Almwirtschaft: ein herausfordernder Wirtschaftszweig

 

erstellt am
06. 08. 18
13:00 MEZ

Am 15. August ist Almwandertag auf der Kranabethsattelalm am Feuerkogel.
Linz (lk-ooe) - Die Bedeutung der Alm- und Weidewirtschaft ist vielfältig. Die knapp 450 bewirtschafteten oberösterreichischen Almen haben einen hohen gesellschaftlichen und naturschutzrelevanten Wert. Wissenschaftliche Erhebungen belegen, dass Almflächen eine weitaus höhere Vielfalt an Pflanzen und Tieren aufweisen als der Wald. Die offenen Weideflächen sind auch Futtergrundlage und Lebensbasis für Wildtiere. Doch die Almwirtschaft ist von vielen Herausforderungen geprägt: Die Erhaltung der Infrastruktur auf der Alm ist kostenintensiv, bei der Bewirtschaftung braucht es viel Handarbeit und die Wolfsrückkehr lässt viele Änderungen erwarten. Am Almwandertag, der traditionell am 15. August stattfindet, werden die vielfältigen Leistungen der Almwirtschaft in den Blickpunkt gerückt. Der Almwandertag findet heuer auf der Kranabethsattelalm am Feuerkogel in der Gemeinde Ebensee statt.

Daten und Fakten zu den Almen in OÖ
Im oberösterreichischen Almkataster sind 638 Almen eingetragen, davon werden 443 Almen im Süden unseres Bundeslandes aktiv bewirtschaftet. Die Gesamtalmkatasterfläche umfasst 36.500 Hektar. 15 Prozent davon sind als Reinweidefläche beurteilt. Wie in vielen Sparten der Landwirtschaft ist auch in der oberösterreichischen Almwirtschaft der Strukturwandel Tatsache. Die Anzahl der Bauernhöfe, die Almvieh auftreiben, hat sich seit 2001 von 847 auf 617 im Jahr 2017 um 27 Prozent reduziert. Ein geringeres Minus gibt es bei der Anzahl der aufgetriebenen Großvieheinheiten, also der Tiere, die im Sommer auf der Alm sind. Mit 3.766 Großvieheinheiten im Jahr 2017 beträgt dieses 2,4 Prozent im Vergleich zu 2001. „Der Strukturwandel führt auch dazu, dass mit der geringeren Zahl von auftreibenden Betrieben auch weniger Personal für die Arbeit zur Verfügung steht, das bei der häufig anfallenden Handarbeit mit anpackt. Für eine wirtschaftliche Offenhaltung der Alm- und Weideflächen ist es aber notwendig, ausreichend Tiere aufzutreiben und dafür braucht es auch entsprechend Betriebe im Tal und Arbeitskräfte“, erläutert Reisecker.

„Almbauern sind bemüht, wirtschaftlichen Ertrag über Viehhaltung, Waldnutzung und touristische Nutzung zu erzielen. Auch andere Sparten der Wirtschaft und Gesellschaft profitieren von den Almen: Der Schisport egal ob auf oder neben der Piste nutzt die freien Almflächen. Auch der Wander- und Bergtourismus findet die Kulturlandschaft der Almen sowie die Gastlichkeit der Almwirtschaft als Grundlage. Die Almbauern leisten durch die Offenhaltung der Landschaft einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung des ländlichen Raums, deswegen ist es absolut gerechtfertigt, den Fortbestand der Almen durch Alpungsprämien und andere Ausgleichszahlungen nachhaltig zu sichern“, betont Franz Reisecker, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Der Wolf als Herausforderung
Die OÖ Almwirtschaft beobachtet das Wiederauftreten des Wolfs mit großer Sorge. Bei einer möglichen dauerhaften Ansiedelung sind laut den Erfahrungen aus anderen europäischen Regionen massive Probleme für die Weidewirtschaft zu erwarten. Die Population in Österreich wird sich erhöhen und es werden sich Rudel bilden. In Österreich gibt es dazu Anzeichen in der Grenzregion nördliches Mühl- und Waldviertel. Im Rudel werden Wölfe effektiver jagen. Weidetiere sind leichte Beute für derartige Raubtiere. Der Aufwand in der Weidewirtschaft wird massiv steigen, zusätzliche Verluste sind zu erwarten. Die Wirtschaftlichkeit, die bereits samt Ausgleichszahlungen nur teilweise gedeckt ist, wird sich weiter verschlechtern. Erfahrungen zeigen, dass vielfach mehr Tiere gerissen werden, als die Wölfe für ihre Versorgung brauchen. Ebenso sind massive Tierqualen zu nennen. Es müssen oft angefallene, noch lebende Tiere mit aufgerissenen Bäuchen und Hinterteilen von ihren Qualen erlöst werden. Die Bilder von Schadensfällen zB im heurigen Mai in Salzburg zeigen, wie kurzfristig massive Schäden auftreten können. Weitere Risse in Weyer und im Wienerwald weisen laut DNA auf den Wolf in Salzburg hin. „Die per Naturschutzgesetz tolerierte Wiederansiedlung von Wölfen, darf nicht dazu führen, dass die Alm- und Weidewirtschaft verloren geht und die Bevölkerung in Angst leben muss. Wenn Eltern in ländlichen Regionen ihre Kinder nicht mehr zu Fuß gehen lassen, dann sind das Einschränkungen, die wir nicht in Kauf nehmen wollen. Nachdem die überregional bereits vorhandenen Wolfspopulationen nicht mehr als gefährdet zu beurteilen sind, fordert die Landwirtschaftskammer OÖ eine Änderung der EU-Rechtsgrundlage zur Herabsetzung des Schutzstatus, um eine praxistaugliche Ko-Existenz von Wolf und Nutztier in Österreich möglich zu machen“, betont Reisecker und er ergänzt: „Die Almbewirtschafter fühlen sich in die Enge getrieben: Sie streben zum Wohle ihrer Tiere die Weidehaltung an und sehen die Beweidung, die ein wesentlicher Bestandteil einer naturnahmen Landwirtschaft ist, seit dem Auftreten des Wolfes in der Region gefährdet. Wenn unsere Bäuerinnen und Bauern die Weidehaltung aufgeben müssen, bedeutet das für die Landwirtschaft Rückschritt, den Verlust von Biodiversität in der Kulturlandschaft und eine Abnahme der Lebensqualität im ländlichen Raum.“

Almen sind kein Spielplatz
Viele Österreicher suchen Ausgleich und Erholung auf den Almen. Dennoch wollen die Almbewirtschafter darauf hinweisen, dass die Alm kein grenzenloser Spielplatz ist. „Die meisten Almbesucher wissen, wie man sich verhält. Trotzdem möchte ich an Wanderer und Radfahrer appellieren, mit den Ressourcen der Natur schonend umzugehen. Wenn zB Mountainbiker verstärkt Wanderwege befahren, dann gefährden sie dort andere Menschen“, appelliert Reisecker an das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen und setzt fort: „Die Almen sind ein wertvolles Gut, daher sollten wir bei ihrer Nutzung als Erholungsraum auch an deren Schutz denken.“ Nachdem im vergangenen Winter einige Skigebiete für Skitourengeher höhere Gebühren eingehoben haben, haben sich die Schitourenrouten stärker auf Almgebiete neben den Schigebieten verlegt. Ohne Einverständnis der Grundeigentümer wurden derartige Routen im Internet veröffentlicht. „Solche Aktionen sind nicht gerade förderlich, um einvernehmliches Nebeneinander von Almbesitzern, -bewirtschaftern und Nutzern herzustellen“, betont Reisecker. Bei Wanderungen durch Weidegebiete sollten Hunde am besten überhaupt nicht mitgenommen werden. Ist der Hund dabei, sollte er an der Leine geführt werden, damit er einer Rinderherde nicht zu nahe kommt. Nur dann, wenn ein Angriff eines Rindes abzusehen ist, soll der Hund abgeleint werden, damit er dem Angriff des Tieres ausweichen kann und dadurch vielleicht auch das Rind vom Menschen ablenkt.

Johann Feßl, Obmann des OÖ. Almvereines: Entwicklung der Almwirtschaft
Für die Erhaltung der Almwirtschaft ist die Unterstützung der kleinstrukturierten Landwirtschaft Grundvoraussetzung. Auf den Almen sind extensive, bergtaugliche Weidetiere gefragt. Mit einer größeren Anzahl an Tierhaltern kann der Auftrieb und die Mitarbeit auf den Almen besser gesichert werden. Dort, wo Almen noch nicht mit Zufahrtswegen erschlossen sind, wird es spannend sein, ob diese weiter erhalten werden können. Investitionen im Bereich Alminfrastruktur haben auf Grund der hohen Aufwendungen einen hohen Zuschussprozentsatz. Trotzdem können diese nur mit einem hohen Anteil an Eigenleistung errichtet werden. „Eigenleistungen werden seit dieser Förderperiode nur vom offiziellen Bewirtschafter berücksichtigt. Die Mithilfe von Familienmitgliedern wie einem Ehepartner oder eines mitarbeitenden Kindes wird nicht mehr berücksichtigt. Dies hat die Motivation zu Investitionen merklich reduziert“, betont Johann Feßl, Obmann des Oberösterreichischen Almvereins.

OÖ Almwirtschaft steht für sanften Tourismus
Die Suche nach Erholung in den Bergen und das Streben nach naturnah und regional erzeugten Lebensmitteln lassen auch für die Zukunft Wertschöpfungschancen für die Almbauern erwarten. Die Herausforderung ist, wie diese Chancen umgesetzt werden. „Oft wird davon gesprochen, dass es für den wirtschaftlichen Erfolg gut besuchte, gewerbliche Berghütten braucht. Wesentlich ist, was dabei für die Alm- und Bergbauern übrig bleibt. Die Almhütten in Oberösterreich wollen aber keinen Massentourismus, sondern sie stehen für einen sehr sanften Tourismus im Einklang mit der Natur“, betont Feßl.

Ausgleichszahlungen
Die Almwirtschaft ist in hohem Maße auf die Unterstützung durch Ausgleichszahlungen angewiesen. Für die kommende Förderperiode sind die Vorarbeiten im Gange. „Die Almbäuerinnen und Almbauern müssen auch in Zukunft praxisnah unterstützt werden. Weitere finanzielle Verluste müssen vermieden werden, damit wir das gesunde Fundament der oberösterreichischen Almwirtschaft erhalten können“, so Feßl.

Almwandertag auf die Kranabethsattelalm
Am 15. August findet der 39. Almwandertag auf die Kranabethsattelalm am Feuerkogel in der Gemeinde Ebensee statt. Die Alm erstreckt sich über 300 Hektar, davon sind 30 Hektar Weidefläche. Zwei bäuerliche Betriebe aus Ebensee, Familie Giorgini und Familie Loidl üben derzeit auf der Kranabethsattelalm ihre Almrechte aus. Die Alm gehört der Republik Österreich und wird durch die Österreichischen Bundesforste verwaltet. Insgesamt werden etwa 30 Rinder aufgetrieben – 15 Mutterkühe, ein Stier und Jungrinder. Bis Ende September bleiben die Tiere auf der Alm. Da es in der Karstlandschaft des Höllengebirges kaum Quellen gibt, wird das Regenwasser bei jeder Hütte in Zisternen gesammelt. Sommer- und Wintertourismus erlebten mit der Erschließung des Feuerkogels durch die Seilbahn einen Aufschwung. Der Feuerkogel wurde zu einem beliebten Ausflugsziel für Wanderer und Skifahrer. Der Festakt auf der Alm beginnt um 11 Uhr, um 13 Uhr startet das Nachmittagsprogramm mit Kinderprogramm. Die Besucher können entweder mit der Feuerkogel-Seilbahn von Ebensee aus anreisen oder über den Edelweißweg mit einer Gehzeit von etwa drei Stunden aufsteigen.

 

 

 

Weitere Informationen:
https://ooe.lko.at

 

 

 

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