Guter Start beim informellen ECOFIN unter Österreichs Ratsvorsitz. Europäische Investitionsbank
(EIB), Leitzins und Kryptoanlagen als Agendapunkte – "Umsetzung einer EU-Digitalsteuer noch in diesem Jahr
möglich"
Brüssel/Wien (bmf) - Österreichs Finanzminister Hartwig Löger hat am ersten Sitzungstag (6. September)
das Thema „Krypto“ während des österreichischen Ratsvorsitzes auf der Finanzagenda voran gestellt. Europa,
so Löger, fehle es derzeit an einheitlichen Regeln im Umgang mit und Handel von Kryptoanlagen: „Dieser Markt
ist heute insbesondere im Vergleich zu anderen Branchen weitgehend unreglementiert. Es geht uns um klare Spielregeln
für Unternehmen, Kundinnen und Kunden sowie Konsumentinnen und Konsumenten, um Kryptoanlagen als Finanzinstrumente
nutzbar zu machen, und nicht um eine Überregulierung.“
„Mit einer Vision für Europa wollen wir den Standort für Kryptoanlagen attraktivieren und einen europäischen
Plan entwickeln, um uns in diesem aufsteigenden Segment stärker zu positionieren“, sagt Löger. Initial
Coin Offerings (ICOs) können ein wertvolles Instrument für europäische Unternehmen sein, um Zugang
zu Finanzierung zu erhalten. Finanzierungen über ICOs haben im März 2018 ein Volumen von mehr als 7 Milliarden
US-Dollar erreicht. Mit Juli ergab sich ein drastischer Rückgang auf 926 Millionen US-Dollar. Wachstumsfördernde
Regulierung soll dieses Potential für europäische Unternehmen als seriöses Finanzierungsinstrument
nutzbar machen und eine stabile Marktentwicklung ermöglichen. Gleichzeitig wird das Anlageuniversum durch
qualitativ hochwertige ICOs erweitert und Konsumentinnen und Konsumenten erhalten Zugang zu alternativen Investmentmöglichkeiten.
Die enge Abstimmung von Gesetzgeber, Aufsicht und Industrie ist entscheidend, um diese erfolgversprechenden Märkte
zu entwickeln.
„Bei unserer ersten Arbeitssitzung haben wir gemeinsam mit den Gouverneuren der Notenbanken die möglichen
Auswirkungen des zu erwartenden Anstiegs der Leitzinsen diskutiert, um fiskalpolitisch die richtigen Schlüsse
ziehen zu können. Wichtig für alle Mitgliedstaaten ist nämlich, auf die von der Europäischen
Zentralbank (EZB) angekündigte Normalisierung der Zinspolitik vorbereitet zu sein, die entsprechenden Strukturreformen
durchzuführen und ihre öffentlichen Finanzen zu sanieren“, betont der österreichische Finanzminister
Hartwig Löger.
Commitment zur fairen Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Plan zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion
„Wir wollen so rasch als möglich auf Basis des Vorschlages der Europäischen Kommission eine Digitalsteuer
umsetzen“, verkündete Löger am Ende des zweiten Sitzungstages (7. September) der informellen Tagung
der Wirtschafts- und Finanzministerinnen und -minister (ECOFIN) in Wien. Dabei hält er eine Einigung bis Ende
dieses Jahres für realistisch.
Die Digitalsteuer führt zur Besteuerung von digitalen Aktivitäten in den Mitgliedstaaten. Die Steuer
gilt für Umsätze, die durch Aktivitäten erzielt werden, bei denen User einen wesentlichen Teil der
Wertschöpfung beitragen. Betroffen sein sollen gemäß des Vorschlages der Europäischen Kommission
nur jene Unternehmen, die weltweite Umsätze in der Höhe von mindestens 750 Millionen Euro sowie EU-Umsätze
von mindestens 50 Millionen Euro erzielen.
„Breite Zustimmung gab es bei der informellen ECOFIN-Tagung insbesondere dafür, weitere Maßnahmen gegen
No-Tax- und Low-Tax- Systeme vorzubereiten. Wir wollen sicherstellen, dass der Gewinn großer Unternehmen
fair besteuert wird und das Aufkommen daraus steigt“, zeigte sich Löger über den Fortschritt der Gespräche
erfreut.
„Aus der Diskussion ging auch hervor, dass wir, die EU-27, in diesen Fragen eine möglichst einheitliche Position
der EU in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickeln sollen“, so
Löger.
Das unterstreiche auch die Position Frankreichs und Deutschlands, die eine so genannte Auslaufklausel („sunset-clause“)
vorschlugen. Das bedeutet, dass es eine Befristung der Digitalsteuer geben soll, bis man auf internationaler Ebene
eine Einigung gefunden hat.
Mittels neuer bzw. verbesserter Budgetinstrumente sollen strukturelle Schwächen in den Mitgliedstaaten gezielter
beseitigt werden.
„InvestEU ist ein Vorschlag der Kommission, der auf dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen
(EFSI) aufbaut“, erklärte Österreichs Finanzminister.
„Dieser Vorschlag soll rund 650 Milliarden Euro an zusätzlichen öffentlichen und privaten Investitionen
in den Bereichen Infrastruktur, Forschung, Innovation, Digitalisierung sowie bei kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU) und der Stärkung des sozialen Zusammenhalts mobilisieren. Dabei erwarten wir uns durch die Zusammenlegung
der 14 bereits bestehenden Finanzinstrumente eine Vereinfachung und Öffnung der Förderlandschaft.“
Im Kontext des nächsten Finanzrahmens 2021 bis 2027 hat die Kommission zwei Vorschläge zur Förderung
von Strukturreformen und makroökonomischer Stabilisierung vorgelegt.
„Mit Hilfe einer Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion (European Investment Stabilisation Function;
EISF) mit einem maximalen Darlehensvolumen von 30 Milliarden Euro und einem so genannten Reformhilfeprogramm (Reform
Support Programme; RSP) in der Höhe von insgesamt 25 Milliarden Euro bis 2027 sollen asymmetrische Schocks
abgefangen und Strukturreformen in den Mitgliedstaaten durchgeführt werden“, so Löger.
„Ich darf mich am Ende dieser Woche bei allen Beteiligten herzlich bedanken. Wien war in den letzten Tagen Finanzhauptstadt
Europas und ich glaube, wir haben Österreich als Gastgeber bestmöglich präsentiert“, schloss Löger.
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