„Weit über alle Land…“

 

erstellt am
14. 08. 18
13:00 MEZ

Dachrenovierung des Neuberger Münsters
Graz (diözese) - Wer in dieses Tal westlich von Mürzzuschlag hineinfährt, erwartet wohl kaum, dass ihn in dem beschaulichen Dorf Neuberg an der Mürz dieser ruhende Riese, dieser „Dom im Dorf“, wie er liebevoll von den Einheimischen genannt wird, erwartet. Schon von weitem überragt das Rot der Ziegel, eine Fläche von mehr als 2.000 Quadratmeter auf der Südseite, die umliegende Landschaft. Die große symmetrische Fläche schreibt sich optisch in die Landschaft hinein, wie sie diese auch zugleich bricht.

Derzeit arbeiten kundige Facharbeiter am Dach. Man hört Motorsägen schneiden aus dem Dachstuhl und das klackende Geräusch von Ziegeln, die aneinander gereiht werden. Alte Dachziegel werden entfernt und durch neue Ziegel ersetzt. Das ursprüngliche Dach war mit Holzschindeln gedeckt, bis es im Jahr 1610 mit 72.000 italienischen Biberschwanzziegeln (flacher Ziegel mit meist halbrunder Endung, der an den Schwanz des gleichnamigen Tiers erinnert) eingedeckt wurde. Der Dachstuhl ist der älteste mittelalterliche Dachstuhl dieser Größe in Österreich.

„Den Dachstuhl haben mit Sicherheit nicht Leute aus unserer Gegend aufgesetzt, nicht von der Wiener Bauhütte, sondern aus dem Rheinland. Diese Fachwerksbauten finden sich zwischen Rheinland und Elbe im deutschsprachigen Raum“ erzählt die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Erna Reisenberger.

Mittelalterliche Zimmermannskunst
Die Konstruktion aus 1.100 Kubikmeter Lärchenholz ist in seinem Bestand rund 600 Jahre alt und eine beeindruckende Demonstration mittelalterlicher Zimmermannskunst. Pfarrer Dariusz Rot erzählt von den im Juni begonnenen Sanierungsarbeiten: „Sehen Sie die Mauerbank, durchgemorscht, weil das Wasser hier durch das Dach eingedrungen war“, und zeigt auf eine Reihe alter Ziegel. „Jetzt wird jeder neue Ziegel am Latten mit einer Klammer befestigt.“ Man wolle – so das Wetter mitspielt – bis Ende Oktober fertig sein. Aktuell ist bereits ein Drittel der südlichen Dachfläche saniert. Die neuen Pfosten, Latten und Ziegeln werden über die Nordseite in den Dachstuhl geladen, um im Innenraum verarbeitet zu werden.

Dabei werden auch die schadhaften Stellen der Mauerbank ersetzt und wieder mit Holznägeln eingefügt. Eine mühsame Detailarbeit, der hier die Arbeiter der Firma Herbitschka nachkommen. Gefragt nach den Kosten für die gesamte Renovierung sagt Pfarrer Rot: „Würde jeder Steirer einen Euro bezahlen, wären die Kosten gedeckt.“ Tatsächlich sind für den ersten Teil, das südliche Dach, 670.000 Euro veranschlagt, die Pfarre selbst mit nicht einmal 1.000 KatholikInnen muss über 200.000 Euro selbst aufbringen. Der Verein „Freunde des Neuberger Münsters“ ist auch aktiv, um Spenden zu sammeln. Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Erna Reisenberger, ihr Mann Hans Reisenberger und Pfarrer Dariusz Rot zeigen sich optimistisch, auch diese Aufgabe gemeinsam zu stemmen.

Jahrhundertealter Staub
Erna Reisenberger, die mit Leidenschaft durch das mittelalterliche Baujuwel führt, zeigt auf fehlende Pfosten zwischen Gewölbe und Mauerbank. Auch diese werden bei der umfangreichen Sanierung wieder eingefügt. Besonders dringlich sei die abschließende Staubsaugung des gesamten Dachstuhls. Über die Jahrhunderte ist der Staub zum Feind des gotischen Kreuzgewölbes und des darüber liegenden Dachstuhles geworden. Auch die Überreste der Glockenrenovierung werden dabei beseitigt. Pfarrer Dariusz Rot erzählt: „Als ich gekommen bin habe ich die Kirche von oben nach unten zu renovieren begonnen, bei den Glocken haben wir begonnen.“

Viele Touristen aus Graz habe man nicht hier heroben, erzählt Erna Reisenberger, die meisten stammen aus Wien oder Niederösterreich. Dabei erzähle die Kirche des ehemaligen Zisterzienserstiftes beredt über das Mittelalter und darüber hinaus. „Wir haben auf einem Ziegel in italienischer Sprache den Satz gefunden ‚Um Antwort wird gebeten‘ und drei Namen dazu. Meinen Nachforschungen zufolge sind es Namen aus der Region um Padua“, erzählt Pfarrer Dariusz Rot.

Spenden bitte an:
Verein „Freunde des Neuberger Münsters“,
Vermerk „Dachsanierung“
IBAN: AT70 2082 8003 0002 0393
BIC: SPMZAT21XXX

 

 

 

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