Top-Themen für rund 9 von 10 Österreicher | 57 Prozent für gemeinsames europäisches
Asylsystem - Umfrage
Brüssel/Salzburg/Wien (ögfe) - „Der österreichische EU-Ratsvorsitz startet in einen heißen
Herbst. Die Liste der Herausforderungen ist lang. Geht es nach den Österreichern, so sollte sich die heimische
Vorsitzführung in den kommenden Monaten vor allem der Lösung der illegalen Migration, Themen der sozialen
Sicherheit und dem künftigen EU-Budget widmen. Ein weiterer Brocken, der Abschluss der Austrittsverhandlungen
mit Großbritannien, wird dagegen als weit weniger dringend empfunden“, sagt Paul Schmidt, Generalsekretär
der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), mit Bezug auf eine aktuelle ÖGfE-Umfrage,
die im Juli und August österreichweit durchgeführt wurde.
Fragt man die ÖsterreicherInnen, für welche Themen sich das Vorsitzland besonders einsetzen sollte, so
stehen für neun von zehn Befragten Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration in die EU an
oberster Stelle – 54 Prozent wäre es „sehr wichtig“, dass sich der heimische Ratsvorsitz diesem Thema annimmt,
37 Prozent „eher wichtig“. Nur insgesamt 7 Prozent wäre dies „eher“ oder „gar nicht wichtig“ (6 bzw. 1 Prozent).
57 Prozent sprechen sich dafür aus, dass es in der Europäischen Union künftig ein einheitliches
europäisches Asylsystem geben sollte. 38 Prozent treten dafür ein, dass jedes Mitgliedsland weiter sein
eigenes nationales Asylsystem haben sollte (5 Prozent „weiß nicht/Keine Angabe“).
44 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass das Thema „Asyl und Migration“ in der politischen Auseinandersetzung
in Österreich einen angemessenen Raum einnimmt. 36 Prozent sind dagegen der Meinung, dass das Thema zu viel
Platz beansprucht, 13 Prozent sehen Asyl und Migration in der heimischen Debatte noch unterrepräsentiert.
„Flucht- und Migrationsbewegungen und ihre Folgen dominieren nun schon seit drei Jahren maßgeblich den politischen
Diskurs und fördern dabei massive EU-interne Auffassungsunterschiede zutage. Solange grundsätzlich konträre
Ansätze einander blockieren, wird jedoch kaum eine adäquate, faire und mit den Grundsätzen des Menschenrechts
konforme Lösung gefunden werden, die nachhaltig ist und das Sicherheitsbedürfnis der EU-BürgerInnen
berücksichtigt. Ein einheitliches europäisches Asylsystem – so herausfordernd dessen Realisierung auch
sein mag – könnte diese Anforderungen vereinen und zu einem besseren Ausgleich zwischen den Mitgliedstaaten
führen“, hält Schmidt fest.
Neben der Asyl- und Migrationsthematik nimmt allerdings für die ÖsterreicherInnen die Erhöhung der
sozialen Sicherheit in Europa einen praktisch gleich hohen Stellenwert ein: 84 Prozent möchten, dass dies
eine Priorität des heimischen Ratsvorsitzes sein sollte (50 Prozent „wäre mir sehr wichtig“, 34 Prozent
„eher wichtig“), während etwa ein Zehntel nicht diese Ansicht vertritt (7 Prozent „eher nicht wichtig“, 4
Prozent „gar nicht wichtig“).
Und auch ein drittes großes Thema sollte auf der Prioritätenliste des österreichischen Vorsitzes
nach Meinung der ÖsterreicherInnen weit oben stehen – die Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen.
Für insgesamt 85 Prozent wäre es „sehr wichtig“ (39 Prozent) bzw. „eher wichtig“ (46 Prozent), diese
voranzubringen, während dies für etwas mehr als ein Zehntel „eher nicht“ (11 Prozent) bzw. „gar nicht
wichtig“ (2 Prozent) ist.
„Die Prioritätenliste der Österreicher für den heimischen EU-Ratsvorsitz spiegelt die Geschehnisse
der vergangenen Jahre wieder und ist nicht zuletzt ein Abbild der aktuellen heimischen politischen Diskussion.
Dies erklärt das hohe Sicherheitsbedürfnis innerhalb der Bevölkerung sowie den Wunsch nach sozialer
und gesellschaftlicher Stabilität. Ein europaweiter Trend, der sich auch in der Ausgestaltung des künftigen
EU-Finanzrahmens niederschlagen sollte.“
Als weniger bedeutsam werten die ÖsterreicherInnen hingegen zwei andere Bereiche. So betrachtet nur knapp
die Hälfte der Befragten (48 Prozent) einen Abschluss der Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien in
der Zeit des heimischen EU-Ratsvorsitzes als „sehr wichtig“ (19 Prozent) bzw. „eher wichtig“ (29 Prozent). Ein
etwa gleich hoher Prozentsatz (47 Prozent) meint, dass eine Vereinbarung zwischen Brüssel und London zur Zeit
des heimischen Vorsitzes „eher nicht wichtig“ (33 Prozent) oder „gar nicht wichtig“ (14 Prozent) wäre.
Ebenso wenig sehen die ÖsterreicherInnen die Annäherung der Länder des Westbalkans an die EU als
Top-Priorität des heimischen EU-Vorsitzes: Zwar wäre dieses Thema insgesamt 42 Prozent der Befragten
„sehr wichtig“ (16 Prozent) bzw. „eher wichtig“ (26 Prozent). Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) sieht
dies jedoch nicht so und antwortet „eher nicht“ (32 Prozent) oder „gar nicht wichtig“ (20 Prozent).
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 25.
Juli bis 8. August 2018 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 277). Befragt wurden österreichweit
510 Personen per Telefon repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung
nach Geschlecht, Alter und Bildung. Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,34 Prozent. Rest auf 100 Prozent = „weiß
nicht/Keine Angabe“.
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