49 Insolvenzen pro Werktag – Neue Rekordzahl an Österreichern nutzt die erleichterte Entschuldung
Wien (creditreform) - Die endgültigen Zahlen der Creditreform Privatinsolvenzstatistik für das
1. Halbjahr 2018 zeigen, dass aufgrund der Insolvenzrechtsreform 2017 die Insolvenzen von Privatpersonen weiter
stark steigen. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist in Österreich um rekordverdächtige
81,5% auf rund 5.500 Verfahren gestiegen, der höchste Stand seit Einführung der Privatinsolvenz 1995.
Da mehr ehemalige Selbständige den Weg der erleichterten Entschuldung gehen, hat sich die Durchschnittsverschuldung
ebenfalls stark erhöht und beträgt nun über 100.000 Euro. Hauptgläubiger sind Banken, Versicherungen,
Mobilfunkbetreiber und Leasingunternehmen.
Dazu Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform: „Unsere Vorjahresprognosen
wurden mehr als übertroffen. Immer mehr Österreicher nutzen nun die schnellere und „billigere“ Entschuldung
des neuen Privatinsolvenzrechts. Dadurch können Altlasten abgebaut und der Weg zurück in ein normales
Konsumentenleben rascher gefunden werden. Des einen Freud` ist das Leid der Gläubiger. Unternehmen ist daher
zur Vorsicht zu raten, mit wem sie Geschäfte machen und ihre Leistungen besser abzusichern.“
Bundesländervergleich: Mehr als 9 von 10.000 Erwachsenen sind zahlungsunfähig/überschuldet
Ein Blick auf die Bundesländer zeigt ein einheitliches Bild: Von West bis Ost steigen die Insolvenzen massiv.
Die stärkste Entwicklung verzeichnen Tirol (+142,3%) und Vorarlberg (113,5%). Mit 15 von 10.000 erwachsenen
Personen sind die Wiener am stärksten von einer Insolvenz betroffen. Der österreichische Durchschnitt
beträgt rund 9 von 10.000 zahlungsunfähige Erwachsene.
Conclusio 1. Halbjahr 2018
Die seit 1.11.2017 geltende Möglichkeit einer Restschuldbefreiung Privater ohne einer verpflichtenden
Mindestquote führte erwartungsgemäß zu einer Welle an Insolvenzanträgen. Dadurch soll es zur
„Heilung“ der aufgestauten Altlasten kommen. Erste Erfahrungen zeigen aber auch, dass bereits überschuldete
Personen unter dem Deckmantel des Datenschutzes versuchen, Informationen über sich zu blockieren, um sich
noch weiter ungehindert verschulden zu können. Dieser Fehlentwicklung sollte im Sinne des Schuldnerschutzes
ebenso wie im Sinne des Gläubigerschutzes durch mehr Transparenz gegengesteuert werden. Nach dem Vorbild der
juristischen Personen sollten Gläubiger unter Einhaltung der DSGVO Einblick in die Verschuldungssituation
ihrer Kunden erhalten. Unter Vorlage der rechtlichen Voraussetzungen (berechtigtes Interesse, Vertragserfüllung)
sollten Gläubiger Zugang auch zu den Daten des Exekutionsregisters erhalten.
Um einem Missbrauch hier vorzubeugen, schlägt Creditreform vor, diesen Zugang auf Gläubigerschutzverbände
und Kreditauskunfteien zu beschränken, deren Verpflichtung es wäre, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen
sicherzustellen. Unternehmen könnten sich dadurch über ihre Kunden besser informieren, das Risiko abschätzen
und Maßnahmen zur Absicherung ihrer Forderung treffen. Und überschuldete Konsumenten würden dadurch
vor einer weiteren Verschuldung in ihrem eigenen Interesse geschützt.
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