Beide Parlamentspräsidenten sprachen über Parlamentarismus auf nationaler und europäischer
Ebene
Berlin/Wien (pk) - In einem Doppel-Interview mit den Salzburger Nachrichten betonen sowohl Nationalratspräsident
Wolfgang Sobotka als auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Notwendigkeit einer steten Weiterentwicklung
des Parlamentarismus. Herausforderungen und Krisen für Demokratien westlicher Prägung wollen beide in
diesem Zusammenhang auch als Chance verstanden wissen, Menschen für politische Inhalte neu zu begeistern.
Demokratie in allen Lebensbereichen
Gründe für die Herausforderungen sieht der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vor
allem im "schnellen Wandel durch den raschen technologischen Fortschritt" und nach wie vor in der Globalisierung.
Für den österreichischen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka ist es eben diese Schnelllebigkeit,
welche die Vermittlung von demokratischen Werten noch wichtiger mache. Das demokratische Grundprinzip durchdringe
heute alle Lebensbereiche, weshalb den Menschen bewusst gemacht werden müsse, wie "zentral dieses für
das menschliche Zusammenleben quer durch alle Lebensbereiche ist", betonte Sobotka.
Der österreichische Nationalratspräsident sieht das Entstehen neuer politischer Strömungen daher
von einem positiven Gesichtspunkt, unterstreicht es doch die Tatsache, dass "Menschen willens sind, politische
Verantwortung selbst in die Hand zu nehmen". Wichtig sei dabei, dass die neuen Strömungen auch gefestigt
seien "in ihren Haltungen", was die Demokratie betreffe. Für die etablierten Parteien biete sich
zudem jederzeit die Chance, durch Programme, Inhalt und neue Persönlichkeiten eine Renaissance zu bewirken.
Einstimmigkeitsprinzip der EU überdenken
Was die Europäische Union und ihre Aufgaben betrifft, sehen sowohl Sobotka als auch Schäuble die Notwendigkeit,
klarer festzulegen, was die Aufgaben Europas und jene der Nationalstaaten oder Regionen sind. Wolfgang Sobotka
betonte, nur wenn es zu einer klaren Fokussierung komme, "könnten die EU-ParlamentarierInnen auch greifbare
Positionen in ihren Wahlkreisen vertreten". Sobotka sieht die Notwendigkeit in diesem Zusammenhang, das Einstimmigkeitsprinzip
im Rat zu überdenken. "Man sollte mehr qualifizierte Mehrheitsentscheidungen akzeptieren und auch mittragen",
sagte er.
Migration auf EU-Ebene lösen
Auf die Herausforderungen im Bereich der Migration angesprochen, sehen beide Präsidenten nur den Weg einer
gemeinsamen und europäischen Lösung. Es sei eine Aufgabe, "die kein Land allein bewältigen
kann", so Schäuble. Zudem dürften EU-Staaten mit dem Schutz der Außengrenzen nicht alleingelassen
werden.
Sobotka erklärte, nicht Schlepper dürften bestimmen, wer nach Europa kommt. Jede rechtsstaatliche Struktur
müsse dafür Sorge tragen, dass Schlepperkriminalität "eingedämmt wird", betonte der
Nationalratspräsident. Dennoch müsse Flüchtlingen geholfen werden. "Die Menschenrechte gelten
ungeteilt", unterstrich Sobotka. Ebenso klar müsse sein, dass auch "die Länder Nordafrikas
hier eine erhebliche Verantwortung haben und wir sie ermutigen müssen, vor Ort Probleme zu lösen und
Hilfe zu leisten."
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