Zweite NR-Präsidentin Bures lud anlässlich des Weltfriedenstages zur Veranstaltung:
68,5 Millionen Menschen sind derzeit auf der Flucht - ein erschreckender, trauriger Rekord
Wien (pk) - Unter dem Titel "Frauen – Überleben" lud Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures
zur Veranstaltung ins Weltmuseum. Am Vorabend des Weltfriedenstages erzählten drei außergewöhnliche
Frauen aus Syrien am 20. September ihre Geschichten auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
"Im Jahr 1981 wurde der Weltfriedenstag von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Das Ziel des Weltfriedenstages
war und ist es, die Idee des Friedens zu verbreiten und zu stärken. Er verliert auch heute bedauerlicher Weise
nicht an Aktualität. Weltweit wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. In vielen liberalen
Demokratien gewinnen Nationalismus und Rechtspopulisten in erschreckendem Ausmaß an Stärke. Die Spannungen
zwischen den Großmächten wachsen wieder", so die Zweite Nationalratspräsidentin in ihrer Eröffnungsansprache.
Die Fakten würden für sich sprechen: "Im vergangenen Jahr hat das Heidelberger Institut für
Konfliktforschung weltweit 20 Kriege und 385 Konflikte gezählt. 68,5 Millionen Menschen, waren 2017 auf der
Flucht. Das sind fast doppelt so viele wie noch vor 10 Jahren. Ein erschreckender und trauriger Rekord, der uns
wachrütteln muss."
Ein aktives Engagement für einen neuen Entspannungsprozess in der Weltpolitik und mehr Einsatz für Abrüstung
und Rüstungskontrolle stehen für Bures hier an erster Stelle. "Vor allem aber benötigen wir
die Einsicht, dass der Friede in der Welt soziale und ökonomische Gerechtigkeit für alle Menschen braucht."
Der Syrienkonflikt steht für die Zweite Nationalratspräsidentin als mahnendes Beispiel für alle
Konflikte weltweit. "Seit sieben Jahren dauert der Krieg nun schon an. 400.000 SyrerInnen haben laut Angaben
der UNO ihr Leben in diesem Krieg verloren. 13 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe, darunter
fünf Millionen Kinder und Jugendliche. Um das Leben der Menschen dort auf lange Sicht zum Positiven zu verändern,
braucht es Frieden und langfristige substanzielle Hilfe für den Wiederaufbau" rief Bures zu mehr Menschlichkeit
auf.
In einer Videobotschaft wandte sich Bundespräsident a.D. Heinz Fischer an die Gäste und erinnerte an
die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, welche vor 70 Jahren unterzeichnet wurde. Wir müssen diese
Erklärung ernst nehmen. Und wir müssen uns wehren, wenn dies nicht passiert!"
Nour Barakeh: "Menschlichkeit muss unser Handeln bestimmen!"
Nach der Begrüßung der Gäste durch Bures und Fischer sprach Nour Barakeh über "Jugend
in Syrien und Kunst zur Dialogfindung". Nour Barakeh hat sowohl ein naturwissenschaftliches wie auch ein künstlerisches
Studium abgeschlossen, was ihr die Möglichkeit gibt, die Gesellschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln
zu sehen und darzustellen. Sie arbeitet im Bereich Tanz und Theater, als Sozialarbeiterin und als Journalistin.
Sie unterstützt Bildungsprojekte, um Menschen Auswege aus Krieg und Kriegserfahrungen zu bieten. Ihre bisherige
Zusammenarbeit umfasst Projekte mit dem International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Europäisches
Forum Alpbach, der UN-Flüchtlingsorganisation (UNHCR) und dem ORF. "Die Gesellschaft ist gefordert, zu
handeln. Menschlichkeit muss unser Handeln bestimmen." Es folgte ein von ihr selbst geschriebenes und inszeniertes
Theaterstück.
Doaa Al Zamel: " Ein Himmel, in dem es Sicherheit gibt!"
Als nächste Rednerin erzählte Doaa Al Zamel von ihrer Flucht aus Syrien und die Wichtigkeit von Frieden.
Doaa Al Zamel floh mit ihrer Familie aus dem Kriegsgebiet in Syrien nach Ägypten im Jahr 2012. Im Alter von
19 Jahren beschlossen sie und ihr Verlobter über das Mittelmehr nach Europa zu migrieren, da sie als Tagelöhnerin
in Ägypten ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend stemmen konnte. Ihr Boot wurde attackiert und sank. Nur
11 der 500 Menschen des Bootes überlebten das Schiffsunglück, auch ihr Verlobter starb. Sie verbrachte
4 Tage und 4 Nächte auf offener See mit drei Babys auf einem Rettungsring, bevor sie gerettet wurde. Eines
hat die Reise nicht überlebt. "Sie ist nun im Himmel. Ein Himmel, in dem es Sicherheit gibt", schildert
Al Zamel. "Diese Reisen führen Flüchtlinge in ihrer Verzweiflung in den Tod. Ich bin gekommen, um
über Verantwortung zu sprechen, die jeder Mensch hat. Ich fordere alle auf, Maßnahmen zu ergreifen,
diese Kriege zu beenden. Und ich fordere alle auf, Verständnis für die Geflohenen aufzubringen",
schloss sie ihre Rede. Ihre Geschichte wurde als Buch mit dem Titel "A Hope More Powerful Than the Sea"
veröffentlicht.
Rania Ali: "Neben mir wurden Menschen getötet!"
Für unter die Haut gehende Bilder sorgte der Film von Rania Ali. Die 1995 geborene Syrerin beschloss aus ihrer
Heimatstadt Raqqa im Jahr 2014, als der IS das Gebiet kontrollierte, zu fliehen. Der norwegische Dokumentarfilmer
Anders Hammer gab ihr einen Crashkurs im Filmen, als er gerade in Kobane arbeitete. Im Jahr 2016 filmte sie ihre
3,5-monatige Flucht nach Europa mit einer GoPro. Das Filmmaterial wurde später zu einer Dokumentation namens
"Escape from Syria: Rania’s Odyssey" veröffentlicht. Die Dokumentation wurde über 9.2 Mio Mal
angesehen und 93 tausend Mal geteilt. Sie ist auf der Website der britischen Zeitung "The Guardian" zu
sehen. Die Syrerin gewann einen Webby Award und den One World Media Award. Sie arbeitet und lebt heute in Wien
als angehende Journalistin und unterstützt ein Multimedia-Projekt gemeinsam mit Flüchtlingen. "Die
Flucht war gefährlich und furchterregend. Neben mir wurden Menschen getötet. Die Integration war sehr
schwierig. Und die meisten Flüchtlinge wollen sich integrieren – sie wollen eintauchen in ihr neues Leben."
Zum Abschluss sorgte der Wiener Geflüchtetenchor "Voices auf Refugees" unter der musikalischen Leitung
von Kerem Sezen für Musik aus der Türkei, aus der Steiermark und aus Liberia. Durch den Abend führte
Sibylle Hamann.
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