Erlesenes aus der Kunstkammer Würth – Ausstellung im Nordoratorium des Salzburger Doms
bis 11. November 2018 verlängert
Salzburg (domquartier) - Seit Mitte Mai diesen Jahres zeigt sich im Nordoratorium eine Facette der Sammlung
Würth, die angesichts der zahlreichen Sammlungsauftritte zur modernen und zeitgenössischen Kunst in Salzburg
bislang weniger deutlich in der öffentlichen Wahrnehmung hervorgetreten ist: die Kunstkammer Würth.
Die WUNDERKUNST-Ausstellung ist eine der seltenen Gelegenheiten, diese Facette näher kennen zu lernen. Denn
obwohl eine Auswahl der Preziosen aus der Kunstkammer-Kollektion des Unternehmers, Kunstsammlers und Mäzens
Reinhold Würth seit 2005 die Präsentation des Bode-Museums auf der Berliner Museumsinsel ergänzt,
ist ihre Zurschaustellung immer noch eine Besonderheit.
Die Schau in Salzburg umfasst überwiegend Werke des 17. Jahrhunderts, darunter fantasievoll gestaltete Pokale
und Trinkgefäße aus kostbaren Materialien sowie Schnitzereien aus Elfenbein, Alabaster und Buchsbaum
? geschaffen von den besten Meistern ihrer Zeit.
Unter der Rubrik "Kunstkammer modern" werden zudem ausgewählte "Kunstkammerobjekte" zeitgenössischer
Künstler zu sehen sein.
Höhepunkte dieser in drei Jahrzehnten gewachsenen Sammlung sind der legendäre Erbschenkenpokal Kaiser
Maximilians II., ein hochbedeutendes Meisterwerk deutscher Goldschmiedekunst der Hochrenaissance, sowie Prunkstücke
von Leonhard Kern bis Matthias Steinl. Insgesamt werden 70 erlesene Trouvaillen im Nordoratorium präsentiert,
die ob ihrer Materialität, Kunstfertigkeit und Erfindungsgabe in ihren Bann ziehen.
Eine ideale thematische Ergänzung: In unmittelbarer Nachbarschaft der Ausstellung, im südlichen Dombogen,
befindet sich die ehemalige fürsterzbischöfliche Kunst-und Wunderkammer aus dem 17. Jahrhundert. Ein
Schwerpunkt der Kunstkammer Würth liegt auf Werken von Leonhard Kern (1588 - 1662), einer der bedeutendsten
deutschen Bildhauer der frühen Barockzeit. Grund ist neben der herausragenden Qualität seines Werkes
die gemeinsame Herkunft des Künstlers und des Sammlers aus Hohenlohe. Während seiner langjährigen
Italienreise erhielt Kern einen Eindruck der Kunst Giovanni Bolognas, die sein ganzes Œuvre geprägt hat. Seine
meist kleinformatigen Arbeiten sind vor allem aus Elfenbein und Holz gefertigt, aber auch Alabaster, Stein und
Bronze wurden verwendet.
Kunst, Kultur und soziales Engagement bei Würth
Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Kabarett und Sportaktivitäten sind ein zentraler Bestandteil der intensiven
Unternehmenskultur bei Würth. Die Kunstsammlung, deren Grundstein Reinhold Würth in den 1960er Jahren
legte, umfasst heute rund 18.000 Kunstwerke aus 500 Jahren. Mit der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall
und 13 weiteren Museen und Kunstdependancen in ganz Europa ermöglicht Würth der breiten Öffentlichkeit
den Zugang zur Kunst - bei meist freiem Eintritt. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen durch die
Stiftung Würth gemeinnützige Einrichtungen und fördert eine Vielzahl von Projekten aus Kunst und
Kultur, Forschung und Wissenschaft sowie Bildung und Erziehung.
Die Sammlung Würth in Salzburg
Der Würth Skulpturen Garten bei Schloss Arenberg und die Skulpturen des Walk of Modern Art, die seit 2013
zur Sammlung Würth gehören, sind nur ein weiterer Ausdruck der besonderen Verbundenheit zwischen der
Stadt Salzburg und Würth. Denn diese besteht seit 1991, als ein erster Überblick über die noch junge
Firmenkollektion vor Ort im Rupertinum und in der Villa Arenberg zu sehen war. Seitdem wird ein reger Dialog unter
den Kulturverantwortlichen gepflegt, der seitens Würth auch durch die ganz persönliche Widmung des Unternehmers
und Kunstsammlers Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth gegenüber der Stadt getragen wird.
Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth: "Es ist mir eine besondere Freude, die Objekte unserer Kunstkammer
Würth hier im Herzen von Salzburg zu zeigen, auch, weil Salzburg mir in all den Jahren zur zweiten Heimat
geworden ist. Die Kunstkammerobjekte sind Meisterwerke handwerklicher Kunst, egal ob es sich um die Elfenbeinschnitzereien
der aus Hohenlohe stammenden Künstlerfamilien Sommer und Kern, um Humpen und Pokale aus den Werkstätten
der Augsburger Silberschmiede oder venezianischer Meister handelt. Jedes Showstück lädt zum Verweilen
ein und dokumentiert die Hochkultur der Bildhauer, der Gold- und Silberschmiede der letzten 500 Jahre. Ich selbst
verneige mich in großen Respekt, mit Staunen und Bewunderung vor dem Können der Alten Meister."
Die Würth-Gruppe
Würth ist Weltmarktführer für Montagetechnik. Mit über 400 Gesellschaften in mehr als 80 Ländern,
über 73.000 Mitarbeitern und mehr als 12 Milliarden Euro Umsatz (2017) zählt die Würth-Gruppe zu
den großen deutschen Familienunternehmen. Der Name Würth ist in Handwerk, Bau und Industrie weltweit
ein Synonym für Qualität und Zuverlässigkeit.
Kunstkammern ? Wundern und Staunen
Eine Kunst- und Wunderkammer war, wie der Name schon sagt, eine Ansammlung von Werken der Kunst und von Objekten
aus der Natur. Man unterschied ihren Inhalt daher in "Artificialia", also künstliche und "Naturalia",
natürliche Objekte. Die einen waren das Werk des Menschen, die anderen galten als das Werk Gottes. In ihrer
Gesamtheit sollte die Kunst- und Wunderkammer den Kosmos abbilden.
Kunstkammern entstanden vornehmlich während des 16. und 17. Jahrhunderts an den fürstlichen Höfen
Europas. Man könnte dieses Phänomen als neuartigen Sammlungstypus der adligen Herrscher bezeichnen, wobei
einzigartige Kuriositätenkabinette mit exquisiten Kollektionen kunsthandwerklicher Schöpfungen gefüllt
wurden. Die Fürsten waren damit zwar Förderer von Künsten und Wissenschaft, jedoch waren diese Sammlungen
der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Sie sollten Spiegel des explodierenden Wissens der Welt sein und
dienten in erster Linie dem privaten Vergnügen und gesellschaftlichen Prestige.
Gedrechselte Kostbarkeiten aus fürstlicher Hand
Das Dilettieren, die Betätigung der Fürsten in den Künsten, war Teil der Prinzen- und Prinzessinnenerziehung,
und darüber hinaus Bestandteil des fürstlichen Alltags. Auch das Elfenbein-Drechseln gehörte als
recréation zum Kanon hochadeliger Kunstübung.
Hof- und Kammerdrechsler leiteten die Fürsten an. Der berühmte Matthias Steinl zum Beispiel lehrte Leopold
I. (reg. 1658-1705). Sie waren hoch bezahlte Spezialisten einer Maschinenkunst, die in ihrem perfekten Zusammenspiel
von Mathematik und Technologie, Präzision und Virtuosität als Sinnbild für die von Gott gegebene,
planvolle Herrschaft galt.
Bernstein, Gold & Elfenbein …
Die Kunstkammer vereinigte in sich besondere Hervorbringungen der Natur mit Objekten der Kunst und der Wissenschaft.
Dabei wurden Materialien verwendet, die sich durch ihre Seltenheit, Exotik oder Verwunderungswürdigkeit auszeichneten.
Ergebnis konnten in Gold gefasste Korallen oder Pokale der Nautilusschale sein, welche von Seefahrern auf den ost-
und westindischen Handelsrouten entdeckt worden sind; aber auch von den Fürsten persönlich gedrechselte
Objekte aus afrikanischem Elfenbein oder erlesene Edelsteine in feinster Vollendung.
Die ehemalige fürsterzbischöfliche Kunst- und Wunderkammer
Kunstkammern, deren historische Einrichtung noch erhalten ist, gibt es wenige in Europa. Eine davon ist Salzburgs
Kunst- und Wunderkammer im südlichen Dombogen. Marmorboden, stuckierte Gewölbe und Mobiliar stammen aus
der Gründungszeit der fürsterzbischöflichen Kunstkammer um 1668-1670.
Die originale Sammlung ging jedoch nach dem Ende des Erzstifts 1803 für Salzburg verloren. Die Gründung
des Dommuseums 1974 war Anlass, dem Raum seine ursprüngliche Funktion anhand der alten Inventare wiederzugeben.
Die neue Kunst- und Wunderkammer mit Objekten aus dem Kunsthandel und Leihgaben der Erzabtei St. Peter sowie aus
Privatbesitz vereint im Sinne einer Universalsammlung des 17. Jahrhunderts Gegenstände aus Natur, Kunst und
Technik.
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