Wien (onb) - Die beinahe zwei Quadratmeter große Weltkarte des Guiseppe Rosaccio stammt aus der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts und kam als Geschenk an die Österreichische Nationalbibliothek. Vor kurzem
konnte das wertvolle und äußerst seltene Werk erfolgreich restauriert werden.
Weltkarte aus der großen Zeit der Entdeckungen
Die Weltkarte stammt von Guiseppe Rosaccio (um 1530–1620), einem italienischen Arzt und Philosophen mit großem
Interesse für Kosmografie. 1597 ließ er in Venedig erstmals eine 111 x 188 cm große Karte mit
dem Titel "Universale Descrittione Di Tutto Il Mondo" herausgeben. Sie repräsentiert das geografische
Wissen des sogenannten "Entdeckungszeitalters" und zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus.
Auffallend ist etwa eine riesige Landmasse am unteren Rand der Karte. Dieser Südkontinent beruht auf einer
Hypothese des antiken Philosophen Aristoteles, der der Ansicht war, dass sich auf der Südhalbkugel ebenso
viel Land befinden müsse wie auf der Nordhalbkugel, damit die Erde nicht ins Trudeln gerät. Diese sogenannte
"Terra Australis" findet sich auf zahlreichen Karten, bis James Cooks Expeditionen im späten 18.
Jahrhundert ihre Nichtexistenz bewiesen.
Besonders bemerkenswert sind auch die zahlreichen bildlichen Darstellungen. Sie zeigen Seemonster ebenso wie Neptun,
den Gott des Meeres, der in einer von einem Seepferd getragenen Muschelschale über den Ozean fährt. Es
finden sich außerdem Szenen, die das Leben und die Bräuche der indigenen Völker Nordamerikas wiedergeben,
sowie allegorische Darstellungen der Kontinente Europa, Afrika, Asien und Amerika. Ausführliche Texte mit
geografischen und ethnografischen Erläuterungen ergänzen das Bild.
Die Karte ist in insgesamt fünf Ausgaben bekannt. Das nun restaurierte Exemplar entspricht der vierten Ausgabe
von 1647 und kam 2016 als Schenkung einer Privatperson, die anonym bleiben möchte, an die Österreichische
Nationalbibliothek.
Neue Restauriermethode
Die großformatige Karte ist ein auf Leinwand kaschierter, zehnteiliger Kupferstich auf Papier. Dieser
Druck war aus heutiger Sicht unsachgemäß gelagert und durch Feuchtigkeit und Insektenschäden schwer
beschädigt. Teile der Karte waren zudem mit einem kupferhaltigen Grünpigment bemalt worden, das sich
im Lauf der Zeit braun verfärbt und das Papier durch chemische Reaktionen stark abgebaut hat.
Die komplizierte Restaurierung dauerte insgesamt ein Jahr. Sie gelang durch jene Erkenntnisse, die im Rahmen eines
Forschungsprojekts des hauseigenen Instituts für Restaurierung gewonnen und nun erstmals erfolgreich angewendet
werden konnten. Sie ermöglichten u. a. die Trennung der kolorierten Druckgrafik von der Leinwand und die Abnahme
des Klebstoffes, was für die weitere Lagerung der wertvollen Karte unumgänglich ist. Durch Reinigung
und das Ergänzen der zahlreichen Fehlstellen ist die Karte wieder besser lesbar.
Derzeit wird das restaurierte Werk digitalisiert. Nach weiteren konservatorischen Maßnahmen steht es ab November
in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek für Forschungszwecke zur Verfügung.
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