Neuer, rein optischer Ansatz zur kohärenten Signaldetektion erhöht Datendurchsatz
und macht künftige 5G-Netze leistungsfähiger.
Brüssel/Wien (ait) - Bernhard Schrenk, 36, erhält für die Erforschung einer neuen Methode,
mit der sich unabhängige optische Signale präzise aufeinander abstimmen lassen, um stets auf derselben
Wellenlänge und kohärent zu sein, einen der renommierten, mit rund 1,5 Millionen Euro dotierten ERC Starting
Grants. Diese neue Methode zur Signaldetektion verspricht deutliche Fortschritte für viele Bereiche der optischen
Signalübertragung und Signalverarbeitung.
Für Bernhard Schrenk bedeutet das fünfjährige Exzellenzstipendium des Europäischen Forschungsrates
für Jungforscher in der Grundlagenforschung nun eine wichtige Komponente, um sein Team in der AIT Competence
Unit Security & Communication Technologies auszubauen und wichtige Impulse zur Weiterentwicklung von Basistechnologien
im Bereich der Telekommunikation und Informationsverarbeitung zu setzen. Der renommierte ERC Starting Grant ist
eine besondere Anerkennung für Schrenks langjähriger Forschung, die zur absoluten Spitze in Europa zählt.
Für seine Forschungsstätte, das AIT Austrian Institute of Technology, Österreichs größte
außeruniversitäre Forschungseinrichtung, ist dieser europäische Förderpreis als anwendungsorientierte
Research und Technology Organisation eine besondere Auszeichnung. Bernhard Schrenk beschäftigt sich am AIT
Center for Digital Safety & Security schon seit 2013 mit der Photonik: unter anderen mit Themen zur optischen
Telekommunikation, integrierten opto-elektronischen Schaltungen, Quantentechnologie und Sensorik.
Kohärente Detektion, die für die optische Signalerfassung angedacht ist, ist etwa in der Funktechnologie
längst etabliert. Jedes Ultrakurzwellen-Radio bedient sich zur Selektion des zu empfangenden Senders dieser
Detektionsmethode, bei der ein entfernt erzeugtes Signal und ein lokales Referenzsignal sich auf exakt derselben
Wellenlänge befinden. Dies erlaubt nicht nur die filterlose Selektion eines von mehreren gleichzeitig übertragenen
Signalen, sondern bringt auch eine zumindest um den Faktor 100 höhere Empfangsempfindlichkeit und Zugang zu
zusätzlichen Signaleigenschaften mit sich. „In der Photonik ist das Verfahren der kohärenten Signaldetektion
aber eine sehr komplexe Angelegenheit“, so Schrenk. Er geht in seiner Forschung nun der Frage nach, inwieweit sich
ebenfalls unabhängige optische Signale präzise aufeinander abstimmen lassen. Um diese Herausforderung
zu meistern, erhielt er das fünfjährige ERC-Exzellenzstipendium COYOTE – „Coherent Optics Everywhere:
a New Dawn for Photonic Networks“.
Weit effizienter
Die Nutzung von Licht als Informationsträger für elektrische Signale ermöglicht eine um den
Faktor 10.000 höhere Frequenz der optischen Trägerwelle. Dadurch kann jede Sekunde die unvorstellbare
Menge von bis zu 10 Petabit an Daten über eine einzelne Glasfaser übertragen werden. Das funktioniert
allerdings nur mittels kohärenter Signaldetektion. Diese zu erreichen, bedeutet in der Photonik eine enorme
Komplexität. Trotz der flächendeckenden Präsenz photonischer Netze, die unscheinbar rund 90 Prozent
der Daten über Distanzen von bis zu 10.000 km transportieren, bedienen sich viele der eingesetzten Systeme
daher der direkten Signaldetektion.
“Diese erfasst aber lediglich die Intensität des Lichtsignals und ist blind für andere Eigenschaften
wie die Phase oder Polarisation. Die direkte Signaldetektion stellt somit eine Barriere für die Energie- und
Kosteneffizienz der Telekommunikationsinfrastruktur und Datenzentren dar“, erklärt Schrenk.
Mit seinem rein optischen Ansatz, der die Schwächen elektronischer Methoden vermeidet, können nun Signale
direkt auf optischer Ebene synchronisiert werden. Selbst bei extrem hohen Trägerfrequenzen im Bereich um die
190 Terahertz kommt es zu keinen Frequenzabweichungen. Da die Informationsübertragung trotz kohärenter
Transmission ohne zusätzlicher Korrekturen auskommt, ist keine energiehungrige digitale Signalverarbeitung
erforderlich, die noch dazu einiges an Bandbreite benötigen würde. Das erhöht die Energieeffizienz
deutlich. Ein weiterer Vorteil gegenüber der direkten Signalübertragung ist, dass nebst der Lichtintensität
die Dimensionen der Phase und Polarisation analysiert werden können, um so die Skalierbarkeit in Bezug auf
die Datenrate zu gewährleisten. So kann auch das optische Spektrum bestmöglich genutzt werden.
Gleichzeitig Senden und Empfangen
Schrenk geht aber noch einen Schritt weiter in Richtung einer photonischen Kommunikationstechnologie, die nicht
an eine bestimmte Transmissionsrichtung gebunden ist. Sie kann also simultan senden und empfangen. „Das ist ähnlich,
als würde man mit dem Mund auch gleichzeitig hören können – sogar besser als mit dem Ohr“, erklärt
Schrenk.
Diese bahnbrechenden Innovationen helfen nicht nur in klassischen leitungsgebundenen und drahtlosen Telekommunikationsnetzen.
Auch Cloud-Datenzentren und High-Performance Computing profitieren von der einmaligen Gelegenheit, kohärente
Detektion in einfachster und dennoch effizienter Weise zu realisieren. Die innovative kohärente Umsetzung
von Signalen zwischen elektrischer und optischer Ebene bei gleichzeitiger Bewahrung der Signalintegrität ohne
weitere digitale Verarbeitung ist ebenso für Anwendungen im Bereich der faseroptischen Sensorik von Bedeutung,
wie etwa im Bereich der Verkehrsinfrastruktur. Sie kann aber beispielsweise genauso zur informationstheoretisch
sicheren Erzeugung von Schlüsseln in der Quantenkommunikation dienen.
Mit einem frühen Proof-of-Concept Experiment im Forschungsbereich des ERC Grants konnte Bernhard Schrenk schon
bereits Anfang dieses Jahres große Anerkennung erzielen. Es gelang ihm die weltweit erste Demonstration einer
einfachen Laser-Lichtquelle, die einen Datenstrom von 10 Gb/s gleichzeitig emittieren und empfangen kann. Bei der
OFC Conference (Optical Fiber Communication Conference and Exposition) in San Diego mit mehr als 15.000 Teilnehmern
landete das Experiment als bester Beitrag zu opto-elektronischen Systemen für optische Telekommunikation unter
den Top 3 der insgesamt 800 wissenschaftlichen Beiträge.
Zur Person
Bernhard Schrenk, 36, ist seit fünf Jahren Scientist am Center for Digital Safety & Security am AIT
Austrian Institute of Technology und beschäftigt sich mit der Photonik, Opto-Elektronik und Hochfrequenztechnik.
Schon in seiner Masterarbeit hat er 2007 in der Gruppe von Professor Zeilinger an der Universität Wien an
der Realisierung der ersten Netzwerkdemonstration eines Quantenschlüsselverteilsystems basierend auf verschränkten
Photonen mitgewirkt.
Vor seiner Karriere beim AIT war er Senior an der National Technical University of Athens. Während seiner
beruflichen Laufbahn wurde Schrenk schon mit mehreren Grants und Preisen wie dem Marie Curie CIG Grant oder dem
Student Innovation Award der Europäischen Technologieplattform Photonics21 ausgezeichnet und unter anderem
in das Board of Stakeholders von Photonics21 gewählt. Er hält gemeinsam mit Kollegen mehrere Patente.
Seine Masterarbeit absolvierte er an der Technischen Universität Wien mit Auszeichnung. Sein Doktorat an der
Universitat Politècnica de Catalunya in Barcelona meisterte er Cum Laude auf dem Gebiet der Signaltheorie
und optischen Telekommunikation.
Über das AIT Austrian Institute of Technology
Das AIT Austrian Institute of Technology ist Österreichs größte außeruniversitäre
Forschungseinrichtung und der Spezialist für die zentralen Infrastrukturthemen der Zukunft. Im Center for
Digital Safety & Security werden moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Systeme entwickelt,
um kritische Infrastrukturen im Kontext der umfassenden und globalen Vernetzung und Digitalisierung sicher und
zuverlässig zu gestalten.
Die AIT-ExpertInnen im Bereich optische Quantentechnologien widmen sich der Entwicklung und Integration von Systemen
zur Quantenverschlüsselung sowie der Produktentwicklung auf Basis von quantentechnologisch inspirierten Technologien.
Die Lösungen bieten eine wichtige Grundlage für Forschung und Entwicklung in der Quantenoptik und anderen
angewandten Forschungsfeldern wie etwa den Life Sciences. Mit diesem Kernthema will AIT die Quantentechnologie
aus dem Labor zum Kunden bringen.
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