Kongress führt Forscher und Betroffene in Wien zusammen
Wien (acv) - Bei der Huntington-Krankheit handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung des Gehirns,
für die es bisher noch keine Heilung gibt. Von 14.-16. September tagt das European Huntington’s Disease Network
im Austria Center Vienna: Dabei werden neue Erkenntnisse diskutiert, die Hoffnung auf Heilung geben. Darüber
hinaus erhalten Betroffene und ihre Familien konkrete Hilfestellung zum Leben mit der Erkrankung und können
sich im Rahmen von „Meet the Expert“-Veranstaltungen informieren.
„Ein zentrales Problem der Huntington-Forschung ist die Datenlage: Aufgrund der Seltenheit der Krankheit ist die
Gewinnung aussagekräftiger Daten ein langwieriger Prozess, in dem uns auch die Kollegen aus Österreich
tatkräftig unterstützen. Nun liegen die Ergebnisse verschiedener Studien vor, die die Forschung ein großes
Stück weitergebracht haben,“ so Prof. Dr. Jean-Marc Burgunder, Leiter des Schweizerischen Huntington-Kompetenzzentrums
und Vorsitzender des European Huntington’s Disease Network.
Information und Netzwerken: Treffpunkt für Forscher und Patienten
Neben dem Austausch von neuesten Erkenntnissen zu Biologie und Therapie der Huntington-Krankheit ist der Kongress
in Wien vor allem dem Netzwerken gewidmet: Patienten und deren Angehörige können sich dabei zum einen
untereinander vernetzen, zum anderen aber auch mit Forschenden und Vertretern der Huntington-Zentren zusammenkommen.
„Gerade unmittelbar nach der Diagnose der Krankheit ist es für die Patienten wichtig, dass ihre Symptome ernstgenommen
werden und der Informationsbedarf auf Seiten der Angehörigen ist naturgemäß sehr hoch. Auch das
Thema Kinderwunsch ist für Genträger sehr sensibel – hier gilt es zu informieren und Hilfestellung zu
geben,“ gibt Burgunder zu bedenken.
600-800 Huntington-Patienten in Österreich
Die Huntington-Krankheit, früher auch Veitstanz genannt, ist eine seltene Erbkrankheit, die durch einen
Gendefekt ausgelöst wird: Das aus dieser genetischen Information hergestellte Protein ist in seiner Wirkung
eingeschränkt und lagert sich gleichzeitig im Gehirn ab. Diese Ablagerung führt zum Absterben von Gehirnzellen
und zum Ausbruch der Krankheit – in den meisten Fällen zwischen dem 40.-45. Lebensjahr. Huntington kommt weltweit
vor, ist in europäischen Populationen bzw. in Populationen mit europäischer Abstammung jedoch am stärksten
verbreitet: Statistisch werden 6-12 von 100.000 Personen mit dem Gendefekt geboren. In Österreich gibt es
derzeit 600-800 Huntington-Patienten, wobei beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sind.
Kampf gegen die Symptome – und die Ursachen
Bisher wurden stets nur die Symptome der Huntington-Krankheit behandelt: z. B. die charakteristischen Bewegungsstörungen,
die Assoziationen zu einem Tanz wecken können und denen die Krankheit ihren historischen Namen verdankt. In
einer großangelegten Studie, an der auch Österreich beteiligt war, wurde zuletzt ein Medikament getestet,
das diese unwillkürlichen Bewegungen unterdrückt. Darüber hinaus kommt es jedoch auch zu kognitiven
Störungen, die es schwer machen z. B. Neues zu erlernen oder Zusammenhänge zu verstehen und die die Fähigkeit
zum selbstbestimmten Leben zunehmend einschränken. Für die Patienten wiegen jedoch die psychiatrischen
Störungen wie Angststörungen und Depressionen am schwersten.
Die Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Studie geben Hoffnung, dass auch die Ursachen der Krankheit
medikamentös behandelt werden könnten: „Dies ist sicherlich ein großer Schritt für die Forschung,
da die Therapie sehr nah an der Genstörung ansetzt: Die Weitergabe der Geninformation wird blockiert, wodurch
es zu weniger Eiweißablagerungen und zu weniger Funktionsstörungen im Gehirn kommt,“ erläutert
Burgunder. Zwar waren die Studienergebnisse auch in Sachen Wirksamkeit bereits sehr vielversprechend, allerdings
handelte es sich zunächst nur um eine Sicherheitsstudie, in der an einem kleinen Personenkreis die Verträglichkeit
geklärt wurde. Eine reine Wirksamkeitsstudie mit größerem Patientenkreis wird derzeit vorbereitet.
„Aufgrund des langwierigen Verlaufs der Krankheit ist ein schneller Nachweis signifikanter Veränderungen
leider unwahrscheinlich. Allerdings bestehen große Hoffnungen auf gute Ergebnisse in den nächsten 4-5
Jahren,“ so Burgunder.
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