Österreichische Forscher quantifizieren Partikelwachstum von organischen Nanoteilchen
am CERN
Meyrin/Wien (universität) - Kleine, mit freiem Auge nicht sichtbare Aerosolpartikel in der Luft ermöglichen
die Entstehung von Wolken. WissenschafterInnen um den Physiker Paul Winkler von der Universität Wien erforschen
ihre Entstehungs- und Wachstumsmechanismen. In ihrer aktuellen Studie im Rahmen des CLOUD-Projekts am CERN haben
sie herausgefunden, dass der Beitrag organischer Substanzen beim Wolkenwachstum eine große Rolle spielt.
Die Ergebnisse erscheinen im renommierten Fachjournal PNAS.
In der uns umgebenden Luft schweben ständig kleine Aerosolpartikel, die mit freiem Auge nicht beobachtet werden
können. Einerseits erfüllen diese Teilchen eine wichtige Funktion in der Atmosphäre, indem sie die
Entstehung von Wolken ermöglichen und dadurch im Klimahaushalt eine wichtige Rolle spielen. Andererseits sind
hohe Konzentrationen von Aerosolteilchen gesundheitsschädlich, insbesondere, wenn sie durch Inhalation in
die Lunge gelangen. Neben den typischen Aerosolquellen wie Verbrennungsvorgängen oder Zerstäubungsprozessen,
können sich Nanoteilchen auch aus Spurengasen direkt in der Atmosphäre bilden. "In Kombination mit
Massenspektrometern, die die Zusammensetzung der Gas- und Partikelphase untersuchen, konnten wir nun erstmals das
anfängliche Partikelwachstum unter atmosphärischen Bedingungen quantitativ prüfen", so Paul
Winkler, Aerosolphysiker an der Universität Wien.
Bislang war bekannt, dass organische Gase, wie sie beispielsweise von der Vegetation freigesetzt werden – erkennbar
z.B. am charakteristischen Duft der Nadelwälder – nach erfolgter chemischer Reaktion mit Ozon und OH-Radikalen
in der Atmosphäre maßgeblich zur Bildung und zum Wachstum von Nanoteilchen beitragen. "Insbesondere
das anfängliche Stadium der Partikelbildung spielt dabei eine große Rolle, weil die Teilchen im Größenbereich
unter 10 Nanometern durch Kollisionen mit größeren Teilchen, an denen die Nanoteilchen haften bleiben,
rasch verloren gehen. Nur mit schnellem Wachstum überleben die Nanoteilchen lange genug, um für Wolkenbildungsprozesse
relevant zu bleiben", erklärt Erstautor Dominik Stolzenburg von der Universität Wien Dazu werden
aber Moleküle benötigt, die unter atmosphärenrelevanten Bedingungen auch kondensieren können.
Organische Substanzen lassen Wolken wachsen
In ihrer aktuellen Publikation konnten WissenschafterInnen rund um Paul Winkler am CERN herausfinden, dass
der Beitrag organischer Substanzen zum Wachstum über einen weiten Temperaturbereich eine große Rolle
spielt. Im Rahmen des CLOUD-Projektes hat sich gezeigt, dass insbesondere bei kalten Temperaturen von -25°C
Substanzen kondensieren können, die bei warmen Bedingungen (+25°C) zu flüchtig wären und daher
gasförmig bleiben würden. Dies bedeutet, dass auch in kälteren Regionen der Erde (z.B. in der mittleren
Troposphäre, ~6 km) Nanopartikel aus organischen Vorläufergasen entstehen können, obwohl die chemischen
Reaktionen dort deutlich verlangsamt ablaufen. "Der Beitrag organischer Substanzen zu Wolkenbildungsprozessen
könnte folglich höher sein als angenommen. Klimamodelle müssten das in Zukunft berücksichtigen
und deshalb angepasst werden", erklärt Winkler.
Über CLOUD
Das Experiment CLOUD (Cosmics Leaving OUtdoor Droplets) wurde entwickelt um zu verstehen, wie sich neue Aerosolpartikel
in der Atmosphäre bilden und wachsen. CLOUD wird von einem internationalen Konsortium – bestehend aus 21 Instituten
– geleitet, an dem auch österreichische ForscherInnen von den Universitäten Wien und Innsbruck mitarbeiten.
Ein Team um Paul Winkler von der Fakultät für Physik der Universität Wien entwickelte im Rahmen
eines ERC Projektes ("nanodynamite") ein neues Partikelmessgerät, mit dem speziell die Aerosoldynamik
im relevanten Größenbereich von 1 bis 10 nm quantitativ untersucht werden kann. Für die vorliegende
Arbeit war zudem die Messung organischer Gase und deren Oxidationsprodukte bei unterschiedlichen Temperaturen wesentlich.
Dies ist mit einem neu entwickelten hochsensiblen Massenspektrometer, dem PTR3-TOF, erstmals gelungen. Dieses Gerät
wurde unter der Leitung von Armin Hansel an der Universität Innsbruck in Kooperation mit der Firma IONICON
Analytik GmbH mit finanzieller Unterstützung der FFG entwickelt.
Publikation in "PNAS": Winkler,
Paul, Stolzenburg, Dominik et.al. Rapid growth of organic aerosol nanoparticles over a wide tropospheric temperature
range. In: PNAS
DOI: 10.1073/pnas.1807604115
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