Österreichische Wissenschaftsinstitutionen setzen seit Jahren internationale Standards
bei der Qualitätskontrolle wissenschaftlicher Publikationen
Wien (wissenschaftsrat/fwf) - Die jüngsten nationalen und internationalen Medienberichterstattungen
über dubiose Praktiken einiger Wissenschaftsverlage („Raubverlage“, „predatory publishing“) vermitteln den
Eindruck, dass auch ein gravierendes Problem für den Forschungsstandort Österreich besteht. Davon kann
jedoch keine Rede sein. Alle vorliegenden Daten zeigen, dass von solchen Praktiken nur eine äußerst
geringe Zahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Österreich, die im Promillebereich liegt, betroffen
ist. Zudem hat sich die hiesige wie internationale Wissenschaftsgemeinschaft frühzeitig mit dem Phänomen
auseinandergesetzt und bindende Standards entwickelt. (u.a. Chen, Y / Björk BC (2015): Predatory’ open access:
a longitudinal study of article volumes and market characteristics, BMC Medicine13:230; Science Europe (2015):
Principles on Open Access to Research Publications; Kraker, P et al (2016): The Vienna Principles: A Vision for
Scholarly Communication in the 21st Century.)
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Arbeiten werden im Laufe ihrer Karriere mehreren Qualitätsprüfungen
nach hohen internationalen Standards unterzogen. Diese Qualitätssicherungsprozesse wurden in den letzten Jahren
in Österreich stetig weiterentwickelt und verbessert. Daher kann kein Zweifel bestehen, dass die überwältigende
Mehrheit der Forschenden hohen professionellen und ethischen Maßstäben folgt.
Status quo
Auf Initiative der Universitätenkonferenz sowie des FWF unterstützen mehr als 20 österreichische
Wissenschaftsinstitutionen das Directory of Open Access Journals (DOAJ). Gemessen an der Einwohnerzahl ist Österreich
dabei einer der wichtigsten Förderer der Plattform. DOAJ führt eine transparente Qualitätskontrolle
von Fachzeitschriften durch. Auf dieser Basis werden österreichweit Publikationskosten nur für jene wissenschaftliche
Fachzeitschriften übernommen, die in DOAJ gelistet sind. Damit ist die Förderung von zweifelhaften Publikationsorganen
spätestens seit 2015 ausgeschlossen.
Vom FWF wurden beispielsweise zwischen 2013 und 2017 insgesamt 6.766 qualitätsgesicherte Publikationen im
Umfang von 17,6 Mio. € finanziert. Von diesen konnten zehn Publikationen im Gesamtwert von 13.700 € bis 2015 identifiziert
werden, die bei Verlagen veröffentlicht wurden, die sich später als problematisch erwiesen haben. Das
ist mit 0,08 Prozent einerseits ein verschwindend geringer Anteil, andererseits darf daraus noch nicht abgeleitet
werden, dass diese Publikationen von mangelhafter wissenschaftlicher Qualität waren.
Gemeinsam mit fast 200 akademischen Wissenschaftsinstitutionen aus zwölf Ländern weisen das IST Austria,
die TU Wien und der FWF die Publikationsausgaben für Zeitschriftenartikel im Detail auf der Plattform OpenAPC
aus und unterstützen damit eine transparente und vergleichende Darstellung der Ausgaben für wissenschaftliche
Zeitschriften.
Auf internationaler Ebene empfiehlt die Dachorganisation der europäischen Förderungsorganisationen, Science
Europe, ähnlich rigorose Kriterien. Unlängst wurde gemeinsam mit der EU-Kommission die Initiative „Plan
S“ gestartet, die alle wissenschaftlichen Publikationen nach höchsten Qualitätskriterien bis 2020 frei
zur Verfügung stellen will und eine hohe Transparenz von Wissenschaftsverlagen einfordert.
Viele österreichische Wissenschaftsinstitutionen unterstützen aktiv hochrangige internationale Publikationsorgane,
die allen frei zur Verfügung stehen. Das sind u. a. die Plattformen wie arXiv, Open Library of Humanities,
SciPost, Europe PubMedCentral oder OAPEN Library.
In enger Zusammenarbeit haben österreichische Wissenschaftsinstitutionen über die „Kooperation E-Medien“
(KEMÖ) nach den Niederlanden die meisten Verträge mit international renommierten Fachverlagen abgeschlossen,
die es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erleichtern, ihre Publikationen nach hohen Qualitätskriterien
frei zur Verfügung zu stellen.
Vor zehn Jahren wurde die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI) gegründet
und zusammen mit den Mitgliedern derart weiterentwickelt, dass die OeAWI heute als ein europäisches Rollenmodell
eines national abgestimmten Qualitätssicherungsprozesses angesehen wird.
Weiterentwicklung der Qualitätssicherung
Das Vertrauen in die Wissenschaft und ihre Ergebnisse wird durch hohe Qualitätskriterien, Transparenz
und Offenheit sichergestellt. Hierzu tragen viele österreichische Wissenschaftsinstitutionen mit ihren nationalen
und internationalen Partnerschaften entscheidend bei. Dieser Prozess der Qualitätssicherung wird in den nächsten
Jahren konsequent fortgesetzt. Der FWF und der Österreichische Wissenschaftsrat betrachten es als notwendig,
dass folgende Maßnahmen vorrangig weiterentwickelt werden:
- Es soll nur in solchen Fachzeitschriften publiziert werden,
die in einschlägigen internationalen Datenbanken registriert sind, das sind vor allem das „Directory of Open
Access Journals“ (DOAJ), „Scopus“ oder „Web of Science“. Für andere Publikationsformate sollen die grundlegenden
Informationen über die Qualitätssicherungsverfahren transparent auf der Website der Anbieter dargelegt
sein. Eine Hilfestellung bieten u.a. die Plattformen für Publikationen „Think.Check.Submit“ sowie für
Konferenzen „Think.Check.Attend“.
- Alle Wissenschaftsinstitutionen sollen die Ausgaben für
Publikationskosten sowie die Verträge mit Verlagen und anderen Anbietern wissenschaftlicher Dissemination
offenlegen.
- Alle Wissenschaftsinstitutionen sollen international hochqualitative
Open-Access-Publikationsformate und Serviceleistungen aktiv unterstützen.
- Alle Wissenschaftsinstitutionen sollen die „San Francisco
Declaration on Research Assessment“ (DORA) unterzeichnen. Die Deklaration will bewirken, dass wissenschaftliche
Leistungen nicht vorrangig nach der Quantität, sondern nach ihrer Qualität beurteilt und diese Prinzipien
in den Evaluationsprozessen angewendet werden. Das stellt ein klares Signal gegen einen zunehmenden Publikationsdruck
dar und unterstützt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei einer strikt qualitätsorientierten
Arbeitsweise.
- Derzeit erarbeitet ein Arbeitskreis der Hochschulkonferenz
Empfehlungen für Research Integrity und Research Ethics aus. Sie sollen dazu führen, dass einerseits
die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität weiter gestärkt wird und andererseits
bei den Wissenschaftsinstitutionen entsprechende Kommissionen mit transparenten Verfahren und ggf. Sanktionsmöglichkeiten
implementiert werden.
Wenn diese Maßnahmen in engen nationalen und internationalen Partnerschaften umgesetzt sind, werden die
wenigen dubiosen Anbieter weiter erheblich reduziert werden.
Österreichischer Wissenschaftsrat
Der Österreichische Wissenschaftsrat berät den für Wissenschaft und Forschung zuständigen
Bundesminister in allen Fragen, die das österreichische Universitäts- und Wissenschaftssystem betreffen.
FWF Der Wissenschaftsfonds
Der FWF ist Österreichs zentrale Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung. Er unterstützt
– nach internationalen Qualitätsmaßstäben – herausragende Forschungsprojekte sowie exzellente Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, die sich der Gewinnung, Erweiterung sowie Vertiefung wissenschaftlicher Erkenntnisse widmen.
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