Inlandsnachfrage stützt solides Wachstum in Österreich

 

erstellt am
16. 08. 18
13:00 MEZ

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator startet mit 3,6 Punkten ins dritte Quartal 2018: Trotz Rückgang nach dem Allzeithoch zum Jahreswechsel liegt der Indikator weiter klar über dem langfristigen Durchschnitt
Wien (bank austria) - Zu Beginn des dritten Quartals hat sich der moderate Rückgang der Konjunkturstimmung in Österreich fortgesetzt. Ausgehend von einer Phase mit deutlich überschießendem Optimismus, die sich in einem Allzeithoch von 4,5 Punkten im vergangenem Dezember niederschlug, hat sich die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft im Juli den siebenten Monat in Folge verringert. „Trotz des siebenten Rückgangs in Folge übertrifft der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator aktuell mit 3,6 Punkten jedoch weiterhin klar den langjährigen Durchschnitt und spricht damit für ein anhaltend solides Wachstumstempo auch in den kommenden Monaten“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die Beruhigung der Konjunkturstimmung in den vergangenen Monaten ist sektoral auf breiter Ebene spürbar und zeigt sich sowohl in der Einstellung der Produzenten als auch der Konsumenten. „Im Juli hat sich in Österreich die positive Wirtschaftseinschätzung abermals etwas reduziert. Insbesondere die Geschäftsaussichten in der exportabhängigen Industrie werden aktuell durch abermals zunehmende globale Konjunkturrisiken begrenzt. Demgegenüber steht eine jedoch sehr deutliche Verbesserung der Stimmung am Bau“, so Bruckbauer.

Steigende Risiken im Exportumfeld, Risiko der Türkeikrise überschaubar für Österreich
Der leichte Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im Juli ist vor allem auf die steigenden Herausforderungen im Export zurückzuführen. In den vergangenen sechs Monaten hat sich durch eine Reihe von neuen geopolitischen Risiken sowie zunehmenden protektionistischen Tendenzen das internationale Umfeld für die stark exportorientierten Industriebetriebe Österreichs verschlechtert. Der Teilindikator, der die Stimmung und die Aussichten in den Absatzmärkten der heimischen Industrie abbildet, hat im Juli den stärksten Einfluss auf die Abnahme des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators ausgeübt. Unter dem Eindruck der erhöhten Verunsicherung, die sich auf das Auftragswachstum dämpfend niederschlägt, hat sich auch die Stimmung in der österreichischen Industrie reduziert.

Schon seit längerem wurde mit Refinanzierungsschwierigkeit für die Türkei aufgrund des doppelten Defizits in Leistungsbilanz und Staatshaushalt gerechnet, allerdings haben die politischen Ereignisse der letzten Wochen zusätzlich zu einem besonders starken Wertverlust der türkischen Währung geführt. Trotz der Schwere der Krise und obwohl eine Stabilisierung der Situation aus vielen Gründen, nicht zuletzt um Unsicherheiten zu reduzieren, wünschenswert ist, bleiben die direkten und indirekten Effekte auf die Wirtschaft im Euroraum bzw. in Österreich eher gering. „Mit einem Exportanteil von 0,9 Prozent ist die Türkei nur die Nummer 20 der wichtigste Exportpartner Österreichs und mit unter 1 Prozent der gesamten österreichischen Direktinvestitionen in der Türkei bleiben die Auswirkungen der Türkeikrise auf Österreichs Wirtschaft überschaubar“, meint Bruckbauer und ergänzt „insgesamt ist weniger als 0,5 Prozent der österreichischen Nachfrage von der Türkei abhängig“.

Trotz der hohen Beschäftigungsdynamik und des steigenden Lohnwachstums, die den Konsum beflügeln, hat sich im Juli das Verbrauchervertrauen reduziert und auch der Optimismus im Dienstleistungssektor ist zurückgegangen. Der allgemein leicht nach unten tendierenden Wirtschaftsstimmung hat sich im Juli nur die Bauwirtschaft entgegengestemmt. Stark zunehmende Aufträge bei bereits vorhandener hoher Auslastung und eine in dieser Konjunktursituation gegebene hohe Preisdurchsetzungsmacht haben die Geschäftseinschätzung am Bau auf ein neues Allzeithoch gehoben.

Stabile Wachstumsaussichten über Durchschnitt im zweiten Halbjahr
In der ersten Jahreshälfte betrug der Anstieg des BIP in Österreich 2,8 Prozent. Nach dem starken Jahresbeginn hat sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2018 jedoch spürbar verringert. Der aktuelle UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator sowie eine Reihe weiterer vorliegender Frühindikatoren signalisieren eine Verlangsamung der Konjunkturabschwächung und eine Stabilisierung des Wachstumstempos. „Wir erwarten für das zweite Halbjahr ein weiterhin breit abgestütztes Wirtschaftswachstum innerhalb der Spanne von 2,5 bis 3 Prozent. Neben der Inlandsnachfrage werden auch die Exporte zum BIP-Anstieg beitragen, den wir weiterhin mit 2,8 Prozent im Gesamtjahr 2018 erwarten“, so Bruckbauer. Die Exporte werden in der zweiten Jahreshälfte jedoch voraussichtlich das Wachstum nicht mehr so stark unterstützen können. Zum einen hat der globale Handel an Schwung verloren. Zum anderen sorgt die gute Binnenkonjunktur für eine weiterhin hohe Importdynamik. In noch stärkerem Ausmaß als in der ersten Jahreshälfte wird daher das Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten von der Inlandsnachfrage getragen werden. Der private Konsum wird das bisher eingeschlagene Tempo zwar nicht ganz halten können, aber die gute Stimmung der Verbraucher, die günstige Situation am Arbeitsmarkt und die gestiegene Lohndynamik bieten weiterhin viel Rückenwind. Der private Konsum wird mit einem Plus von 1,8 Prozent voraussichtlich sogar das stärkste Wachstum seit über einem Jahrzehnt erreichen. Auch die Investitionen werden in der zweiten Jahreshälfte weiter stark wachsen. Die deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegende Kapazitätsauslastung der heimischen Wirtschaft lässt einen anhaltenden Bedarf an Erweiterungsinvestitionen zur Erfüllung der Aufträge erwarten.

„Für 2019 gehen wir von einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent aus, basierend auf einer weiterhin kräftigen Binnenkonjunktur. Mit etwas geringerer Unterstützung als im laufenden Jahr werden sowohl der private Konsum als auch die Investitionen das dritte Jahr in Folge zu einem Wachstum über Potenzial beitragen", erwartet Bruckbauer. Die Aussichten für den Außenhandel sind allerdings mit hohen Unsicherheiten behaftet. Zwar zeigen die vorliegenden Indikatoren eine Stabilisierung des globalen Handels an, doch die Verschärfung von Wirtschaftssanktionen und die protektionistische US-Zollpolitik bergen ein hohes Konjunkturrisiko gerade für die exportorientierte österreichische Wirtschaft.

Arbeitslosenquote stagniert
Im ersten Halbjahr 2018 hat die Arbeitslosenquote im Durchschnitt 7,9 Prozent betragen und lag damit um 0,9 Prozentpunkte unter dem Vorjahr. Allerdings zeigen die saisonbereinigten Daten bereits seit dem Jahresbeginn 2018 eine weitgehende Stagnation der Arbeitslosenquote bzw. war im Juli sogar eine minimale Aufwärtstendenz auf 7,8 Prozent erkennbar. Dahinter stehen erstens die Verlangsamung des Beschäftigungswachstums im Monatsvergleich. Zweitens nimmt die Anzahl der Arbeitssuchenden seit zwei Monaten und im Juli mit steigender Tendenz wieder zu und drittens wurde das Schulungsangebot reduziert. Viele bisherige Schulungsteilnehmer scheinen daher nun wieder in der Arbeitslosenstatistik auf.

„Der Verbesserungstrend am Arbeitsmarkt in Österreich ist am Auslaufen. Durch das konjunkturell bedingte geringere Beschäftigungswachstum bei stabilem Anstieg des Arbeitskräfteangebots und voraussichtlich weniger Unterstützung durch Schulungsmaßnahmen wird im zweiten Halbjahr die Arbeitslosenquote weitgehend stagnieren. Im Jahresdurchschnitt 2018 erwarten wir eine Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent“, so UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Die Konjunktur wird 2019 stark genug sein, um für ein kräftiges Beschäftigungsplus zu sorgen, das jedoch mit etwa 1,2 Prozent im Jahresvergleich nur etwa halb so stark ausfallen wird wie 2018. Damit wird der Anstieg der Beschäftigung nicht mehr deutlich höher als jener des hauptsächlich durch Zuzug bestimmten Arbeitskräfteangebots sein. Sofern sich das Ausmaß der Schulungsmaßnahmen nicht deutlich verändert, wird die Arbeitslosenquote demnach bestenfalls nur noch sehr wenig zurückgehen. Die Ökonomen der UniCredit Bank Austria erwarten eine Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2019.

Inflation vorerst im Aufwärtstrend
Der im Mai eingesetzte leichte Aufwärtstrend der Teuerung in Österreich wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen. „Im Juli hat die jährliche Inflation voraussichtlich erstmals die 2 Prozent Marke überschritten. Im weiteren Jahresverlauf sind bedingt durch den höheren Ölpreis und den im Vergleich zum Frühjahr schwächeren Eurokurs Inflationswerte von sogar bis zu 2,5 Prozent zu erwarten. Im Jahresdurchschnitt ergibt sich eine Teuerung von 2,2 Prozent“, meint Pudschedl. Die Inflationsrate wird 2018 damit geringfügig über den 2,1 Prozent des Vorjahres liegen. Spätestens im Frühjahr 2019, wenn die starken Preisanstiege des laufenden Jahres aus der Berechnung fallen, wird der ölpreisbedingte Inflationsauftrieb enden. Auch wenn die weiterhin kräftige Binnenkonjunktur nachfrageseitig für einigen Preisauftrieb sorgen könnte, wird die Teuerung im Jahr 2019 mit durchschnittlich 2,0 Prozent etwas niedriger als im laufenden Jahr ausfallen.

 

 

 

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