Besonderes Augenmerk auf Randgruppen und ökumenische Verbundenheit
Graz (epdÖ) – Der neue Superintendent der Evangelischen Kirche A.B. in der Steiermark, Wolfgang Rehner,
ist am Sonntag-Nachmittag (23. September) in der Grazer Heilandskirche von Bischof Michael Bünker in sein
Amt eingeführt worden. Er folgt auf Hermann Miklas, der nach 19 Jahren als steirischer Superintendent in den
Ruhestand getreten ist. Unter den zahlreichen Festgästen beim Gottesdienst in der Grazer Heilandskirche befanden
sich unter anderem der römisch-katholische Bischof der Diözese Graz-Seckau, Wilhelm Krautwaschl, der
steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, die steirische Landtagspräsidentin Bettina Vollath
sowie weitere Vertreter aus dem ökumenischen und interreligiösen Dialog.
In seiner Predigt verglich Rehner die evangelische Steiermark mit einem Puzzle: „Die Einzelteile des Bildes greifen
ineinander. Wie dieses Bild kann man auch das Leben der Evangelischen Kirche in der Steiermark immer von mehreren
Seiten betrachten: Man kann über die Einzelteile staunen und sich freuen. Man kann das große Ganze bewundern
und vergessen, worin der Wert und die Besonderheit der einzelnen Teile besteht.“ Rehner verwies dagegen auf den
Apostel Paulus, der betonte: „Als Ganzes, als Gemeinschaft, seid ihr der Leib von Jesus Christus. Damit wird klar:
Auch wenn der Vergleich vom Leib und seinen Gliedern auf eine Fußballmannschaft oder die Europäische
Union anwendbar ist, hier geht es um den besonderen Auftrag an die Gemeinschaft der Christenheit.“ Besonderes Augenmerk
müsse in diesem Ganzen aber auch den Randgruppen geschenkt werden. Stets sei zu fragen, wo das schon geschehe
und wo noch nicht. Mit einem Appell an die ökumenische und innerevangelische Verbundenheit im Land schloss
Rehner seine Predigt: „Wir wissen uns als einen kleinen Teil der weltweiten Christenheit. Daher ist dieser Gottesdienst
nur so denkbar, wie wir ihn feiern: In der Verbundenheit der Evangelischen Kirchen in ganz Österreich und
in der Verbundenheit der Ökumene.“
Bischof Bünker: Jeder Schritt ins Neue zugleich Einkehr im Vertrauten
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker erinnerte an die siebenbürgische Herkunft Rehners,
der im rumänischen Großpold konfirmiert wurde; einer Gemeinde, in der im 18. Jahrhundert vertriebene
Evangelische aus Österreich angesiedelt worden waren. Mit Rehners Übersiedelung nach Österreich
1996 und seinem Amtsantritt als Superintendent schließe sich der Kreis: „So ist jeder Schritt ins Neue zugleich
die Einkehr im Vertrauten und jeder Schritt in eine vermeintliche Fremde zugleich eine Heimkehr. Alles ist miteinander
verbunden über Grenzen hinweg.“ Den Zusammenhang des Ganzen nicht aus den Augen zu verlieren stelle auch eine
zentrale Aufgabe des künftigen Superintendenten dar: „Von diesem Ganzen her wendest du dich dem Einzelnen
und Besonderen zu, den Gemeinden, den Haupt- und Ehrenamtlichen, den Pfarrerinnen und Pfarrern, unseren Schwesterkirchen,
den anderen Religionen und der Öffentlichkeit“, sagte Bünker an Rehner gerichtet. Im Amt des Superintendenten
gehe es darum, „mit anderen für andere“ Kirche zu verwirklichen.
Bischof Krautwaschl: Kirchen müssen als mahnende Stimme auftreten
In seinem Grußwort betonte der katholische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl das Modell der Ökumene
als „Einheit in Vielfalt“. Die Sehnsucht nach dem gemeinsamen Tisch müsse bleiben, so Krautwaschl, „und doch
darf nicht übersehen werden, dass christliche Kirchen weniger trennt, als ihnen gemeinsam ist“. Einstimmig
müsse die Stimme der Kirchen aber sein, wenn sie als Gegenüber auftritt, als Mahnerin und Verfechterin
der Vielfalt: ja, als prophetischer Geist jenen gegenüber, die auf sich selbst bestehen und von sich alleine
überzeugt sind, andere nicht einmal dulden wollen“. „Für uns in der Steiermark“ wünsche er sich,
dass Rehner „einerseits mit der Sehnsucht nach dem gemeinsamen Tisch, andererseits mit der Freude an der christlichen
Mehrsprachigkeit“ wirken werde.
Landeshauptmann Schützenhöfer: Werte gegen den Strom der Beliebigkeit
Beeindruckt vom Lebenslauf des neuen Superintendenten zeigte sich der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer
(ÖVP). Wer als junger Mensch Unfreiheit und Unterdrückung miterlebt habe, werde „ein Leben lang offen
sein und schauen, dass die Freiheit des Wortes, des Denkens und Handelns nicht gefährdet ist“, so der Landeshauptmann.
Dem neuen Superintendenten wünschte Schützenhöfer viel Kraft, um die „Gesellschaften wachzurütteln“
und „gegen den Strom der Beliebigkeit Werte zu vermitteln“. Dem scheidenden Superintendenten Hermann Miklas dankte
der Landeshauptmann für die „unglaubliche Arbeit für Menschen in Kirche und Land“.
Landtagspräsidentin Vollath: Geographische Herkunft nicht entscheidende Dimension
Die steirische Landtagspräsidentin Bettina Vollath (SPÖ) sah in Rehners Wahl zum Superintendenten ein
Zeichen für „wichtige Werte in unserer Gesellschaft“. Wer wie Rehner seine Heimat verlasse, könne anderswo
heimisch werden. Rehners Biographie sei der Beweis dafür, dass „die geographische Herkunft eben nicht die
entscheidende Dimension in einem Leben ist“. Zudem sei Rehners Wahl „auch ein Zeichen dafür, dass es in Religionsgemeinschaften
nicht um Gebäude, Türme und sonstige Äußerlichkeiten gehen sollte, sondern dass es vor allem
und immer wieder besonders auf eines ankommt: den einzelnen Menschen und seine Spiritualität.“
Zur Person Wolfgang Rehner
Wolfgang Rehner wurde 1962 im siebenbürgischen Hermannstadt (Sibiu) geboren und studierte ebendort Theologie.
Nach dem Vikariat und der Ordination 1986 übernahm Rehner die Diasporapfarrstelle im rumänischen Bistritz.
Nach einer weiteren Station in Kerz bei Hermannstadt wechselte er 1996 in die obersteirische Pfarrgemeinde Ramsau,
seit 2014 ist er amtsführender Pfarrer in Salzburg-Nördlicher Flachgau. Wolfgang Rehner ist verheiratet
und hat drei Kinder. Im März des Jahres wurde er von den Delegierten der steirischen evangelischen Pfarrgemeinden
mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit zum siebenten Superintendenten der Steiermark gewählt.
Zu den Aufgaben des neuen Superintendenten gehört die geistliche Führung der Diözese. Er hat die
Aufsicht über die kirchlichen Ordnungen und über die schriftgemäße Verkündigung. Zu den
bischöflichen Rechten gehören die Ordination von PfarrerInnen und die Visitation von Pfarrgemeinden.
Die Evangelische Diözese Steiermark besteht seit 1946 und hat rund 38.400 Mitglieder in 33 Gemeinden.
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