Graz (styriarte) - "Felix Austria" ist die Quintessenz eines jahrhundertealten Verses, der dem Geschick
der Habsburger huldigt, sich ein Weltreich zu erheiraten. Für die styriarte 2018 war dieses Motto Auftrag,
den Glückszustand der hundertjährigen Republik Österreich zu erkunden und – vor allem – zu befördern.
Dazu braucht es große sinnliche Erlebnisse, und das hat die styriarte einen großen Schritt weitergebracht
in der Entwicklung festlicher Gesamtkunstwerke, von denen das große Fux.OPERNFEST den Maßstab setzte.
Dabei bildete Fux’ Oper „Julo Ascanio“ in einer sängerischen Traumbesetzung, in der hinreißend feurigen
Interpretation durch das Orchester Zefiro unter Alfredo Bernardini und in der aufregenden Lichtinstallation von
OchoReSotto das Herzstück, um das herum ein Theaterabend mit Spielszenen und historischer Volksmusik ebenso
aufgeboten wurde wie ein eigens angelegter Garten mit Gastronomie – verspielt, ironisch und prachtvoll ausgestattet
wie das gesamte Fest von Lilli Hartmann, das Ganze erdacht von Karl Böhmer und in Szene gesetzt von Wolfgang
Atzenhofer. Dieses Fux.OPERNFEST „Vol.1“ war der Beginn einer Reihe von Opern-Wiederentdeckungen des Steirers Johann
Joseph Fux, des bedeutendsten österreichischen Barockkomponisten, dessen Werk damit eine Neubewertung erfahren
wird.
Diesem Modell schlossen sich eine Reihe weiterer Feste an, die die Geschichte Österreichs immer wieder facettenreich
beleuchteten und an spannenden Weichenstellungen besuchten: zum Beispiel „Ein Fest für Maria Theresia“ mit
Glucks Oper „Le Cinesi“ als Zentrum. Oder das „Hochzeitsfest in Eggenberg“, bei dem man das wichtigste dynastische
Ereignis der Habsburgermonarchie, das jemals in der Steiermark stattfand, tatsächlich am Originalort nachgespielt
bekam: die Kaiserhochzeit zwischen Leopold I. und Claudia Felizitas.
Doch es war beileibe nicht nur monarchischer Glanz, den die styriarte 2018 zum Leuchten brachte. In einer ebenso
hochgelobten wie kontrovers diskutierten Aufführung von Beethovens Freiheitsoper „Fidelio“ hatte Regisseur
und Dramaturg Thomas Höft sieben AsylbewerberInnen, die ähnlich entsetzliche Erfahrungen machen mussten
wie die Figuren in Beethovens Stück, von ihren Erlebnissen berichten lassen. Der vom hochenergetischen Dirigenten
Andrés Orozco-Estrada mit einem herausragenden Solistenensemble und dem styriarte Festspiel-Orchester musikalisch
gestaltete Abend, an dem auch ein Projektchor unter Beteiligung von MigrantInnen mitwirkte, stieß auch eine
heiße Diskussion um die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Vergegenwärtigung von Kunst der Vergangenheit
an.
Auch das weitere styriarte-Programm bot Reibungspunkte und sehr persönliche Sichtweisen auf Österreich.
Immer wieder erinnerte Musik von Schönberg, Werbern und Berg an die österreichische Avantgarde im frühen
20. Jahrhundert. Peter Simonischek mit „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth, Karl Markovics mit „Kaiser Joseph II.
und die Bahnwärterstochter“ von Herzmanovksy-Orlando und Johannes Silberschneider mit Peter Roseggers „Waldschulmeister“
unternahmen seelische Tiefenbohrungen in die österreichische Mentalität. Und Franz Schuh bot schließlich
ein radikal-subjektives Schmerzensbild der letzten „Hundert Jahre Österreich“.
Wie in den vergangenen Editionen der styriarte führten erlebnisreiche musikalische Ausflüge auch in die
Landschaft und an entlegene Orte. Die „Reisen durch Österreich“ mit Ernst Krenek und Musik der Knaffl-Handschrift
im Museumsdorf Stübing kamen dabei noch durchaus als Spaziergang daher, aber die Wanderungen ins Gesäuse,
u. a. mit der Bläserfassung von Richard Strauss’ Alpensinfonie, war denn doch eine ebenso echte Herausforderung
wie einmalige Erfahrung. Und dass nach einer Pause heuer wieder das kirchenmusikalische Highlight der styriarte
in der Pfarrkirche Stainz anstand, mit dem Concentus Musicus Wien und dem Arnold Schoenberg Chor unter Andrés
Orozco-Estrada, begeisterte nicht nur die Traditionalisten: In einer Klangwolke sendete der ORF dieses Ereignis,
Schuberts As-Dur-Messe, live ins ganze Land und via 3sat ging es in weite Teile Europas.
Die styriarte 2018 in Zahlen
42 Veranstaltungen aus 32 Projekten standen von 22. Juni bis 22. Juli auf dem Programm der styriarte 2018.
Die styriarte 2018 lief in einem Budgetrahmen von rund 2,8 Mio. EUR, wovon etwas weniger als 50% durch Karten-
und Sponsorerträge vom Festival selbst erwirtschaftet wurden. 28.600 BesucherInnen bescherten der styriarte
ein Auslastungsergebnis von etwas mehr als 90% und einen Brutto-Kartenertrag von EUR 1,2 Mio.
Die 308 aufgelegten Restplatzabos (175 à 5 Konzerte und 133 à 8 Konzerte) wurden komplett ausverkauft.
Das junge Kartenangebot, 50%-Preis für Leute U 27, spricht sich auch herum: Mehr als 470 BesucherInnen haben
dieses Angebot angenommen.
Als Hauptsponsor ist der Raiffeisen-Landesbank Steiermark zu danken, als Subventionsgeber dem Land Steiermark,
der Stadt Graz und dem Bundeskanzleramt, Sektion Kunst.
14 Veranstaltungen wurden vom ORF Hörfunk aufgezeichnet und ausgestrahlt und auch über die EBU in die
ganze Welt (etwa nach China, Deutschland, Island, Norwegen, Polen, Tschechien, Serbien oder Spanien) geschickt.
Die Klangwolke am 7. Juli, „Schubert in Stainz“, wurde in ORF III und in 3sat live zeitversetzt ausgestrahlt.
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