Industrieller, Genetiker und Bildungsforscherin debattieren in Alpbach über Diversität
im Bildungssystem
Alpbach/Linz (academia superior) - „Diversität begegnet uns täglich und fordert uns heraus. Es
geht darum, die Ressourcen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu nutzen und zu unseren Stärken zu formen“,
mit diesen Worten eröffnete ACADEMIA SUPERIOR Obmann und LH-Stv. Michael Strugl am 23. August das traditionelle
Kamingespräch des Club Alpbach OÖ in Kooperation mit ACADEMIA SUPERIOR zum Thema „Diversität erLernen
– Vielfalt als Ressource“. Auch für den Club Alpbach OÖ mit Mag. Katharina Fernández-Metzbauer
als Präsidentin nimmt Diversität eine tragende Rolle ein: „Der Club verschreibt sich in seinen Aktivitäten
der Förderung und Nutzung von Vielfalt innerhalb der Gesellschaft – sowohl bei der Stipendiatinnen- und Stipendiatenauswahl,
als auch bei unseren thematischen Schwerpunktsetzungen.“
In vielerlei Hinsicht ein brennendes Thema, das Studierende im Feuerwehrhaus in Alpbach mit Ethnologin und Bildungsexpertin
Barbara Herzog-Punzenberger, dem Industriellen und Vorsitzenden des Rats für Forschung und Technologieentwicklung
Hannes Androsch und dem Humangenetiker und Wissenschaftlichen Leiter der ACADEMIA SUPERIOR Markus Hengstschläger
diskutierten.
Bildungsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger machte darauf aufmerksam, dass viele unserer Kulturgüter wie
das Christentum, die Mathematik oder auch die Kartoffel auf eine lebendige Migrationskultur zurückzuführen
sind. Aus den Ergebnissen der PISA-Tests zeigt sich, dass Migration nicht ursächlich ein Problem darstellt,
so Herzog-Punzenberger. „Ausschlaggebend für Leistungsunterschiede bei Schülerinnen und Schülern
ist das Bildungsprofil der Eltern.“ Um mit Diversität und Vielfalt im Bildungssystem positiv umzugehen, setzt
sie sich für eine Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit Mehrsprachigkeit für einen sprachsensiblen
Fachunterricht sowie für die aktive Einbindung der Eltern ein.
Unternehmer Hannes Androsch ist überzeugt: „Evolution hätte ohne Vielfalt nicht stattgefunden“. Er sieht
Diversität als ganz wesentliche Säule der Kreativität und warnt vor den deutlich spürbaren
Tendenzen des Isolationismus. Er sieht Diversität als eine Notwendigkeit. Seit Jahren ist für ihn klar:
„Statt, dass wir vorangekommen wären, sind wir zurückgefallen. Wir haben Aufholbedarf im Bildungsbereich.“
Der grundlegende erste Schritt ist für Androsch die Einführung der Ganztagsschule.
Humangenetiker Markus Hengstschläger plädiert dafür, die Individualität jedes Menschen in der
Schule zu nutzen: „Es herrscht nicht nur Chancenungleichheit in der Bildung, sondern auch in der Talentfindung.
Das Bildungssystem muss es sich zur Aufgabe machen, Potenziale bei Kindern frühzeitig zu fördern, wie
etwa durch Talentscouts.“ Diversität und die Ausschöpfung individueller Potenziale sind der Schlüssel,
um in der Innovation vorne mit dabei zu sein. „Wir in Europa brauchen den Mut, loszugehen. Kindergärten, Schulen
und Universitäten müssen junge Menschen motivieren loszugehen. Denn wer sich nicht auf den Weg macht,
der bleibt stehen.“
In der regen Diskussion ging es den jungen Menschen auch besonders um Fragen praktischer Umsetzung. Dass Bildung
nicht nur in der Schule stattfindet, ist eine in Österreich im Vergleich zu beispielsweise Deutschland oder
den USA noch weniger verbreitete Ansicht. Durch die Einführung einer Bildungspflicht statt der Schulpflicht
könne man möglicherweise mehr Chancengerechtigkeit erwirken.
Der Club Alpbach OÖ ermöglicht seit 16 Jahren Stipendiaten aus Oberösterreich die Teilnahme am Europäischen
Forum Alpbach. ACADEMIA SUPERIOR beschäftigt sich als Think Tank mit Zukunftsforschung. Gemeinsam organisieren
sie jedes Jahr ein Kamingespräch mit hochkarätigen Gästen im Rahmen des Forums Alpbach.
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