Studium 4.0 – Virtual Reality, 3D-Modellierung, Big Data und Simulationstrainings für
mehr Patientensicherheit
Wien (meduni wien) - Zukunft beginnt jetzt – das ist das Motto im Medizinstudium an der MedUni Wien und
auch bei der ab kommenden Mittwoch in Wien stattfindenden Tagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
(GMA), der größten Veranstaltung zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum. Denn jetzt beginnen Techniken
wie Virtual Reality, 3-D-Modellierung, Big Data und Simulationstrainings in Lehre und Studium vermehrt einzufließen
bzw. sind sie bereits im praktischen Einsatz.
Ab 2019 wird Virtual Reality fixer Bestandteil im Curriculum der MedUni Wien. Gleichzeitig sollen begleitende,
wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit dieser begleitenden Maßnahme aufzeigen. Derzeit werden digitale
bzw. technische Hilfsmittel hauptsächlich an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde
im dortigen Pädiatrischen Simulationszentrum eingesetzt –interprofessionell werden Notfallsituationen bei
Kindern simuliert und trainiert.
Dabei, so Michael Wagner, Leiter des Projekts von der Abteilung für Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin
und Neuropädiatrie der MedUni Wien, ist es einerseits möglich, dass der Teamleiter (oder auch eine andere
beteiligte Person) eine Eye-Tracking-Brille trägt, wodurch dessen Blickrichtung und Aufmerksamkeit aufgenommen
und später evaluiert werden kann: „Damit können wir Abläufe verbessern und auch kontrollieren, was
die einzelnen Teammitglieder wirklich in so einer Notfallsituation mitbekommen und exakt aufzeigen, wo Verbesserungsbedarf
liegt.“ Digitalisierung spielt auch in diesem Bereich eine wichtige Rolle, mithilfe von technischen Hilfsmitteln
(Feedback-Geräten) bzw. hochmodernen Simulationspuppen kann das Training noch deutlich realistischer und effizienter
gestaltet werden.
Andererseits gibt es auch die Möglichkeit, mit Hilfe einer Virtual Reality-Brille – ähnlich wie beim
Gaming – Notfälle lebensecht darzustellen und ebenfalls die einzelnen Aktionen der Handelnden, dabei können
auch mehrere Personen zusammengeschaltet werden, zu analysieren. Wagner: „Dabei gibt es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade.
Außerdem können Stressoren wie laute Geräusche aus der Notaufnahme oder aufgeregte Eltern zugeschaltet
werden, um den Druck je nach Erfahrungslevel zu erhöhen und schwierige Situationen zu trainieren, um im Ernstfall
für die optimale Patientenversorgung gewappnet zu sein.“
Virtual Reality und zunehmende Digitalisierung ist im Studium nur der Anfang und startet mit dem 3. Studienjahr
– am Ende steht der Einsatz des so Erlernten in der Praxis, etwa im Klinisch-Praktischen-Jahr durch kontinuierliches
Training und Überprüfungen. Wagner: „Durch medizinische Simulation können die Studierenden frühzeitig
Erfahrungen in einem geschützten Bereich als Team sammeln, damit der reale ‚Erstfall nicht zum Ernstfall‘
wird“.
„Digitalisierung“ für mehr Patientensicherheit
In der Zahnheilkunde und beim Studium der Zahnmedizin wird der konventionelle Zahnabdruck mit dem Abformlöffel
schon jetzt immer mehr durch digitale Techniken ersetzt. Mit Hilfe der CAD/CAM (computer-aided design/computer-aided
manufacturing) werden die Zähne kontaktlos im Mund optisch mittels Scanner abgetastet, danach kann aus den
gewonnenen Bilddaten ein 3-D-Modell gemacht werden. Sind der optische Abdruck und die virtuelle Konstruktion erfolgt,
wird mit der computergestützten Fräsmaschine (CAM) der Zahnersatz gefertigt. Ähnliche 3-D-Muster
sollen künftig auch bei Atemwegsmodellen oder Venenpunktionsmodellen eingesetzt werden. Hier, wie auch bei
Virtual Reality, fließt Big Data ins Zahnmedizinstudium ein.
Neben den neuen Techniken gilt es aber auch, die bisherigen Skills weiter zu stärken, etwa die Kommunikation
in der Ärzteausbildung: „Die Integration innovativer, digitaler Techniken in das Medizinstudium soll unsere
Studierenden fit machen für ihren zukünftigen Beruf. Es braucht aber mehr um Studierende zu guten Ärzten
oder Ärztinnen auszubilden. Neben dem Erlernen und Üben klinisch, praktischer Fertigkeiten sind soziale
und kommunikative Kompetenzen zentrale Fähigkeiten eines guten Arztes oder einer guten Ärztin. In Lehrveranstaltungen
wie z.B. „Ärztliche Gesprächsführung mit SimulationspatientInnen“ können Studierende kommunikative
und praktische Fähigkeiten üben und sich dadurch darauf vorbereiten, schwierige Gesprächssituationen
zu meistern“, erklärt Anita Holzinger, Professorin für Curriculumentwicklung an der MedUni Wien und GMA-Tagungspräsidentin.
Das unterstreicht auch Michael Wagner: „Simulationstraining, Virtual Reality, die Arbeit an 3-D-Modellen, aber
auch interprofessionelles Teamwork und Kommunikation dürfen nie einzeln betrachtet werden – nur wenn alles
zusammen gut funktioniert, führt dies zu einer Erhöhung der Patientensicherheit.“
Staatspreis für exzellente Lehre
Dass die MedUni Wien fit für den Schritt ins Studium 4.0 ist, zeigt eine renommierte Auszeichnung, die
im Frühjahr 2018 an Lehrende der Medizinischen Universität vergeben wurden: Ein Unterrichtsprojekt der
MedUni Wien wurde mit dem Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre ausgezeichnet. Die Verantwortlichen
für das Projekt „Echokardiographie/Anatomie – Blended Learning“ – Thomas Binder, Anahit Anvari-Pirsch, Wolfgang
Weninger und Matthias Schneider – holten den Preis in der Kategorie "Digitale Lehr- und Lernelemente in Verbindung
mit traditionellen Vermittlungsformen". Außerdem wurde eine weitere Lehrveranstaltung der MedUni Wien,
"Interdisziplinäre Fallkonferenzen – kompakt", wurde für die Shortlist nominiert. Wagner selbst
wurde beim Austrian Patient Safety Award der Österreichischen Plattform Patientensicherheit mit einem Anerkennungspreis
für interprofessionelles Teamtraining in der Ausbildung ausgezeichnet.
„Es ist uns an der Medizinischen Universität Wien sehr wichtig, unsere Studierenden besonders auch auf diese
Zukunft vorzubereiten, eine Zukunft des enormen technologischen Fortschritts jedoch gepaart mit allen Fähigkeiten
die einen Arzt und eine Ärztin ausmachen, so auch der ärztlichen Kommunikationsfähigkeit, einer
professionellen ärztlichen Haltung und Teamorientierung“ betont Anita Rieder, Vizerektorin für Lehre
an der MedUni Wien.
GMA-Tagung 2018 in Wien
Der gemeinnützige Verein GMA wurde 1978 als Zusammenschluss von deutschsprachigen Lehrenden und Lernenden
gegründet und hat zum Ziel, medizinische Aus- und Weiterbildung anzuregen und zu unterstützen. Jährlich
findet die GMA-Tagung in einer anderen Stadt im D-A-CH-Raum mit rund 1.200 TeilnehmerInnen statt – 2018 im Hörsaalzentrum
der MedUni Wien (19.-22.9.). Themenschwerpunkt ist die „Einheit von Forschung und Lehre“ sowie die Vermittlung
wissenschaftlicher Forschungskompetenz im Studium. Es gibt auch eine neue Form der interaktiven Diskussion: Während
der einzelnen Vorträge besteht die Möglichkeit, online Fragen zu stellen, die gesammelt und später
in einer eigenen Session vom jeweiligen Referenten bzw. Referentin behandelt werden.
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