Wirtschaftliche Bedenken über Reduktionsziele finden Gehör im EU-Ausschuss des Bundesrats
Brüssel/Wien (pk) - Klimaschonender Güterverkehr ist heute nicht nur bei der Hannoveraner Nutzfahrzeugmesse
zentrales Thema, auch der EU-Ausschuss des Bundesrats setzte sich einmal mehr damit auseinander. Ausgangspunkt
der Debatte war ein Verordnungsentwurf , mit dem die CO2-Emissionen von Lastkraftwagen unionsweit im gleichen Ausmaß
gesenkt werden sollen. Bis 2030 strebt die Europäische Kommission im Vergleich zu 2019 demnach eine 30%ige
Emissionssenkung an, bis 2025 sollen die durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer Lastkraftwagen um 15% niedriger
sein als im Jahr 2019.
Wie schon in der letzten EU-Ausschusssitzung, als der Kommissionsvorschlag zur Abgasreduktion diskutiert wurde,
äußerte vor allem die Wirtschaftskammer die Sorge, mit den angedachten Klimaauflagen könnte die
Fahrzeugindustrie aus Europa vertrieben werden. ÖVP-Bundesrätin Sonja Zwazl unterstützte die Position
der Wirtschaft und gab zu bedenken, mangels nötiger Ladeinfrastruktur seien Flottenumstellungen auf Elektromobilität
derzeit nicht realisierbar.
Mehreren Umweltorganisationen gehen die aktuellen Kommissionspläne dagegen nicht weit genug, berichtete dem
Ausschuss ein Experte des Umweltbundesamts, der dabei versicherte, technologische Analysen zur Machbarkeit bildeten
die Basis für den Verordnungsentwurf. Ausschussobmann Christian Buchmann (ÖVP/St) fasste zusammen, fraglos
wolle man alles daran setzen, die Klimaziele zu erreichen, doch dürften die Maßnahmen nicht die Wirtschaft
schädigen.
CO2-Emissionen: EU-Kommission und Fahrzeugindustrie uneins über Reduktionsmöglichkeiten
Obwohl die CO2-Emissionen aus schweren Nutzfahrzeugen, also Lastkraftwagen und Bussen, in der EU rund 6 % der Gesamtemissionen
und 25 % der CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr verursachen, sind sie derzeit nicht auf EU-Ebene reguliert.
Die Europäische Kommission schlägt daher eingedenk der EU-Klimaschutzziele eine drastische Senkung der
klimaschädlichen CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge vor. Der Verkehrsexperte aus dem Umweltbundesamt nannte
die – derzeit noch unverbindliche – Zielsetzung einer 30%-Reduktion in den nächsten zwölf Jahren durchaus
ambitioniert, wenn auch erreichbar. Widerspruch kam dazu von der Wirtschaftskammer (WKO), der zufolge Lkw-Hersteller
im genannten Zeitraum höchstens eine 16%ige CO2-Minderung ihrer Fahrzeuge für vorstellbar halten, hinsichtlich
des Zwischenziels für 2025 überhaupt nur 7%.
Kritik übt die WKO auch am seitens der Kommission vorgeschlagenen Anreizsystem für emissionsarme Fahrzeuge,
den sogenannten "super credits" für Investitionen in innovative Technologien, weil die dafür
angeführten Faktoren noch großzügiger zu gestalten wären. Martin Preineders (ÖVP/N) Gedanke,
dass von den Herstellern auch der Einsatz nachwachsender Treibstoffe als super-credit-würdig angeführt
werden könne, ist dem Umweltbundesamt zufolge aber nicht möglich, da das System auf einem CO2-Ausstoßmonitoring
unabhängig vom verwendeten Kraftstoff beruht.
Emissionsüberschreitungen will die EU-Kommission mit finanziellen Sanktionen unterbinden, deren Umfang die
Wirtschaftskammer ebenfalls nicht gutheißt. Bei Nichteinhaltung der Emissionsgrenzen sollen Abgaben entsprechend
der Grenzkosten für Technologien zur CO2-Emissionssenkung schlagend werden, konkret 6 800 € je Gramm pro Tonnenkilometer
(g/tkm). Die WKO spricht sich namens der Industrie höchstens für ein Zehntel dieser Summe aus.
Einer Meinung ist die Interessenvertretung der Wirtschaft hingegen mit der EU-Kommission, dass der Güterkraftverkehr
für die Entwicklung von Handel und Gewerbe auf dem europäischen Kontinent unverzichtbar ist. Rund 70
% des auf dem Landweg beförderten Frachtaufkommens entfalle auf Lastkraftwagen, der überwiegende Teil
des Güter- und Personenkraftverkehrssektors bestehe aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit etwa drei
Millionen Beschäftigten, geht aus dem Kommissionsvorschlag hervor. Darüber hinaus böten Herstellung
und Reparatur, Verkauf und Leasing sowie Versicherungen von Lkw weiteren 3,5 Millionen Menschen Arbeit.
Probleme bei der Energiegewinnung
Grundsätzlich zur Elektromobilität meldeten für die FPÖ die Wienerin Monika Mühlwerth
und der Vorarlberger Christoph Längle Vorbehalte an. Der Energieaufwand in der Stromproduktion – vor allem,
wenn keine Wasserkraft zur Verfügung steht – dürfe nicht unterschätzt werden, so Mühlwerth.
Ihr Parteikollege brachte fehlende Umwelt- und Sozialstandards in vielen Abbauregionen zur Sprache, in denen die
Ressourcen zur Batterieproduktion gewonnen werden. Aus dem Umweltbundesamt hieß es dazu, diese Probleme beschäftigten
tatsächlich die EU-Gremien, jedoch gebe es auch bei der Gewinnung fossiler Energien nicht weniger derartige
Mängel, Stichwort Fracking. Letztendlich würden AktivistInnen in den betroffenen südamerikanischen
und afrikanischen Ländern es durchaus positiv werten, dass ihre Lage dank E-Mobilität nun ins Rampenlicht
rückt.
Eingebettet ist das Vorhaben zur Emissionsreduktion in das sogenannte Parisabkommen, wie eine Vertreterin des Nachhaltigkeitsministeriums
ausführte. Im Rahmen des 2015 von den Vereinten Nationen geschlossenen Übereinkommens von Paris hat sich
die Europäische Union verpflichtet, ihren Beitrag für die Begrenzung der Erderwärmung auf unter
2 °C zu leisten. Die Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen (THG) stellt dabei eine wesentliche Voraussetzungen
dar, schreibt die EU-Kommission. Folglich sollen die THG-Emissionen im Unionsraum um mindestens 40 % gegenüber
dem Stand von 1990 gesenkt werden, wobei alle Wirtschaftszweige gefordert sind, wie auch Günther Novak (SPÖ/K)
in Bezug auf die CO2-Emissionen der Landwirtschaft und der Schifffahrt unterstrich. Dem Straßenverkehrssektor
komme bei der Senkung der THG-Emissionen und der Senkung des CO2-Ausstoßes (Dekarbonisierung) der EU-Wirtschaft
wiederum wesentliche Bedeutung zu, erinnert die Kommission an die hohen Ausstoßwerte in diesem Bereich, weswegen
Novak einmahnte, die Ausstoßsenkungsvorgaben nicht nur auf neue Lastkraftwagen zu beziehen.
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