EU-Unterausschuss begrüßt Vorlagen, fordert aber Vermeidung von Missbrauchsmöglichkeiten
Brüssel/Wien (pk) - Das von der EU-Kommission am 25. April 2018 vorgelegte Gesellschaftsrechts-Paket
wurde am 19. September im EU-Unterausschuss des Nationalrats grundsätzlich positiv bewertet - mit der Einschränkung,
dass Missbrauch wie die Gründung von Briefkastenfirmen oder Steuervermeidung unbedingt verhindert werden müsse.
In den beiden Gesetzesentwürfen geht es insbesondere um eine (weitere) Digitalisierung im Gesellschaftsrecht,
vor allem um Gründungen zu erleichtern. Zum anderen betreffen die Bestimmungen die grenzüberschreitende
Mobilität. So sollen verbesserte und zum Teil neue Regeln für grenzüberschreitende Verschmelzungen,
Spaltungen und Formwechsel eingeführt werden. Justizminister Josef Moser machte auch von seiner Seite klar,
dass man mit den neuen Regelungen in keinem Fall Missbrauch Vorschub leisten dürfe. Die österreichische
Ratspräsidentschaft achte darauf, Schutzbestimmungen für ArbeitnehmerInnen, Gläubiger und Mitgesellschafter
nicht zu beschneiden. In diesem Sinne werde man in den nächsten Verhandlungsrunden Kompromissvorschläge
auf den Tisch legen. Einen Abschluss der Materie noch während des Ratsvorsitzes hält er nicht für
wahrscheinlich, er erhofft sich aber wesentliche Fortschritte.
Die Vorschläge der Kommission
Was die Digitalisierung betrifft, so sollen während des gesamten "Lebenszyklus" einer Gesellschaft
im Verhältnis zum jeweiligen nationalen Unternehmensregister (Firmenbuch) soweit wie möglich digitale
Kommunikationsmittel zum Einsatz kommen können, wie das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung
und Justiz dazu ausführt. Unter anderem schlägt die Kommission die Möglichkeit einer reinen Online-Registrierung
von "kleinen" Kapitalgesellschaften (GmbHs) unter Verwendung von Mustern für die Gründungsurkunden
vor, sofern im Einzelfall kein "konkreter Betrugsverdacht" besteht. Zudem enthält der Vorschlag
Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Gebühren, die für die Registereintragung verlangt werden dürfen,
sowie maximale Entscheidungsfristen für das Registergericht bei der Eintragung.
Im Hinblick auf die grenzüberschreitende Mobilität weist das Ministerium darauf hin, dass derzeit nur
für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften eine ausdrückliche sekundärrechtliche
Grundlage vorhanden ist. Der nunmehrige Vorschlag der EU-Kommission würde demgegenüber auch eine vom
Verwaltungssitz isolierte grenzüberschreitende Verlegung des Registersitzes sowie eine grenzüberschreitende
Spaltung ermöglichen. Damit kommt die EU einem Urteil des EuGH nach. In diesem Zusammenhang bekräftigt
die Kommission, dass dabei dem Minderheits-, Gläubiger- und auch dem Arbeitnehmerschutz Rechnung getragen
werde und auch "künstliche Konstrukte, durch die ungebührliche Steuervorteile erlangt" werden
könnten, untersagt seien. Darüber hinaus schlägt die Kommission eine weitergehende Harmonisierung
bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung vor.
Auch der EU-Ausschuss des Bundesrats hat sich bereits mit den beiden Vorlagen auseinandergesetzt (siehe Meldung
der Parlamentskorrespondenz Nr. 601 vom 28. Mai 2018).
Tenor der Diskussion: Schutzbestimmungen und Rechte nicht aushöhlen, Gründung von Scheinfirmen keinen
Vorschub leisten
Die Frage der Schutzbestimmungen für ArbeitnehmerInnen, Gläubiger und Mitgesellschaftern sowie die Gefahr
der vermehrten Gründung von Scheinfirmen prägte dann auch die Debatte im Ausschuss. Wir sollten uns in
der digitalen Dynamik positionieren, unterstrich Carmen Jeitler-Cincelli (ÖPV), stellte aber gleichzeitig
klar, dass die neuen Regelungen keinesfalls Tore für kriminelle Zwecke öffnen dürfen. Ähnlich
Doris Margreiter und Johannes Jarolim (beide SPÖ). Es sollte weniger darum gehen, dass etwas schnell erledigt
wird, vielmehr sei darauf zu achten, dass die Regelungen nicht zur Grünung von Briefkastenfirmen und zur Steuervermeidung
missbraucht werden, sagte Margreiter. Auf alle Fälle sei darauf zu achten, dass kein unfairer Wettbewerb entsteht
und der Firmensitz dort eingetragen wird, wo tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit erfolgt. Die
5-Tage-Frist hält sie für zu kurz, um realistisch die notwendigen Prüfungen vornehmen zu können.
Ebenso wenig verleugnete Jarolim die Sinnhaftigkeit des EU-Vorschlags. Er ersuchte den Minister jedoch eindringlich,
bei den Verhandlungen darauf zu bestehen, dass Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht ausgehöhlt werden. Jarolim
bedauerte grundsätzlich, dass auf dem Weg der Harmonisierung die Rechtssysteme nicht angepasst werden, wodurch
Missbrauch möglich sei. Es sei daher sicherzustellen, dass Unternehmensgründungen durchgeführt werden
und nicht "Unternehmensgeldwäschegründungen", wie er sagte. Auch Robert Lugar (FPÖ) hält
es für unabdinglich, ein Auge auf den Arbeitnehmerschutz zu werfen.
Justizminister Moser pflichtete dem bei und wies darauf hin, dass laut vorliegenden Texten jeder Staat bei Verdacht
verlangen kann, dass die Gesellschaft voll anwesend ist. Zudem seien zusätzliche Überprüfungen möglich.
Die Beiziehung eines Notars bleibe Sache der Nationalstaaten. Verschmelzungen seien derzeit schon möglich,
sagte Moser, nun würden Arbeitnehmerrechte implementiert. Im Bereich der Umwandlung, dem Herzstück des
Entwurfs, sieht der Justizminister durchaus die Gefahr von Missbrauch und unrechtmäßiger Erlangung von
Steuervorteilen. Daher gebe es hier noch Diskussionsbedarf. Außerdem sei die Frage offen, welche Informationen
kostenlos zur Verfügung stehen sollen, auch das Gebührenlimit werde noch diskutiert.
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