Washington/Brüssel (ec) - EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald
Trump haben bei ihrem Treffen am 26. Juli in Washington vereinbart, Gespräche über den Abbau von
Handelsbarrieren aufzunehmen, auf angedrohte Zölle zu verzichten und die bestehenden US-Zölle auf Stahl
und Aluminium sowie die EU-Gegenzölle neu zu bewerten. „Als ich von Präsident Trump in das Weiße
Haus eingeladen wurde, hatte ich den einen Vorsatz: Ich wollte etwas erreichen. Und wir haben heute gemeinsam etwas
erreicht“, sagte Präsident Juncker bei einem gemeinsamen Auftritt mit Präsident Trump vor der Presse
im Rosengarten des Weißen Hauses. Beide Seiten wollen einen Dialog über Regulierungsstandards aufnehmen
und bei der Reform der Welthandelsorganisation WTO zusammenarbeiten. Die EU will mehr Sojabohnen und Flüssiggas
aus den USA importieren.
Präsident Juncker und Präsident Trump einigten sich laut der nach dem Treffen veröffentlichten
Gemeinsamen Erklärung auf die Einleitung „einer neuen Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten
und der Europäischen Union – einer Phase enger Freundschaft, starker Handelsbeziehungen, von denen beide Seiten
profitieren werden, der besseren Zusammenarbeit für Sicherheit und Wohlstand weltweit und des gemeinsamen
Kampfes gegen den Terrorismus.“
„Bereits heute unterhalten die Vereinigten Staaten und die Europäische Union bilaterale Handelsbeziehungen
im Wert von 1 Billion Dollar - die größte Wirtschaftsbeziehung der Welt. Wir wollen diese Handelsbeziehungen
zum Nutzen aller amerikanischen und europäischen Bürger weiter stärken.“
EU und USA vereinbaren Gespräche über Abbau von Handelshemmnissen
Beide Parteien waren sich einig, dass auf die Abschaffung von Zöllen, nichttarifären Handelshemmnissen
und Subventionen für nichtautomobile Industrieerzeugnisse hingearbeitet werden soll. Man wolle sich auch für
den Abbau von Hemmnissen und den Ausbau des Handels mit Dienstleistungen, Chemikalien, Arzneimitteln, Medizinprodukten
und Sojabohnen einsetzen.
„Dies wird die Märkte für Landwirte und Arbeitnehmer öffnen, die Investitionen erhöhen und
zu mehr Wohlstand sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in der Europäischen Union führen. Das wird
den Handel auch fairer und gegenseitiger machen.
Zweitens haben wir heute vereinbart, unsere strategische Zusammenarbeit im Energiebereich zu verstärken. Die
Europäische Union will mehr verflüssigtes Erdgas (LNG) aus den USA importieren, um ihre Energieversorgung
zu diversifizieren.
Drittens haben wir heute vereinbart, einen engen Dialog über Normen einzuleiten, um den Handel zu erleichtern,
bürokratische Hindernisse abzubauen und die Kosten zu senken.
Viertens haben wir heute vereinbart, unsere Kräfte zu bündeln, um amerikanische und europäische
Unternehmen besser vor unlauteren globalen Handelspraktiken zu schützen. Wir werden daher eng mit gleichgesinnten
Partnern zusammenarbeiten, um die WTO zu reformieren und unlautere Handelspraktiken wie den Diebstahl geistigen
Eigentums, den erzwungenen Technologietransfer, Industriesubventionen, Verzerrungen durch staatliche Unternehmen
und Überkapazitäten zu bekämpfen.
Wir haben beschlossen, umgehend eine Arbeitsgruppe unserer engsten Berater einzusetzen, um diese gemeinsame Agenda
voranzutreiben. Darüber hinaus wird die Gruppe kurzfristige Maßnahmen zur Erleichterung des Handelsaustauschs
ermitteln und bestehende Zollmaßnahmen bewerten.
Während wir daran arbeiten, werden wir nicht gegen den Geist dieses Abkommens verstoßen, es sei denn,
eine der Parteien beendet die Verhandlungen. Wir wollen auch die Fragen der Stahl- und Aluminiumtarife und der
Vergeltungstarife lösen“, heißt es abschließend in der Gemeinsamen Erklärung.
Juncker hält Grundsatzrede zu transatlantischen Beziehungen
Nach dem Treffen im Weißen Haus hielt Juncker eine Rede zu den „Transatlantischen Beziehungen am Scheideweg“
bei der Denkfabrik CSIS. Juncker erinnerte an seine eigene Familiengeschichte und die Befreiung Luxemburgs durch
US-Truppen im Zweiten Weltkrieg. Als Geschenk für Präsident Trump hatte Juncker ein Bild eines amerikanischen
Soldatenfriedhofs in Luxemburg im Gepäck mit der Widmung: „Lieber Donald, erinnern wir uns an unsere gemeinsame
Geschichte.“
„Was die transatlantische Partnerschaft so besonders macht, ist, dass sie in erster Linie eine persönliche
Angelegenheit ist. Es ist Teil unserer Familiengeschichten und Teil der Struktur unserer Gesellschaften. Viele
Amerikaner italienischer, irischer, polnischer oder anderer europäischer Abstammung fühlen sich unserem
Kontinent verbunden und haben Verwandte in ganz Europa. Diese Wurzeln spiegeln sich in den Städten dieses
großen Landes wider und sind Teil der wunderbaren Vielfalt der Vereinigten Staaten. Und ebenso haben die
Europäer eine tiefe Verbundenheit mit den Vereinigten Staaten. Dies ist nicht zuletzt auf die entscheidende
Rolle der Vereinigten Staaten bei der Befreiung Europas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“, sagte
Juncker.
Zur Annäherung im Handelsstreit sagte der Kommissionspräsident: „Wie ich schon oft betont habe, gibt
es in Handelskriegen keine Sieger – sie hinterlassen nur Wunden. Zölle schützen nicht die nationale Sicherheit,
sondern sie untergraben die wirtschaftliche Sicherheit.“.
„Europa arbeitet gern mit allen gleichgesinnten Partnern zusammen, um neue Möglichkeiten zu schaffen und um
das globale System als solches zu verbessern. Dies ist der Grund, warum ich heute in Washington bin. Nicht um ungebetene
Ratschläge zu geben, sondern um eine stärkere Zusammenarbeit anzubieten. Wir werden immer einen Kanal
für den Dialog offenlassen – für diese Regierung und für alle unsere Partner in den Vereinigten
Staaten. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns nicht in Maßnahmen und Gegenmaßnahmen
verstricken, sondern uns stattdessen auf die wirklich drängenden Fragen des Welthandels konzentrieren sollten,
denn davon gibt es viele“, so Juncker.
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