Edmund Clark, Göran Gnaudschun und Anne Heinlein, Jelena Jureša, Hrair Sarkissian, Ahlam
Shibli – von 10. August - 29. September 2018 im FOTOHOF Salzburg
Salzburg (fotohof) - Die Geschichte der Fotografie ist nicht zuletzt eine Geschichte der Darstellung politischer
Krisen und globaler Konflikte. Lange galt das fotografische Bild als zuverlässiges Dokument der Wirklichkeit
und somit für die Analyse historischer Prozesse geeignet. Da uns die Gewissheit um die Objektivität der
Fotografie mittlerweile fehlt, kommen ihren Bildern in der Auseinandersetzung mit komplexen gesellschaftlichen
Themen heute andere Aufgaben zu.
Die Ausstellung IN THE STILL OF THE NIGHT versammelt fünf künstlerische Positionen, die politische Krisen
und Konflikte als langfristige und vielschichtige Phänomene diskutieren. Das Eindringen politischer Interessen
in private Lebensräume, das Verhältnis von Macht und Individuum, wird dabei zum verbindenden Element
eines Diskurses über die Komplexität der uns umgebenden Wirklichkeit. Jenseits der Darstellung fotografischer
Höhepunkte wird das Davor und Danach, die Krise als dauerhaftes Phänomen, in den Blick genommen.
Control Order House (2011) des britischen Künstlers Edmund Clark ist das Resultat eines exklusiven Blicks
auf eine extreme Form staatlicher Kontrolle. So war es britischen Behörden zwischen 2005 und 2012 möglich,
terrorverdächtige Personen für einen unbegrenzten Zeitraum und ohne Angabe von konkreten Beweisen in
scheinbar privaten Wohnhäusern festzuhalten. Gemeinsam mit Fotografien aus dem Inneren einer solchen Unterbringung
bilden redigierte Dokumente und Tagebucheinträge der "kontrollierten" Person ein Porträt des
Ortes, seines Bewohners und dessen Kriminalisierung durch die staatlichen Organe.
Das Eindringen politischer Macht in private Lebensräume steht auch in Wüstungen (2017) von Anne Heinlein
und Göran Gnaudschun zur Debatte. Unter Verwendung unterschiedlicher Materialien erzählt das deutsche
Künstlerduo von Orten, deren Lage an der innerdeutschen Grenze ihre Schleifung sowie die Umsiedlung ihrer
Einwohner zur Folge hatte. Im freien Umgang mit großformatigen Fotografien, mit Dokumenten, Zeitzeugeninterviews
und eigenen Texten wird nicht zuletzt das Wirken politischer Interessen auf Individuen und deren Identität
thematisiert und diskutiert.
In der Videoinstallation Song (2018) der in Novi Sad (Serbien) geborenen Künstlerin Jelena Jureša rücken
Fragen nach nationaler Identität und den politischen Aspekten von Erinnern und Vergessen in den Fokus. Die
Geschichte eines bosnischen Liedes und seiner Anbindung an historische Ereignisse und an nationale Geschichte und
Geschichtsschreibung wird dabei zur vielschichtigen Reflexion über Exil, Entwurzelung und den Verlust von
Heimat.
Dem aus Syrien stammenden Künstler Hrair Sarkissian wiederum dient in Homesick (2014) ein maßstabsgetreues
Modell seines Elternhauses in Damaskus zu einer persönlichen und sehr direkten Beschäftigung mit den
Bedingungen von Flucht und Exil. Die langsame und vollständige Zerstörung des elterlichen Wohnhauses
erscheint dabei als Ausdruck ständiger Angst um die bedrohte Familie und rückt nicht zuletzt die frustrierenden
Bedingungen von Exil und den damit einhergehenden, schmerzhaften Umgang mit der eigenen Geschichte ins Zentrum
der Auseinandersetzung.
In Ahlam Shiblis Occupation (2016/17) wird die Stadt al-Khalil/Hebron zum Dreh- und Angelpunkt einer kritischen
Analyse des dauerhaft gewordenen Ausnahmezustands. Die palästinensische Künstlerin zeigt engste, von
der gewaltsamen Teilung gezeichnete, urbane Räume. Die Zeichen von Repression und Kontrolle, die Wachtürme,
Mauern, Zäune, Kameras und Strassensperren scheinen paradoxerweise den Blick freizugeben auf die asymmetrisch
verlaufenden Beziehungen der sich feindlich entgegenstehenden Bevölkerungsgruppen.
Zeitgleich zur Ausstellung leitet Ahlam Shibli den Kurs "Die Idee der Heimat" an der Internationalen
Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg.
Das Ausstellungsprojekt findet im Rahmen und mit Unterstützung des Festjahres "200 Jahre Stille Nacht!
Heilige Nacht!" tatt.
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