Köstinger/Strasser/Moosbrugger: Rasche und unbürokratische Hilfe notwendig
Wels/Wien (bmnt) - Die außergewöhnlich hohen Temperaturen und die extreme Trockenheit in der
diesjährigen Vegetationsperiode haben in der österreichischen Landwirtschaft, aber auch im Forstbereich
sehr hohe Schäden verursacht, die in beiden Bereichen Millionenhöhe erreicht haben. Für viele Betriebe
bedeutet das eine ernsthafte existenzielle Gefährdung, rasches Handeln war ein Gebot der Stunde. Die Bundesregierung
hat daher gemeinsam mit der bäuerlichen Interessenvertretung ein Dürrehilfe-Paket geschnürt, das
am 6. September von Bundesministerin Elisabeth Köstinger, Bauernbund-Präsident Georg Strasser und
Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger beim agrarpolitischen Herbstauftakt im Rahmen der Fachmesse
"AgroTier" in Wels präsentiert wurde. Das Paket umfasst verschiedene Maßnahmen im Bereich
Agrarversicherungen, Kreditstundungen sowie Maßnahmen zur Wiederaufforstung in den Wäldern. Das Gesamtvolumen
des Pakets liegt bei rund 60 Mio. Euro, diese Mittel sollen zusätzlich zu den Maßnahmen, die schon bisher
gesetzt wurden, bereitgestellt werden, so Köstinger.
Rasche und unbürokratische Hilfe notwendig
"Wir haben eine besondere Verantwortung für unsere landwirtschaftlichen Betriebe. Es war uns daher wichtig,
rasch und unbürokratisch helfen zu können. Unser Paket beinhaltet Sofortmaßnahmen, aber auch Maßnahmen
zur Vorsorge für die Zukunft", unterstrich Köstinger. "Der Klimawandel ist nichts Abstraktes,
er trifft die Landwirtschaft mit voller Wucht. Davon konnte ich mich auch an Ort und Stelle bei den betroffenen
Betrieben überzeugen", berichtete Strasser. Die Bauern mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel seien
von den zunehmenden Witterungs-Extremereignissen besonders betroffen. "Der Präsentation dieses Unterstützungspakets
gingen intensive Gespräche der Bauernvertretung mit der Bundesregierung voraus. Umso mehr freut es mich, dass
nun ein konkretes Hilfspaket vorliegt, mit dem die Risikovorsorge attraktiver gestaltet wird und das auch eine
Soforthilfe für besonders betroffene Betriebe enthält", sagte Moosbrugger und dankte dem Bundeskanzler
und der Landwirtschaftsministerin.
Enorme Einbußen
Im heimischen Ackerbau liegen die Ernteausfälle aufgrund der extremen Trockenheit laut jüngsten Erhebungen
bei 10 bis 15%, im Grünland sind es regional bis zu 40%. Vielen Betrieben fehlt somit das Futter für
ihre Viehbestände. Das ist ein ernsthaftes und in vielen Fällen existenzielles Problem für die Betroffenen.
In der Forstwirtschaft rechnet das Ministerium mit Schäden von rund 38 Mio. Euro. Hauptbetroffen von Dürre
und Trockenheit sind Betriebe in Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg und Salzburg.
Umfangreiches Paket mit kurz- und mittelfristigen Maßnahmen
"Das Dürrehilfe-Paket beinhaltet eine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen - von der Soforthilfe
bis zur Unterstützung bei Vorsorgemaßnahmen, um sich gegen Schäden dieser Art besser versichern
zu können", erläuterte Köstinger. So wird die finanzielle Unterstützung für alle
Elementarrisikoversicherungen von 50% auf 55% angehoben. Damit steigt der bisherige Gesamtzuschuss zu diesen Prämien
von derzeit 63 Mio. auf künftig rund 75 Mio. Euro. Diese Zuschüsse teilen sich Bund und Länder.
Ein wesentlicher Punkt des Pakets ist die Einführung eines Prämiensystems für Tierausfallversicherungen.
Auch hier werden Prämien mit 55% bezuschusst, der Finanzaufwand dafür liegt bei maximal 11 Mio. Euro,
auch hier teilen sich Bund und Länder die Kosten.
Sonderkredit "Trockenheit" für Betriebe in betroffenen Regionen
Raten und Rückzahlungen für Agrarkredite können aufgrund dieser Ausnahmesituation leichter gestundet
werden, die Laufzeit von Krediten kann um ein Jahr verlängert werden. Das hilft Betrieben, die aufgrund der
Ausfälle und Schäden ansonsten mit ihren Zahlungen in Verzug geraten. Zusätzlich werden Agrarsonderkredite
"Trockenheit" für Betriebe in betroffenen Regionen aufgelegt. Die Darlehenshöhe reicht von
5.000 bis maximal 50.000 Euro. Der Bund gewährt Zinszuschüsse zu diesen Darlehen.
Soforthilfe für besonders betroffene Tierhalter
Für besonders betroffene tierhaltende Betriebe werden zudem 20 Mio. Euro als Soforthilfe bereitgestellt. Damit
soll insbesondere jenen Landwirten geholfen werden, denen infolge von Vieh-Notverkäufen der Verlust ihrer
wirtschaftlichen Grundlage droht. Auch hier teilen sich Bund und Länder die Kosten. Die Bundesmittel sollen
über Umschichtungen innerhalb der VP-Ressorts dem BMNT zur Verfügung gestellt werden.
Unterstützung für Waldbesitzer
Durch die extrem trockene und warme Witterung ist es in den heimischen Wäldern zu einer Massenvermehrung des
Borkenkäfers und einem sehr hohen Schadholzanfall gekommen. Laut Experten werden heuer die Rekordschäden
des Vorjahres (3,5 Mio. Festmeter) noch übertroffen. "Wir brauchen daher ein Programm zur Wiederaufforstung
unserer Wälder. Im Rahmen der Ländlichen Entwicklung werden insgesamt 20 Mio. Euro für Sofortmaßnahmen
bereitgestellt", informierte Köstinger. Ziel sei es, die Wiederaufforstung in Mischwäldern voranzutreiben,
denn diese Wälder seien gegen die Folgen des Klimawandels deutlich resistenter.
Bauernbund-Kampagne zur Verbesserung der Herkunftskennzeichnung gestartet
Strasser stellte heute auch die diesjährige Herbst-Kampagne des Bauernbundes vor. Diese ist der Verbesserung
der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in Österreich gewidmet. "Es handelt sich hier um ein langjähriges
agrarpolitisches Anliegen der Bauernvertretung. Für unsere kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft
ist es eine Überlebensfrage, dass unsere heimischen Produkte von den Konsumenten in den Regalen oder in der
Gemeinschaftsverpflegung gekauft werden. Das hilft den Bäuerinnen und Bauern, gleichzeitig leisten wir einen
Beitrag zum Klimaschutz. Wir sind froh, dass wir die verpflichtende Herkunftskennzeichnung im Regierungsprogramm
verankern konnten", unterstrich Strasser. Mit dem AMA-Gütesiegel sei in den vergangenen Jahren eine hervorragende
Basis geschaffen worden, auf der man weiter aufbauen wolle.
2015 hat die Landwirtschaftskammer Österreich die Aktion "Gut zu wissen" ins Leben gerufen, also
die freiwillige Herkunftskennzeichnung bei Fleisch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung. Das Land Niederösterreich
hat sich schnell bereit erklärt, diese Initiative zu unterstützen, und zwar überall dort, wo das
Land die Verantwortung für den Lebensmitteleinkauf trägt (Großküchen der Pflegeheime und Kliniken
sowie bei der Verpflegung in den Landesschulen). Mittlerweile wird an einem gemeinsamen Projekt mit dem Land Oberösterreich
gearbeitet.
"Mit der Bauernbund-Kampagne wollen wir dieser Aktion zu einem weiteren Schub verhelfen, die Landesbauernbünde
werden uns dabei unterstützen", so der Präsident. Als Werbeelemente wurden bereits "Gut zu
wissen"-Tafeln an die Bundesländer verschickt, die in den kommenden Tagen auf Feldern gut sichtbar aufgestellt
werden. Weiters werden die Herbstversammlungen des Bauernbundes genützt, um im ganzen Land die Initiative
zu bewerben. "Darüber hinaus werden wir Unterschriften sammeln für die Umsetzung unserer Forderungen
im Regierungsprogramm", so Strasser.
Moosbrugger: Bauern brauchen Sicherheit
"Damit unsere Bäuerinnen und Bauern die Bevölkerung weiterhin mit besten Lebensmitteln versorgen
und verstärkt nachwachsende Rohstoffe bereitstellen können, brauchen sie Sicherheit, und zwar nicht nur,
wenn Klima und Märkte verrückt spielen. Sie brauchen auch Sicherheit und längerfristige Planbarkeit
bei Produktionsmethoden und vor allem auch Verlässlichkeit bei den politischen Rahmenbedingungen. Das gilt
insbesondere für die künftige EU-Agrarpolitik, über deren Umgestaltung derzeit verhandelt wird",
unterstrich Moosbrugger. Die Landwirtschaftskammer erarbeitet derzeit eine Grünland- und Ackerbaustrategie
als Grundlage für die neuen Programme in der kommenden Periode der EU-Agrarpolitik.
"Viele Leistungen, welche die Landwirtschaft für die Gesellschaft erbringt, wie gepflegte Landschaft,
Schutz vor Naturgefahren oder höchste Umwelt- und Tierwohlstandards, werden nicht vom Markt abgegolten. Wir
wollen diese Leistungsvielfalt auch in Zukunft erbringen, dafür ist jedoch eine ausreichend dotierte EU-Agrarpolitik
notwendig", stellte Moosbrugger klar. Er verlangte zudem einen "spürbaren Abbau von unverständlichen
Verwaltungshürden und Vorschriften" und begrüßte mehr Spielräume in der GAP für
die EU-Mitgliedstaaten. "Es darf dabei aber nicht zu einer Renationalisierung der Agrarpolitik durch die Hintertüre
kommen", hielt der Präsident ausdrücklich fest.
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