Industriewachstum in Österreich stabilisiert sich,
 Risiken durch die globale Politik bleiben aber

 

erstellt am
27. 07. 18
13:00 MEZ

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex steigt im Juli erstmals nach sechs Monaten wieder leicht auf 56,8 Punkte an – Österreichs Industrie erwartet mittelfristig weiter kräftige Zuwächse, doch Optimismus spürbar geringer als zu Jahresbeginn 2018
Wien (bank austria) - Nach der besonders dynamischen Expansionsphase rund um den Jahreswechsel 2017/18 hat die Industriekonjunktur in den vergangenen Monaten kontinuierlich an Schwung verloren. Durch steigende Unsicherheiten im globalen Handel verstärkt sich die zyklisch bedingte Verlangsamung. Trotz der weiteren Verschärfung der protektionistischen Tendenzen zeigen sich mittlerweile aber klare Anzeichen einer Stabilisierung. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Juli auf 56,8 Punkte gestiegen. Die seit sechs Monaten andauernde Verlangsamung der Industriekonjunktur hat gestoppt. Im Sommer hat sich das Wachstum auf einem anhaltend hohen Tempo eingependelt“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Wenn auch das sehr hohe Expansionstempo der ersten Monate des Jahres 2018 nicht mehr erreicht wird, ist die Industrie mit Zuwachsraten von derzeit mehr als 5 Prozent im Jahresvergleich die dynamischste Stütze der heimischen Wirtschaft.

Die Stabilisierung der heimischen Industriekonjunktur auf hohem Niveau liegt im europäischen Trend. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die Verarbeitende Industrie in der Eurozone ist im Juli nach einem mehrmonatigen Rückgang ebenfalls leicht gestiegen. Starker Rückenwind aus den Kernländern, wie Deutschland und Frankreich, hat den entscheidenden Beitrag geleistet. Mit 55,1 Punkten liegt der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone jedoch klar unter dem österreichischen Wert. Seit zweieinhalb Jahren läuft die Industriekonjunktur in Österreich im europäischen Vergleich überdurchschnittlich gut.

„Der leichte Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juli ist einer stärkeren Ausweitung der Produktionsleistung und vor allem einer Beschleunigung des Beschäftigungsaufbaus gegenüber dem Vormonat zu verdanken. Während sich im Lagermanagement die abwartende, jedoch optimistische Haltung der Betriebe widerspiegelt, hat sich die Auftragslage eingetrübt“, fasst Bruckbauer einige Detailergebnisse der monatlichen Umfrage unter Österreichs Einkaufsmanagern zusammen.

Auslandsaufträge stagnieren
Die Entwicklung der Auftragslage hat den Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juli spürbar gebremst. Der Teilindex der Auftragsentwicklung sinkt seit sieben Monaten und erreicht mit aktuell 52,1 Punkten den niedrigsten Wert seit fast zwei Jahren. „Das Wachstum der Neuaufträge hat im Juli abermals nachgelassen. Das ist ausschließlich der Nachfrage aus dem Ausland geschuldet, die erstmals seit zwei Jahren nur noch stagnierte. Dagegen haben die Aufträge aus dem Inland weiterhin kräftig zugelegt. Trotz der insgesamt nachlassenden Auftragsdynamik haben die heimischen Betriebe im Juli das Tempo der Produktionsausweitung sogar leicht erhöht“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Mit 56,2 Punkten liegt der Produktionsindex um 0,2 Punkte über dem Vormonatswert und weist damit auf ein Wachstum der Produktionsleistung über dem langjährigen Mittel hin.

Ausweitung der Beschäftigung im Juli wieder beschleunigt
Im Sog der etwas verstärkten Produktionsausweitung hat sich im Juli auch der Jobaufbau in der heimischen Industrie wieder beschleunigt. Die Beschäftigung in der Sachgütererzeugung steigt mittlerweile seit über zwei Jahren stetig an, seit dem Herbst 2017 mit besonders hoher Dynamik. „Im ersten Halbjahr 2018 hat sich der Beschäftigtenstand in Österreichs Industrie um beachtliche 3,5 Prozent zum Vorjahr bzw. mehr als 20.000 Personen auf über 610.000 erhöht. Die Industrie hat damit für rund ein Viertel des Beschäftigungsanstiegs in Österreich in diesem Zeitraum gesorgt. Die Arbeitslosenquote ist klar unter die Marke von 4 Prozent gesunken und ist damit nur halb so hoch wie in der Gesamtwirtschaft“, meint Pudschedl. Für das Gesamtjahr 2018 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria einen Rückgang der Arbeitslosenquote in der Gesamtwirtschaft auf 7,7 Prozent und in der Sachgütererzeugung auf 3,8 Prozent. Damit wird die Arbeitslosenquote in der Sachgütererzeugung erstmals wieder Nahe dem Vorkrisenniveau liegen, während die Arbeitslosenquote in der Gesamtwirtschaft aus dem Jahr 2008 mit 5,9 Prozent außer Reichweite bleibt.

Steigende Kostenbelastung
Trotz der weniger dynamischen Auftragsentwicklung haben die heimischen Betriebe im Juli die Einkaufsmenge an Rohstoffen und Vormaterialien deutlich gesteigert. Angesichts niedriger Lagerbestände der Lieferanten schlug sich dies in einer weiteren Verlängerung der Lieferzeiten nieder und sorgte auch für einen spürbaren Aufwärtsdruck bei den Preisen. Darüber hinaus wurden die österreichischen Industriebetriebe im Juli abermals durch steigende globale Preistrends belastet. „Viele Rohstoffe mussten im Juli deutlich teurer als im Juni eingekauft werden. Die Nachfrage war jedoch nicht stark genug, um die Verkaufspreise zumindest ebenso stark anzuheben. Unterm Strich ergab sich eine leichte Anspannung der Kosten- und Ertragslage der heimischen Betriebe gegenüber dem Vormonat“, fasst Pudschedl zusammen.

Wachstumstempo vorerst stabilisiert, doch Risiken steigen
Nach einer sechsmonatigen Phase der Konjunkturverlangsamung weist der aktuelle UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex auf eine Stabilisierung des Wachstumstempos in der heimischen Industrie hin. Der aktuelle Indikator ist nicht nur erstmals seit einem halben Jahr wieder leicht angestiegen, sondern liegt mit 56,8 Punkten deutlich über dem langjährigen Durchschnitt und übersteigt dabei die Wachstumsgrenze von 50 Punkten klar. Zudem weist das Verhältnis der Neuaufträge zu den Lagerbeständen auf ein auch in den kommenden Monaten anhaltendes Wachstum hin. Die Verkaufslager sind etwas zu wenig befüllt, um die steigenden Auftragseingänge bewältigen zu können, daher sind weitere Produktionssteigerungen zu erwarten. Darüber hinaus schätzen die heimischen Betriebe auch die mittelfristigen Aussichten günstig ein. Der Zukunftsindex, der die Produktionserwartungen in den kommenden zwölf Monaten angibt, verspricht trotz eines Rückgangs zum Vormonat mit 58,2 Punkten eine kräftige Aufwärtsentwicklung der heimischen Industrie. „In den ersten sechs Monaten 2018 hat die Industrieproduktion in Österreich um durchschnittlich rund 6,5 Prozent zugelegt. Mit den aktuell starken Anzeichen einer Konjunkturstabilisierung im Rücken gehen wir von einem Anstieg im Gesamtjahr 2018 von rund 5 Prozent aus. Damit wird das Wachstum der Industrie voraussichtlich sogar stärker als im Vorjahr ausfallen“, erwartet Bruckbauer.

Auf den ersten Blick scheint die Stabilisierung, die sich aus dem aktuellen UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ablesen lässt, für eine kräftige Wirtschaftsdynamik auch über den Sommer hinaus zu sprechen. Angesichts der großen politischen Unsicherheiten und der Gefahr einer Ausweitung der Handelskonflikte könnten sich die vorhandenen positiven Signale jedoch als wenig zuverlässig erweisen. Inwiefern die aktuellen Verhandlungsergebnisse zwischen den USA und der EU die Unsicherheiten stoppen können, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Die Unternehmen haben jedenfalls vorerst eine abwartende Haltung eingenommen. Dies hat sich unter anderem in stagnierenden Exportaufträgen im Juli niedergeschlagen. Die derzeit noch optimistische Grundstimmung könnte rasch drehen und die angezeigte Stabilisierung der Industriekonjunktur sich als nicht nachhaltig erweisen. Wenn auch die Wachstumsaussichten vorerst weiterhin sehr günstig einzuschätzen sind, die Abwärtsrisiken für die österreichische Industrie haben sich erhöht.

 

 

 

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