New York/Wien (onb) - Die 630 Handschriften der Ambraser Sammlung sind am 14. September in die österreichische
Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen worden. Die wertvollen Objekte, die großteils in der Österreichischen
Nationalbibliothek verwahrt werden, zählen zum historischen Kernbestand der ehemaligen Hofbibliothek. Unter
ihnen befinden sich Meisterwerke wie die "Wenzelsbibel" oder das berühmte "Ambraser Heldenbuch".
Die Sammlung ist bereits die 16. erfolgreiche Nominierung der Österreichischen Nationalbibliothek für
die "Memory of Austria"-Liste der UNESCO.
Die Ambraser Handschriften
Zusammen mit Gemälden, Skulpturen, Waffen und Kuriositäten gehörten die nun ausgezeichneten
Handschriften zur Kunst- und Wunderkammer auf Schloss Ambras bei Innsbruck. Diese Wunderkammer wurde von Erzherzog
Ferdinand II. von Tirol (1529–1595) gegründet und später ausgebaut; besonders bemerkenswert ist dabei
die Büchersammlung Kaiser Maximilians I.
Nachdem die Tiroler Linie der Habsburger ausgestorben war, ließ Kaiser Leopold I. einen Großteil der
Sammlung 1665 nach Wien überführen. Der damalige Präfekt der Hofbibliothek Peter Lambeck verzeichnete
knapp 600 Handschriften und über 1.400 Druckwerke. 1806 wurden die restlichen Bestände vor den Truppen
Napoleons in Sicherheit nach Wien gebracht, wo sie später in das Kunsthistorische Museum eingegliedert wurden.
1936 schließlich wurden diese Teile mit wenigen Ausnahmen an die Österreichische Nationalbibliothek
übergegeben.
Heute umfasst die Sammlung der Ambraser Handschriften rund 630 Bände aus den verschiedensten Wissenschaftsgebieten
– eine genaue Zahl ist angesichts der komplizierten Sammlungsgeschichte nicht möglich. Das älteste Werk
stammt aus dem 5. Jahrhundert und überliefert als einzige Handschrift einen wichtigen Abschnitt aus dem sonst
nur fragmentarisch erhaltenen Geschichtswerk "Ab urbe condita" des antiken Historikers Titus Livius.
Auch das "Ambraser Heldenbuch" mit seinen mittelalterlichen Heldenepen und die Prachthandschriften für
König Wenzel IV. sind Teil der Sammlung. Zu letzterer gehören etwa die mehrbändige "Wenzelsbibel"
und die berühmte "Goldene Bulle": Diese Prachtabschrift eines der wichtigsten Rechtsdokumente des
Heiligen Römischen Reiches wurde gemeinsam mit den sieben Originaldokumenten bereits 2013 in die "Memory
of the World"-Liste der UNESCO aufgenommen. Optis! ch beeindruckend sind auch die von Erzherzog Ferdinand
II. in Auftrag gegebenen Naturstudien; zu den Hauptwerken zählt hier das von Giorgio Liberale vor 1580 angefertigte
Bilderalbum zur Tierwelt der Adria.
Ein Großteil der nun ausgezeichneten Sammlung wird heute in der Österreichischen Nationalbibliothek
verwahrt, ein weiterer Teil im Kunsthistorischen Museum Wien. Besondere Werke daraus können ab 15. März
2019 im Prunksaal besichtigt werden, wenn anlässlich des 500. Todestages von Maximilian I. die Sonderausstellung
"Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger" gezeigt wird.
UNESCO-Weltdokumentenerbe
Kulturgeschichtlich einzigartige Dokumente, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit
repräsentieren, werden seit 1992 von der UNESCO im "Memory of the World"-Programm mit dem Titel
"Weltdokumentenerbe" ausgezeichnet. Unter den derzeit 427 Eintragungen im Weltregister finden sich 15
österreichische Nominierungen, acht davon stammen aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek.
2014 wurde von der Österreichischen UNESCO-Kommission ergänzend zum Weltregister auch eine nationale
Liste zum österreichischen Dokumentenerbe der Öffentlichkeit vorgestellt: "Memory of Austria".
Das österreichische Register listet mit der heutigen Nominierungsrunde 59 für die Geschichte und Kultur
Österreichs besonders bedeutsame Dokumente und Sammlungen auf. Darunter befinden sich 16 Einreichungen der
Österreichischen Nationalbibliothek.
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