Trinkwasserrichtlinie der Europäischen Union gefährdet Lebensmittel Nr. 1 - Regionale
Versorgung in öffentlicher Hand soll gestärkt werden
Brüssel/Eisenstadt (blms) - Die im Februar 2018 vorgelegte Novelle der EU-Trinkwasserrichtlinie sorgt
in der Bevölkerung und bei Wasserversorgungseinrichtungen für heftigen Gesprächsstoff. Experten
sehen die hervorragende Trinkwasserversorgung in den ländlichen Regionen in Gefahr. Hauptkritikpunkt: Die
Europäische Union will zusätzliche Kontrollauflagen einführen, die zu einer Kostenexplosion bei
kleineren, regionalen Wasserversorgern führen würden. Umweltlandesrätin Mag.a Astrid Eisenkopf,
Landtagspräsident Christian Illedits und LAbg. Klubobfrau Ingrid Salamon sprachen sich am 12. September ganz
klar gegen diese Änderung der Richtlinie aus. „Liberalisierung und Privatisierung dürfen im Bereich der
Daseinsvorsorge keine Themen sein. Der neue Entwurf der EU-Trinkwasserrichtlinie bringt nämlich massive Auswirkungen
für die öffentlichen, kleinen Wasserversorger und vor allem wieder Hintertürchen zur Privatisierung
der Wasserversorgung mit sich. Es braucht ein klares Bekenntnis zur öffentlichen Wasserversorgung. Negativbeispiele
der Privatisierung der Wasserversorgung sind bereits aus Frankreich und Großbritannien bekannt. Diese Zustände
brauchen wir nicht“, so Umweltlandesrätin Mag.a Astrid Eisenkopf.
In Österreich gibt es rund 5.500 Wasserversorgungsunternehmen. Zwei Drittel davon sind kleine Wasserversorger,
die weniger als 100 Kubikmeter pro Tag zur Verfügung stellen. Diese klein strukturierte, oft auch von Genossenschaften
getragene Versorgung hat sich in immer sehr gut bewährt. In den letzten Jahren bzw. auch Jahrzehnten hat es
allerdings immer wieder Anläufe gegeben, wo über rechtliche Konstrukte und Regelungen versucht wird,
diese Gemeinnützigkeit auszuhebeln. In Österreich bringen die Auswirkungen dieser Richtlinie vor allem
Kostensteigerungen aufgrund von einem erhöhten Aufwand in der Probenentnahme und in den Untersuchungen mich
sich. Laut einer von der Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) beauftragten
Studie der Universität für Bodenkultur würden die Untersuchungskosten bei kleinen Wasserversorgern
nach Inkrafttreten der Trinkwasserrichtlinie in der von der Kommission geplanten Form von derzeit rund 250 Euro
auf rund 18.000 Euro pro Jahr steigen.
„Wasser ist ein komplexes Thema. Bei diesem Paradebeispiel ist die Europäische Union gefordert, zu zeigen,
dass sie ihre Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und im Stande ist, vor allem im Sinne nachfolgender
Generationen vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen. 1,8 Millionen Menschen haben sich per Unterstützung
einer Europäischen Bürgerinitiative bereits dafür eingesetzt, freien Zugang zu sauberem Trinkwasser
für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Diese Stimmen müssen gehört werden!
Bei allen Mechanismen, die wir zur Erreichung dieses Zieles in Bewegung setzen, muss die Relation zu den damit
verbundenen Kosten in einem leistbaren Rahmen gewahrt bleiben. Keinesfalls darf Wasser zur Handelsware werden“,
betonte Landtagspräsident Christian Illedits, der als Vertreter des Burgenlandes diesen Standpunkt bereits
auch im Ausschuss der Regionen zum Ausdruck gebracht hat.
Das Burgenland verfügt über Trinkwasser in höchster Qualität, die auch streng kontrolliert
wird, und ist in der glücklichen Lage, dass man - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern - den gesamten
Trinkwasserbedarf aus geschützten Grundwasservorkommen abdeckt. Durch eine umfassende Überwachung ist
ein hohes Schutzniveau für die Trinkwasserversorgung sichergestellt. Und: Das Burgenland ist das einzige Bundesland,
dass die öffentliche Wasserversorgung über gemeinwirtschaftliche Verbände sogar in der Landesverfassung
verankert hat.
Dazu SPÖ-LAbg. Klubobfrau Ingrid Salamon: „Beim Wasser als Lebensmittel Nr. 1 brauchen wir keine Experimente!
Wir werden daher bei der nächsten Landtagssitzung am 20. September 2018 über einen von den Regierungsparteien
eingebrachten Antrag diskutieren. Dieser Antrag hält fest, dass im Zuge der Revision der EU-Trinkwasserrichtlinie
keine Regelungen verankert werden, die zur Forcierung der Liberalisierung bzw. Privatisierung und der Verpflichtung
zur Wasseraufbereitung beitragen, der wirtschaftliche Vergleichsdruck in der Branche nicht verschärft wird,
die Wasserversorger nicht mit neuen Auflagen, Verpflichtungen und bürokratischen Hindernissen belastet werden
und die Wasserversorgung in öffentlicher Hand gestärkt wird. Wir hoffen bei diesem wichtigen Entschließungsantrag
auf einen breiten Schulterschluss im Landtag!“
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