Dritte Stolpersteinverlegung in Klagenfurt
Klagenfurt (stadt) - 16 Stolpersteine an neun Orten in Klagenfurt wurden vom Künstler Gunter Demnig
am 5. August verlegt. Es ist die dritte Stolpersteinaktion von Stadt und Österreichisch-Israelischer
Gesellschaft, die im öffentlichen Raum an Opfer des Nationalsozialismus erinnert. "Sie sind Erinnerung
und Mahnung", erklärte Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz bei der Verlegung.
Gunter Demnig hat mit seinen Stolpersteinen das größte dezentrale Mahnmal Europas geschaffen. Seit 1992
verlegt er Pflastersteine mit Metallplatten auf denen Name, Daten und Schicksal von NS-Opfern graviert sind, vor
deren letzter, freiwillig gewählter Wohnadresse. Über 70.000 in 1100 Städten und 23 Ländern
sind es inzwischen.
In Klagenfurt werden es mit dem heutigen Sonntag 39 Stolpersteine sein. Zum ersten Mal sind auch Opfer des Euthanasiewahns
des NS-Regimes dabei.
Vor dem ehemaligen Standort des Josefinums in St. Martin wurden Sonntagvormittag bei einer Gedenkveranstaltung
acht Steine in den Asphalt eingelassen.
"Als Ärztin macht es mich betroffen und wütend, wenn wir hier Stolpersteine für Menschen
verlegen müssen, die besondere Hilfe, Schutz und Förderung benötigten und in der Euthansieanstalt
Hartheim ermordet wurden. Als "unwertes Leben" wurden sie in den Tod geschickt. Auch Ludmilla Martinz
- ein 12jähriges Mädchen", sagte die Klagenfurter Bürgermeisterin in ihrer Ansprache. Und:
"Sie wird wie alle anderen 38 Menschen, an deren grausamen Tod die Stolpersteine in Klagenfurt erinnern, nicht
vergessen sein".
Die Bürgermeisterin konnte zur Gedenkveranstaltung zahlreiche Teilnehmer und Teilnehmerinnen und Ehrengäste
begrüßen unter ihnen den Künstler Manfred Bockelmann und Verwandte der NS-Opfer, für die an
diesem Tag Stolpersteine verlegt wurden sowie aus Stadtsenat und Gemeinderat Vzbgm. Christian Scheider, Stadtrat
Frank Frey und die Gemeinderäte Manfred Jantscher und Martin Lemmerhofer. Extra aus den USA angereist sind
Doris Schneider, an deren Tante (ermordet im Vernichtungslager Maly Trostinec) jetzt ein Stolperstein erinnert,
und ihr Enkel, Elijah Petzold.
Für die Großnichte von August Schwendner, DI Elisabeth Schwendner kam MMag. Adele Polluk, ebenfalls
teilgenommen haben mit Christine Veit, Jörg Moser und Gabriele Veit Enkelin, Enkel und Urenkelin von Alois
Fekonja.
Dr. Nadja Danglmaier vom Erinnerungs- und Gedenkbeirat der Stadt Klagenfurt sprach zu den Opfern, für die
am Sonntag Steine gesetzt wurden.
Doris Schneider erklärte in ihrer Ansprache wie viel, die Verlegung dieses Stolpersteines für ihre Familie
bedeutet, erzählte von ihrer Flucht in die USA und welches Glück es war ein anderes Land zu finden, das
"uns als Flüchtlinge aufgenommen hat". Die Amerikanerin weiter: "Heute sind wieder Menschen
auf der Flucht vor Tod und Verfolgung und jedes Kind, jede Familie sollte einen sicheren Platz finden können".
Für Elisabeth Schwendner hielt ihre Freundin Adele Polluk eine berührende Rede, wie man sich gemeinsam
auf die Spuren der Vergangenheit gemacht habe und langsam das Schicksal des Großonkels und anderer NS-Opfer
entdeckt hat.
Manfred Bockelmann, der mit seinen "Zeichnungen gegen das Vergessen" ermordete Kinder aus der Anonymität
geholt und ihnen wieder ein Gesicht gegeben hat, erzählte wie sehr ihn diese Form des Erinnern mit Stolpersteinen
bewegt hat, wenn man plötzlich erkenne, vor dem Haus von Opfern zu stehen. Für diese "emotionale
Form des Gedenkens" dankte er dem Künstler Gunter Demnig.
"Die Stolpersteine lassen uns stolpern, machen uns wieder sehend - was vor über 70 Jahren in unserer
unmittelbaren Umgebung, in unserer Stadt passiert ist, nämlich Demütigung, Vertreibung, Folter, Mord.
Die Stolpersteine erinnern überall in der Stadt daran, wozu Menschen fähig sind, was sie anderen Menschen
antun können und zeigen uns, dass die Opfer nicht irgendwer, irgendwo waren, sondern hier gelebt haben, Teil
unserer Gesellschaft waren. Jetzt haben sie wieder einen Namen, einen Wohnort und sind mit ihrem Schicksal in unsere
Gesellschaft zurückgeholt worden", erklärte die Bürgermeisterin in ihrer Ansprache.
Die Stolpersteine dürfen aber nicht nur Erinnerung sein, sondern auch immer deutlich sichtbare Mahnung, die
heute wichtiger denn je ist, so Dr. Mathiaschitz: "Wieder wird versucht die Gesellschaft zu entsolidarisieren,
zu spalten, Neid und Hass auf das "Andere" zu schüren, Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass
und Antisemitismus greifen Platz, Rechtsextremismus und rassistische Gewalt wachsen."
Dagegen gelte es aufzustehen und laut "Nein" zu sagen, egal ob am Stammtisch in der politischen Diskussion,
im Netz, in den sozialen Medien. "Würdigen wir damit die Opfer deren wir heute gedenken und alle Opfer
des NS-Regimes", forderte die Bürgermeisterin zu Zivilcourage auf.
Einen Dank der Stadtchefin gab es für alle, die diese drei Stolpersteinverlegungen in Klagenfurt möglich
gemacht haben, den Gedenkbeirat der Stadt mit Dr. Peter Gstettner, der damaligen Mit-Initiatorin und inzwischen
verstorbenen Gemeinderätin Sieglinde Trannacher, Dr. Nadja Danglmaier und der Landesgruppe Kärnten der
Österreichisch-Israelischen Gesellschaft.
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