Bochum (idw) - Forscher haben das Protein Nurr1 so modifiziert, dass es von außen in Zellen eindringen
kann. Eine Fehlfunktion des Proteins kann unter anderem eine Ursache der Parkinson-Krankheit sein. Nurr1 wird schon
länger als möglicher Ansatzpunkt für die Parkinson-Therapie diskutiert, ist in seiner normalen Form
aber nicht brauchbar, da es nicht in Zellen gelangen kann. Ein Team der Ruhr-Universität Bochum und der US-amerikanischen
National Institutes of Health (NIH) nutzte ein Importsignal aus Bakterien, um Nurr1 in Zellen einzuschleusen. Die
Wissenschaftler zeigten auch, dass sich das modifizierte Protein positiv auf das Überleben von Dopamin-produzierenden
Nervenzellen auswirken kann.
In der Zeitschrift Molecular Neurobiology vom 18. August 2018 beschreiben sie ihre Ergebnisse. Für die Studie
kooperierten Dennis Paliga, Fabian Raudzus, Dr. Sebastian Neumann und Prof. Dr. Rolf Heumann von der Bochumer Arbeitsgruppe
Molekulare Neurobiochemie mit Prof. Stephen Leppla von den NIH.
Bakterieller Proteinbaustein als Importsignal
Nurr1 ist ein Transkriptionsfaktor; das Protein bindet also im Zellkern an die DNA und kontrolliert, welche Gene
abgelesen und in Proteine übersetzt werden sollen. Es steuert dabei viele Vorgänge in Zellen, die den
Botenstoff Dopamin produzieren, welche von der Parkinson-Krankheit betroffen sind. Der dadurch bedingte Dopamin-Entzug
in bestimmten Hirnbereichen ist für die Bewegungsarmut verantwortlich, die mit der Krankheit einhergeht.
Da das Nurr1-Protein normalerweise nicht in Zellen gelangen kann und somit auch keine Wirkung im Zellkern entfalten
könnte, suchten die Forscher nach Wegen, das Protein mit einem Importsignal zu versehen. Fündig wurden
sie im Bereich der Bakterien. Sie hefteten ein Fragment eines Proteins aus Bacillus anthracis an Nurr1 an. Dieses
sorgt im Bakterium dafür, dass der Erreger in tierische Zellen eingeschleust wird. „Das verwendete Fragment
des bakteriellen Proteins ist nicht krankheitsauslösend, es beinhaltet nur den Befehl, etwas in die Zelle
zu transportieren“, erklärt Rolf Heumann. Ist das modifizierte Protein von der Zelle aufgenommen, wird der
bakterielle Proteinbaustein abgespalten, und das Nurr1-Protein kann in den Zellkern wandern.
Nurr1 wirkt positiv auf das Schlüsselenzym der Dopamin-Synthese
Die Wirkung des so zugeführten Nurr1 maßen die Forscher, indem sie die Produktion des Enzyms Tyrosinhydroxylase
verfolgten. Das Enzym ist eine Vorstufe in der Dopamin-Synthese, die bei der Parkinson-Krankheit gestört ist.
Kultivierte Zellen, die mit modifiziertem Nurr1 behandelt wurden, produzierten mehr Tyrosinhydroxylase als unbehandelte
Zellen. Zugleich stellten sie weniger Nur77-Protein her, welches an der Regulation des programmierten Zelltods
beteiligt ist.
Protein schützt vor Wirkungen von Nervengift
Außerdem testeten die Forscher die Wirkung von modifiziertem Nurr1 an kultivierten Zellen, die sie mit dem
Nervengift 6-Hydroxydopamin behandelten. Dieses lässt Dopamin-produzierende Zellen absterben und ist daher
ein Modell für die Parkinson-Krankheit. Nurr1 konnte die Degeneration der Zellen durch das Nervengift verhindern.
„Wir hoffen, damit einen neuen Weg der Parkinson-Therapie einleiten zu können“, resümiert Sebastian Neumann.
„Allerdings ist unser Nurr1-Fusionsprotein lediglich ein erster Anstoß für eine neue Entwicklung. Viele
weitere Schritte sind nötig, um zu klären, ob das modifizierte Protein spezifisch die richtigen Zellen
im Gehirn erreicht und wie man es applizieren könnte.“
Förderung
Die Arbeiten wurden im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 unter der Fördernummer 686841 (MAGNEURON) gefördert.
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