Erste parlamentarische Debatte über Sozialversicherungsreform im Gesundheitsausschuss
Wien (pk) - Zu einem ersten harten Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition in Sachen Umbau der
Sozialversicherung kam es am 18. September im Gesundheitsausschuss des Nationalrats. Bei der als zweiter Punkt
auf der Agenda stehenden Aktuellen Aussprache ging es fast ausschließlich um den der ÖVP und FPÖ
am vorigen Freitag präsentierten Gesetzesentwurf, der u.a. eine Reduktion der Sozialversicherungsträger
von 21 auf 5, die Schaffung einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die Umwandlung des Hauptverbands
in einen "schlanken Dachverband" und mehr Aufsichtsrechte für das Ministerium vorsieht.
Ziel des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes (SV-OG) sei es, alle möglichen Rationalisierungspotentiale
auszuschöpfen, um eine nachhaltige Absicherung der Finanzierung des Gesundheitssystems zu gewährleisten,
unterstrich Ministerin Beate Hartinger-Klein. Ausgehend von 10% Einsparungen bei Personal- und Sachaufwand im Verwaltungsbereich
der Sozialversicherung ab 2023 könnten ohne Veränderung des Leistungsniveaus in einem Zeitraum von vier
Jahren insgesamt 350 Mio. erzielt werden. Laut der Studie der London School of Economics seien sogar bis zu 1,2
Mrd. möglich. Hartinger-Klein appellierte an die Opposition, die Menschen nicht mit unrichtigen Behauptungen
zu verunsichern. Sie garantiere, dass keine Selbstbehalte eingeführt und keine Beiträge erhöht werden.
Auch an den Eckpfeilern der Pflichtversicherung und der Selbstverwaltung werde nicht gerüttelt.
Massive Kritik an den Plänen der Regierung übte SPÖ-Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner, die u.a. die
Machtverschiebung in Richtung ArbeitgeberInnen bei den Gebietskrankenkassen anprangerte. Sowohl sie als auch NEOS-Vertreter
Gerald Loacker bezweifeln, dass die Versicherten von den vorgeschlagenen Maßnahmen in Form der propagierten
"Patientenmilliarde" profitieren werden; dies sei eine Mogelpackung. Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ)
zeigte auf, dass die Einsparungen erst ab 2023 greifen werden.
Zuvor stand noch der Lebensmittelsicherheitsbericht 2017 ( III-164 d.B.) auf der Tagesordnung, der einstimmig zur
Kenntnis genommen wurde. Trotz einer grundsätzlich positiven Bilanz die Zahl der als gesundheitsschädlich
eingestuften Proben konnte von 0,5% auf 0,4% gesenkt werden sahen einige oppositionelle Abgeordnete noch Handlungsbedarf.
Opposition beklagt Aushöhlung der Selbstverwaltung und Machtverschiebung hin zur Wirtschaft
Im Gegensatz zu den Vorgängerregierungen habe die ÖVP-FPÖ-Koalition den Mut, die "größte
Reform der Zweiten Republik" im Bereich der Sozialversicherung in die Wege zu leiten, erklärte Bundesministerin
Beate Hartinger-Klein. Im Sinne des Grundsatzes "gleiche Beiträge für gleiche Leistungen" werden
u.a. die neun Gebietskrankenkassen zur einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengeführt.
Außerdem komme es zu einer Fusion der Sozialversicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft und der Bauern
sowie der Beamten und der Eisenbahner. In Summe gebe es künftig fünf statt 21 Träger, hob die Ressortchefin
hervor. Als weitere Ziele führte sie eine Aufgabenbündelung, schnellere Entscheidungsstrukturen, ein
einheitliches Beschaffungswesen sowie eine bessere Koordinierung der Maßnahmen an.
Die Sozialdemokraten hätten sich immer für eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Sozialversicherungssystems
ausgesprochen, konstatierte Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Man habe daher auch eine Grundlagenstudie
bei der London School of Economics in Auftrag gegeben, um eine fundierte Basis für einen solchen Modernisierungsprozess
zur Verfügung zu haben. Die Ergebnisse zeigten, dass es vor allem zwei große Herausforderungen gibt,
nämlich die Fragmentierung des Systems sowie die ungleichen Versicherungsleistungen. Bedauerlicherweise würden
die Pläne der Regierung diesen Ergebnissen in keiner Weise Rechnung tragen. Das System werde stattdessen komplexer
und weniger effizient, befürchtete sie, außerdem kenne niemand die Höhe der Fusionskosten. Man
schaffe drei Klassen von Krankenkassen, wobei jedoch die Versicherungsanstalten der Selbstständigen und Bauern
sowie der Beamten und Eisenbahner nicht angetastet werden, kritisierte Rendi-Wagner. Die versprochene "Patientenmilliarde"
sei ihrer Meinung nach eine Mogelpackung, die jeder Grundlage entbehre. Stattdessen komme es zu einem Aderlass
in Richtung Wirtschaft, was dazu führen wird, dass schon im Jahr 2019 85 Mio. in der ÖGK fehlen werden.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist der Auffassung, dass der Entwurf verfassungswidrige Elemente
enthalte; die SPÖ werde das nicht hinnehmen. Verena Nussbaum (SPÖ) machte darauf aufmerksam, dass für
private Sanatorien zusätzlich 14,7 Mio. ausgeschüttet werden sollen.
Gerald Loacker (NEOS) ortete eine Machtverschiebung hin zu den ÖVP-Funktionären in den Kassen. Die bisher
"schwarzen" Träger bleiben fest in ÖVP-Hand, die Beamten dürften noch die "roten"
Eisenbahner "schnupfen". Außerdem sei nur dort, wo die "Roten" etwas mitentscheiden können,
ein Rotationsprinzip vorgesehen. Das "Geilste" sei jedoch seiner Meinung nach der Fit-und-Proper-Test
für die FunktionärInnen, der aber nur für jene gelte, die von der Arbeiterkammer entsandt werden.
Während z.B. ein Betreiber eines Würstelstands seine Eignung nicht nachweisen müsse, sei dies für
einen Bilanzbuchhalter verpflichtend.
Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) beklagte, dass es keine Information darüber gibt, wie hoch die Kosten
der Fusion sein werden. Außerdem greifen die Einsparungen laut Entwurf erst ab dem Jahr 2023 und summieren
sich dann bis 2026 auf etwa 350 Mio. . Kritik übte sie auch daran, dass Senioren- und BehindertenvertreterInnen
keine Stimmrechte in der Hauptversammlung haben werden. Generell bemängelte die Abgeordnete die Aushöhlung
des Selbstverwaltungsprinzips.
Seit 30 Jahren werde darüber debattiert, wie man das Sozialversicherungssystem reformieren könne, erinnerte
ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz. Sie sei daher froh, dass die Regierung nun wichtige Maßnahmen im Sinne
der Versicherten ergreift. Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP) erkundigte sich danach, wie es mit den
Gesundheitsreformprojekten weitergeht. Seine Fraktionskollegin Martina Diesner-Wais sprach vor allem die ärztliche
Versorgung im ländlichen Raum an.
Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger sei ein ganz wichtiger Schritt, weitere werden noch folgen,
kündigte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ) an. Es sei klar, dass Fusionen Kosten verursachen, aber diese
würden sich sicher bald amortisieren. Was die AUVA angeht, so sei es richtig, für mehr Transparenz bei
den Finanzströmen zu sorgen.
Hartinger-Klein sieht zahlreiche Rationalisierungspotentiale
In Bezug auf die Kritik von Rendi-Wagner warf die Ministerin der SPÖ vor, dass sie es in den letzten Jahren
zugelassen habe, dass die PatientInnen in den ambulanten Bereich und hin zu den WahlärztInnen verschoben wurden.
Der Regierung sei es ein wichtiges Anliegen, die Rolle des Hausarztes zu stärken und Anreize zu schaffen,
damit mehr MedizinerInnen in die ländlichen Regionen gehen. Auch am Instrument der Zielsteuerung-Gesundheit,
also der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung, soll weiter festgehalten
werden. Nicht abgeschafft werde die Regionalisierung, betonte die Ministerin, das Gegenteil sei der Fall. Es soll
etwa ein medizinischer Leistungskatalog ausgearbeitet werden, der auf die Bedürfnisse vor Ort eingeht. Der
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger werde durch einen schlanken Dachverband ersetzt,
der ausschließlich gemeinsame Interessen der Versicherungsträger wahrnimmt und übergreifende Aufgaben
koordiniert.
Was die Eignungstests für Kassenfunktionäre angeht, so sollten diese grundsätzlich für alle
gelten, meinte die Ministerin. Detaillierte Vorgaben könne sie per Verordnung festlegen. Hartinger-Klein verteidigte
die zusätzlichen Mittel für die Privatspitäler: Eine Studie von Professor Haber kam zu dem Ergebnis,
dass eine Anpassung der Entgelte notwendig sei. Weiters ging die Ministerin auf den Ausbau der Tele-Rehab sowie
den Innovationsfonds ein, der mit 100 Mio. e dotiert ist.
Lebensmittelsicherheitsbericht 2017: Anteil der gesundheitsschädlichen Proben weiter gesunken
Im Jahr 2017 wurden 47.625 Betriebskontrollen durchgeführt und 28.026 Proben begutachtet, informierte Ministerin
Beate Hartinger-Klein anlässlich der Debatte über den Lebensmittelsicherheitsbericht 2017. Insgesamt
lag die Beanstandungsquote bei 17,5%. Als häufigste Beanstandungsgründe wurden erneut Kennzeichnungsmängel
und zur Irreführung geeignete Informationen angeführt. Es zeige sich, dass der risikobasierte Ansatz
bei der Planung und Durchführung der amtlichen Lebensmittelkontrolle geeignet sei, Schwachstellen aufzudecken
und die Sicherheit bestmöglich zu garantieren.
FPÖ-Mandatar Gerhard Kaniak zeigte sich erfreut darüber, dass die Beanstandungsquote bei den als gesundheitsschädlich
eingestuften Proben von 0,5% auf 0,4% gesenkt werden konnte; bei Planproben betrug sie lediglich 0,2%. Aufgrund
der hohen Anzahl an Kennzeichnungsmängel sei es sinnvoll, auf das Prinzip Informieren statt Strafen zu setzen.
Er regte zudem an, im nächsten Jahr einen Schwerpunkt auf die Untersuchung von Spielzeug zu legen. Auch Abgeordnete
Martina Diesner-Wais (ÖVP) hob die guten Ergebnisse hervor. Sie würden beweisen, dass es in Österreich
ein hohes Niveau an Lebensmittelsicherheit gebe.
Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) drängte auf eine rasche Verbesserung bei der Kennzeichnung
von verarbeiteten Lebensmitteln. Derzeit könnten die KonsumentInnen nicht erkennen, ob etwa Eier aus Käfighaltungen
in den Speisen enthalten sind. Auch Abgeordneter Markus Vogl (SPÖ) sprach dieses Problem an und gab zu bedenken,
dass eine Lösung derzeit am Widerstand der Wirtschaftskammer scheitere. Schon jetzt könnte nämlich
jeder Importeur von Eiern nachvollziehen, welche Haltungsform bei der Produktion zur Anwendung gekommen ist. Handlungsbedarf
sah er auch bei den Themen Trinkwasser und Nanomaterialien. 10% der Trinkwasserproben auf Berghütten wurden
beanstandet, führte er etwa ins Treffen. SPÖ-Mandatar Philip Kucher forderte endlich konkrete Taten in
Bezug auf das Thema Glyphosat. Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) machte darauf aufmerksam, dass es bei Kindernährmitteln
eine hohe Beanstandungsquote gab.
Die Sicherheit der Lebensmittel in Österreich habe für sie oberste Priorität, betonte Beate Hartinger-Klein,
die zudem eine Weiterentwicklung der heimischen Standards sowie eine Verbesserung der Kennzeichnung wie z.B. bei
vegetarischen und veganen Produkten anstrebt. In Arbeitsgruppen sollen entsprechende Lösungsvorschläge
erarbeitet werden. Was die EU-Ebene betrifft, so werde sie den österreichischen Ratsvorsitz zum Anlass nehmen,
um eine Road-map in Sachen Ernährungssicherheit zu initiieren. - Bei der Abstimmung wurde der Bericht einstimmig
zur Kenntnis genommen.
|
Opposition steuert eigene Reformvorschläge bei
Die von der Regierung geplante Reform der Sozialversicherungen beherrschte den Gesundheitsausschuss des
Nationalrats auch nach der Aussprache mit Ministerin Beate Hartinger-Klein. Die SPÖ tritt mit zwei Anträgen
gegen die angedachten Einsparungen bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA trat auf, außerdem
setzt sich SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner für eine Leistungsharmonisierung bei den Krankenversicherungen
ein. Zum Abbau von Privilegien im Krankenversicherungswesen und zur Ankurbelung des Wettbewerbs in diesem Bereich
schlägt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker mehrere Maßnahmen vor, die ebenfalls auf gleichwertige
Leistungsansprüche abzielen. Mit transparenten Qualitätsmessungen wollen die NEOS überdies das stationäre
sowie das ambulante Leistungsniveau heben. Die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ vertagten jedoch alle
Oppositionsanträge und argumentierten dies vor allem mit der auf Regierungsebene bereits angestoßenen
Sozialversicherungsreform.
Vertagt wurden von der Ausschussmehrheit weiters ein SPÖ-Vorstoß zur Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit
und ein Antrag der Liste Pilz, den Verkauf von Welpen im Zoofachhandel zu unterbinden. Breiten Raum in der Ausschussdiskussion
nahm die von rund 470.000 BürgerInnen unterschriebene Dont Smoke-Petition ein, die auf ein allgemeines Rauchverbot
in der Gastronomie abzielt. Die Regierungsfraktionen wollen für eine Entscheidung darüber das Ergebnis
des Anfang Oktober anlaufenden Volksbegehrens abwarten.
SPÖ warnt vor Einsparungen bei der AUVA
Eine Lanze für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) brechen die SozialdemokratInnen in zwei Anträgen
( 163/A(E) , 210/A(E) ). Antragstellerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) weist darin nicht nur auf die Bedeutung
der AUVA zur Versorgung und finanziellen Entschädigung verunfallter oder an Berufskrankheiten leidender ArbeitnehmerInnen
hin, sondern auch darauf, dass Betriebe sich durch den Arbeitgeberbeitrag von 1,3% der Beitragsgrundlage an die
AUVA gegen Schadenersatzforderungen absichern. Eine Absenkung des Beitragssatzes auf 0,8%, die vor allem Großkonzernen
zugutekomme, sei strikt abzulehnen, so Rendi-Wagner, denn die daraus resultierenden Einsparungen von fast 500 Mio.
würden wichtige Bereiche der AUVA wie Angebote zur Prävention und Rehabilitation treffen, was ihre Parteikollegin
Verena Nussbaum am Beispiel der geminderten Unterstützungsleistungen für Fahrradprüfungen für
Volksschulkinder festmachte.
Liste-Pilz-Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger-Vogtenhuber machte aus ihrer Entrüstung keinen Hehl, Beitragssenkungen
für Unternehmer anzudenken, ohne Klarheit über die künftige Leistungsfinanzierung zu haben. Ihr
Bereichskollege von den NEOS, Gerald Loacker, nutzte die Gelegenheit, Einsparungen bei der AUVA durch eine verpflichtende
Unfallversicherung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber bei einer von ihnen frei gewählten Versicherung
zu propagieren.
Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein verdeutlichte daraufhin, die beabsichtigte Reorganisation der Verwaltungsstrukturen
in der Unfallversicherungsanstalt in Form einer Betriebsgesellschaft, wo Aufgaben vom Facility Management bis zum
Einkauf gebündelt würden, werde zur im Regierungsplan dargestellten Aufwandsreduktion führen. Zusätzliche
Ausgabenminderungen ergäben sich durch Kooperationen der AUVA mit Versicherungsträgern in den Bundesländern.
Keinesfalls werde es dagegen Einsparungen bei den Leistungen geben, im Gegenteil sollten Maßnahmen wie das
Traumanetzwerk zwischen Bund, Sozialversicherungen und Ländern zu erheblichen Verbesserungen für die
PatientInnen führen. "Eine Auflösung der AUVA ist vom Tisch" bestätigte Hartinger-Klein
gegenüber den Abgeordneten Angela Fichtinger (ÖVP), Gerhard Kaniak und Peter Wurm (beide FPÖ), die
die SPÖ-Anträge als nicht mehr stimmig werteten. Ob die AUVA zur Einsparungszwecken auch auf Rücklagen
zurückgreifen muss, wie Rendi-Wagner in den Raum stellte, liegt Hartinger-Klein zufolge in der Entscheidungshoheit
der Selbstverwaltung.
An ihre Pläne zur Harmonisierung der Leistungen aller Krankenversicherungsträger erinnerte die ehemalige
Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner ihre Nachfolgerin Beate Hartinger-Klein in einem weiteren Antrag ( 276/A(E)
). Der 2017 gestartete Reformweg sei unbedingt fortzusetzen, lautet Rendi-Wagners Appell. Trotz der aktuellen Reformvorschläge
der Regierung würden nämlich viele Ungleichheiten bei den Versicherungen wie Selbstbehalte und unterschiedlich
hohe Zuschüsse weiter bestehen. In diesem Sinn spricht die Sozialdemokratin der Reform auch ab, ein Jahrhundertprojekt
zu sein und zur allgemeinen Leistungssteigerung beizutragen.
NEOS fordern mehr Solidarität und Wettbewerb bei Krankenversicherungen
Keineswegs würden mit der aktuellen Reform alle Ungerechtigkeiten bei den Krankenversicherungen ausgeräumt,
finden ähnlich wie die SozialdemorkatInnen auch die NEOS. Ihr Gesundheitssprecher Gerald Loacker prangert
in seinem Antrag ( 286/A(E) ) an, Versicherte der Krankenfürsorgeanstalten (KFA) würden im Vergleich
zu normalen Versicherten massive Privilegien weiter genießen. Immerhin müssten die für öffentlich
Bedienstete eingerichteten KFA keine beitragsschwachen Gruppen wie etwa Arbeitslose, MindestsicherungsbezieherInnen
oder AsylwerberInnen versichern, könnten also Vermögen anhäufen. Vor diesem Hintergrund kritisiert
Loacker, die Regierung wolle diese gesetzlichen Krankenversicherer überhaupt nicht in die Reformpläne
einbeziehen.
Falls die Zusammenlegung der Unselbständigen-Träger die KFA nicht mitumfasst, solle ein sogenannter Risikostrukturausgleich
installiert werden, urgiert Loacker ein Krankenversicherungs-Solidaritätsstärkungs-Gesetz, beruhend auf
von den Trägern nicht beeinflussbaren Faktoren wie Einkommen, Demographie, Morbidität oder Hochkostenfälle.
SPÖ-Mandatar Philip Kucher kritisierte ebenso, die Regierung räume Ungleichgewichte in der Gesundheitsversorgung
nicht aus, die Reform sei "mutlos". Gemeinsam mit Abgeordneter Martina Diesner-Wais (ÖVP) wies Ministerin
Hartinger-Klein jedoch auf verfassungsrechtliche Hürden hin von den Länderkompetenzen bis zur Selbstverwaltung
der Sozialversicherungen , die eine Leistungsharmonisierung inklusive der KFA erschwerten.
Bei der Organisation der Krankenkassen sehen die NEOS die Schweiz als Vorbild. Diese sei bei den Eidgenossen ebenso
wie in Deutschland und Holland auf mehr Wettbewerb ausgerichtet, wie Gerald Loacker in seinem Antrag auf ein "Krankenversicherungs-Wettbewerbsstärkungs-Gesetz
(KVWStG) darstellt ( 287/A(E) ). Entscheidend sei dabei, die Beiträge an die regionale Versorgung anzupassen,
sagte er in der Debatte, in der Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) aber vor einer Gefährdung des Solidaritätsprinzips
durch Wettbewerb zwischen den Kassen warnte.
Bessere Qualitätssicherung in Spitälern und Ordinationen in Aussicht
Ebenfalls das Schweizer Modell empfiehlt Loacker in Sachen Transparenz bei medizinischen Behandlungen und Operationen
( 234/A(E) ). Anstatt der hierzulande für Krankenhäuser als Qualitätsindikatoren angeführten
Durchschnittswerte und Aufenthaltszahlen gebe es in der Schweiz eine standortbezogene Veröffentlichung der
Qualitätsindikatoren. An der Qualitätsmessung im ambulanten Bereich bemängelt der NEOS-Abgeordnete,
dass das derzeit damit betraute Tochterunternehmen der ärztlichen Standesvertretung (ÖQmed) nicht unabhängig
agiere und keine Indikationsvergleiche heranziehe, weswegen die Ergebnisse in Frage zu stellen seien. Österreich
brauche aber zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens eine umfassende, vergleichbare und standardisierte Qualitätsmessung
im intra- wie extramuralen Bereich ( 314/A(E) ). Bei den übrigen Ausschussmitgliedern erhielt Loacker für
seinen Vorstoß in Sachen Qualitätssicherung durchaus Zustimmung, wenn auch ÖVP-Mandatar Josef Smolle
für Vorsicht plädierte, Daten aus einzelnen Spitalsabteilungen vorschnell zu veröffentlichen. Man
könnte damit die hierzulande erst wachsende "Fehlerkultur" konterkarieren.
Ihr Haus sei gemeinsam mit der Ärztekammer und dem Patientenanwalt dabei, Informationen über die Behandlungsqualität
transparenter zu machen, erläuterte daraufhin Gesundheitsministerin Hartinger-Klein. Etwa durch die Weiterentwicklung
der Internetseite www.kliniksuche.at. Außerdem plane man eine verpflichtende Qualitätssicherung für
Ordinationen.
Frauengesundheit: Hartinger-Klein will Thema mit GesundheitsreferentInnen der Länder diskutieren
Die Umsetzung des 2017 fertig gestellten "Aktionsplans für Frauengesundheit" auf Bundes- und Länderebene
forderte im weiteren Verlauf der Sitzung SPÖ-Gesundheitssprecherin Rendi-Wagner von Ministerin Hartinger-Klein
ein ( 300/A(E) ). Diese kündigte an, demnächst bei der Konferenz mit den LandesgesundheitsreferentInnen
das Thema erörtern zu wollen. Gemeinsam mit zahlreichen ExpertInnen hat das Gesundheitsministerium Rendi-Wagner
zufolge letztes Jahr ein umfassendes Konzept entwickelt, um genderspezifische Aspekte in der Prävention und
Gesundheitsversorgung zu beachten, gerade hinsichtlich Chancengerechtigkeit, psychosozialer Gesundheit und der
Vermittlung eines positiven Selbstbildes. Petra Wagner (FPÖ) hob in diesem Zusammenhang den vorjährigen
einstimmigen Beschluss des Nationalrats für den Aktionsplan hervor, dessen Implementierung in den Ländern
schon begonnen habe.
Liste Pilz: Welpenverkauf einen Riegel vorschieben
Für ein striktes Verkaufsverbot von Welpen ( 108/A ) macht sich die Liste Pilz stark. Die im Zoofachhandel
angebotenen Tiere würden häufig aus nicht nachvollziehbaren ausländischen Quellen stammen, so die
Argumentation. Zudem gebe es keine Informationen über Herkunft oder Haltungsbedingungen der Elterntiere, und
die Sozialisierung der Hunde werde im Geschäftsumfeld beeinträchtigt. Daniela Holzinger-Vogtenhubers
Plädoyer, im Interesse des Tierschutzes der Forderung von 52.000 BürgerInnen zu folgen und den Welpenhandel
zu verbieten, konnte Josef Riemer (FPÖ) einiges abgewinnen. Er verwies jedoch auf laufende Gespräche
mit verschiedenen Interessensträgern, die laut Ministerin Hartinger-Klein "ehestbald" zu einer Lösung
führen würden.
Opposition unterstützt Nichtraucherschutz-Petition
Unterstützt von Abgeordneten der SPÖ, der NEOS und der Liste Pilz kam auch die von der Österreichischen
Krebshilfe initiierte Online-Petition "Don´t Smoke, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben"
( 1/PET ) in den Gesundheitsausschuss. Ziel des Forderungskatalogs ist die Wiederbelebung der 2015 im Nationalrat
beschlossenen Tabakgesetznovelle, die ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018 vorsah.
Die Opposition wertet die heuer im Februar von ÖVP und FPÖ beschlossene Rücknahme des 2015 von der
damaligen rot-schwarzen Regierung ausverhandelten und beschlossenen NichtraucherInnenschutzgesetzes als gesundheitspolitischen
Rückschritt. 13.000 Tote durch aktiven und passiven Tabakkonsum führte Rendi-Wagner als Hauptargument
für ein Rauchverbot in der Gastronomie an, Gerald Loacker (NEOS) befand, Österreich habe sich mit der
letzten Tabakgesetznovelle zur "Lachnummer in Europa" gemacht. Besonders die ArbeitnehmerInnen in der
Gastronomie hätten nun darunter zu leiden, kritisierte er unisono mit Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ),
die zudem auf die Situation von Lehrlingen in diesem Bereich hinwies.
Österreich verfüge über das strengste Nichtraucherschutzgesetz der Welt, hielt für die FPÖ
Peter Wurm entgegen. Tabakwaren dürften nur mehr an über 18-Jährige verkauft werden, das Rauchen
im Auto mit einem Kind sei ebenso verboten wie der Zigarettenkonsum an Schulen und Universitäten. Ministerin
Hartinger-Klein verwies außerdem auf ihre Verordnung, wonach Lehrlinge nicht länger als eine Stunde
in rauchigen Räumen tätig sein dürfen. Wünschten sie aufgrund der Rauchbelastung einen Wechsel
des Arbeitsplatzes, hätten sie dabei vom Arbeitgeber und der Wirtschaftskammer Unterstützung zu erhalten.
Letztlich sprach sich Hartinger-Klein aber wie die Regierungsparteien dafür aus, die Ergebnisse des laufenden
Volksbegehrens abzuwarten.
|