas ältestes
interdisziplinäres Festival für zeitgenössische Kunst – seine 51. Ausgabe.
In einer Pressekonferenz wurde am 17. Juli das Programm des Festivals vorgestellt.
Volksfronten, das Kernprogramm des diesjährigen steirischen herbst, ist die erste von Ekaterina Degot gemeinsam
mit einem Kurator*innenkollektiv organisierte Ausgabe. Das Programm umfasst installative, performative sowie diskursive
Arbeiten von mehr als 40 Künstler*innen, verteilt auf über 20 Veranstaltungsorte. Als Parcours konzipiert,
erstreckt es sich über die ganze Stadt. Beinahe alle Produktionen sind neu in Auftrag gegeben und entstehen
speziell für die diesjährige Edition.
Programm
Zur Eröffnung des Festivals am 20. September 2018 lädt die legendäre US-amerikanische Gruppe
Bread & Puppet Theater zu einer Parade quer durch die Stadt, um gemeinsam mit lokalen Teilnehmer*innen die
urbane Topografie und aktuelle politische Entwicklungen zu befragen. Der Performer und Dichter Roman Osminkin wird
danach auf der Schloßbergstiege eine Open-Air-Performance nach Dmitrij Alexandrowitsch Prigovs Umsturz. Ein
Stück für zwei Lautsprecher aus dem Jahr 1990 zeigen, bevor schließlich die Gruppe Laibach aus
Slowenien auf der Kasemattenbühne am Schloßberg ihre Version des legendären Musicals und Films
The Sound of Music anstimmt.
Der bisherige Eröffnungsort des Festivals, die Helmut List Halle, wird heuer indessen zum Ausstellungsort:
Die in Moskau geborene Künstlerin Irina Korina errichtet darin eine über zehn Tage andauernde aufblasbare
Landschaft. Verteilt über die ganze Stadt entstehen an teils geschichtsträchtigen Orten die weiteren
Arbeiten des Volksfronten-Programms: Im Forum Stadtpark etwa installiert Milica Tomic ihr Forschungsprojekt rund
um ein ehemaliges Arbeitslager im südsteirischen Aflenz; im Haus der Architektur inszeniert Henrike Naumann
den Anschluss Österreichs im Jahr 1990, zumindest in Punkto Einrichtung. Funda Gül Özcan entwickelt
ihre Arbeit für die ehemalige Ankara Türkü Bar in der Grazer Griesgasse, Tony Chakar und Nadim Mishlawi
ziehen ins Hotel Daniel ein, das Department of Ultimology forscht im Grazer Kunstverein.
Im Volkshaus Graz errichtet das Künstlerduo Igor & Ivan Buharov aus Ungarn ein anarchistisches Labor,
in dem sie eine kommende Revolution planen und im Kulturzentrum bei den Minoriten werden Arbeiten von Ines Doujak,
Ekaterina Muromtseva, Martin Behr & Martin Osterider, Victoria Lomasko und Christoph Szalay gezeigt. Das Duo
kozek hörlonski präsentiert hier außerdem seine neueste filmische Zusammenarbeit mit Alexander
Martinz: Dämonische Leinwände II – Arrival, einen Heimat-Horror-Film, für den sie diesen Sommer
in Graz und der Steiermark drehen.
Das Volksfronten-Programm erschließt auch den öffentlichen Raum: Der in Wien lebende japanische Künstler
Yoshinori Niwa bietet in Form einer öffentlichen Kampagne an, unerwünschte oder kompromittierende Erinnerungsstücke
aus der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus zu entsorgen. Am Grazer Hauptplatz platziert er einen Container,
in dem derlei Relikte abgegeben werden können. Arbeiten von Rossella Biscotti & Kevin van Braak, Michael
Zinganel & Michael Hieslmair und der ZIP group sind ebenfalls an öffentlichen Orten in Graz präsent;
der Aktivist und Künstler Lars Cuzner stellt die von ihm gegründete Intelligenzpartei erstmals in Österreich
vor.
Mit The Iran Conference, einem Theaterstück des Schriftstellers und Regisseurs Ivan Vyrypaev, mit vom steirischen
herbst in Auftrag gegebenen Arbeiten des Choreografen Michiel Vandevelde aus Belgien oder der niederländischen
Künstlerin Nicoline van Harskamp, mit neuen Stücken von Roee Rosen, dem Theater im Bahnhof und von Michael
Portnoy punktieren eine Reihe performativer Projekte den Festival-Parcours. Dazu gehört auch die Auftragsarbeit
des Komponisten Christian von Borries, der für das Festival eine Collage des Neujahrskonzerts aus algorithmischem
Sampling und Neuarrangements entwickelt. Ideen nennt sich das diskursive Programm des Festivals, das einen ersten
Schwerpunkt im Symposium Our Little Fascisms setzt, mit Teilnehmer*innen wie Lars Cuzner, Tobias Ginzburg, Ishay
Landa, Ewa Majewska, G. M. Tamás, Oxana Timofeeva, Renata Salecl, Tiago Saraiva und anderen sowie performativen
Beiträgen von Oliver Zahn/HAUPTAKTION und Mazzaj & Ausländerbehörde.
Neben Volksfronten wird der steirische herbst von einem Programm, das sich aus Ausstellungen und Veranstaltungen
verschiedenster Institutionen zusammensetzt, begleitet. Das musikprotokoll, ein Festival im Festival, widmet sich
sowohl der zeitgenössischen und experimentellen Musik als auch intermedialen Aktivitäten und ist seit
seiner Gründung im Jahr 1968 fester Bestandteil des Programms des steirischen herbst. Konzipiert und organisiert
wird es vom ORF-Radio Österreich 1 und dem Radio Steiermark.
herbstbar
Seit den 1990er-Jahren ist die herbstbar ein entscheidender und legendärer Bestandteil des steirischen
herbst. Während die herbstbar in den letzten Jahren zu einem Festivalzentrum erweitert wurde, will sich der
steirische herbst 2018 wieder konkret und bewusst auf einen Ort konzentrieren, an dem die Barfunktion im Mittelpunkt
steht und so zur klassischen herbstbar zurückkehren. Sie bietet einen Ort, an dem das Publikum den Künstler*innen,
dem Team und den Macher*innen hinter dem steirischen herbst begegnen kann – ein Ort, an dem Feedback und Inspiration
direkt stattfinden können. In diesem Jahr präsentiert die herbstbar musikalische Playlists der Künstler*innen
des Volksfronten Programms, die ihre Auslegung des Titels durch Musik zum Ausdruck bringen.
Guidebook
Auch wenn es nicht eine einzige richtige Vorgehensweise gibt, das Narrativ Volksfronten zu erkunden, so ist
es dennoch von Vorteil, mehrere Projekte in der Zusammenschau zu sehen; nicht voneinander isoliert, sondern im
Dialog, ja sogar im Widerstreit. Die Anmerkungen im neu konzipierten und erstmals erscheinenden Guidebook bieten
einen fortlaufenden inhaltlichen Kommentar zu den Zusammenhängen und schlagen unterschiedliche Routen durch
die Ausstellung und das Festival vor. Das Guidebook des steirischen herbst (Erscheinungstermin ist der 12. September
2018) ist im Preis des Festival-Passes inkludiert. Das Guidebook kann auch ohne Festival-Pass für 5 Euro käuflich
erworben werden.
Festival-Pass
Gemeinsam bilden die Arbeiten ein größeres, umfassenderes Narrativ, dessen Bestandteile sich sowohl
auf der Karte von Graz als auch im Festivalkalender miteinander verbinden.
Aus diesem Grund führt der steirische herbst in diesem Jahr erstmals einen Festival-Pass ein, der den Eintritt
zu allen Veranstaltungen und Ausstellungen des Volksfronten-Programms und so auch den mehrfachen und wiederholten
Besuch ermöglicht, um das Festival zugänglicher für alle Besucher*innen zu machen und ihnen damit
eine tief gehende Auseinandersetzung mit dem Programm zu ermöglichen.
Zusätzlich bietet er ermäßigten Eintritt zu den Veranstaltungen des musikprotokoll sowie zum Begleitprogramm
des steirischen herbst. Der Festival-Pass ist ab online erhältlich und später dann auch im Besucher*innen-
und Pressezentrum des steirischen herbst, das ab 13. September 2018 geöffnet sein wird, sowie allen Ö-Ticket-Verkaufsstellen.
Da die Kapazität einiger Spielorte von performativen Projekten limitiert ist, wird neben dem Festivalpass
eine zusätzliche Sitzplatzreservierung empfohlen. Dies ist gegen eine Reservierungsgebühr von je 2 Euro
möglich ist, solange Plätze verfügbar sind, und gilt nur in Verbindung mit dem Festival-Pass.
Für die performativen Projekte des Volksfronten-Programms sind Einzelkarten erhältlich. Bitte beachten
Sie, dass für die Musikperformance von Laibach am 20.9. keine Einzelkarten erhältlich sind (Eintritt
nur mit Festival-Pass). An Veranstaltungsorten, an denen installative Projekte des Volksfronten-Programms gezeigt
werden, sind keine Einzelkarten erhältlich.
Über den steirischen herbst
Seit seiner Gründung vor einem halben Jahrhundert bietet das Festival neuen Produktionen eine Plattform,
die öffentliche Debatten unterschiedlicher Art und quer durch alle Disziplinen und Medien hervorrufen und
konturieren. Stets hat der steirische herbst die begrifflichen Grundlagen, was Kultur für das Zeitgenössische
– wie wir es in Graz, der Stadt mit der zweitgrößten Bevölkerungsdichte Österreichs, vorfinden
– bedeuten könnte, neu definiert.
Im Jahr 2018 setzt das Festival den Spirit der bei seiner Gründung herrschenden Zusammenarbeit fort und bleibt
seinem Fokus auf internationale Breite und lokale Tiefe treu. Es will langfristiges Engagement und die Produktion
neuer Arbeiten, die auf gründlicher Forschungsarbeit fußen, pflegen und unterstreicht urbane und regionale
Narrative in ihrer zuweilen grotesken Beziehung zu globalen Prozessen. Seine zentralen Projekte können als
eine große Ausstellung verstanden werden – als ein Parcours –, dessen Elemente zeit- und ortsspezifisch sind
und neue Möglichkeiten aufzeigen, die gesellschaftlichen Räume der Stadt zu bewohnen und sich von den
Geschichten, die diese erzählen, vereinnahmen zu lassen.
Der Titel des diesjährigen steirischen herbst lautet Volksfronten – bewusst im Plural und auf höchst
unterschiedliche historische Kontexte verweisend: die antifaschistischen Bündnisse der 1930er-Jahre, eine
rechtsextreme nationalistische Gruppierung in den USA, eine ironische Bezeichnung für repräsentative
Fassaden in der DDR. Ziel ist es, die leidenschaftlichen ideologischen Kämpfe und kollabierenden politischen
Dichotomien der Gegenwart zu thematisieren.
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