Rechnungshof empfiehlt u.a. einheitliche Entschädigung für Wahlbeisitzer und drängt
auf rechtzeitige Zustellung von Wahlkarten
Wien (pk) - Der ursprüngliche Termin für die Wiederholung der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen
Bundespräsidenten-Stichwahl musste 2016 vom Oktober auf Dezember verschoben werden. Grund dafür waren
fehlerhafte Briefwahlkuverts. Diese Panne und andere Probleme bei der Abwicklung der Wahl hat der Rechnungshof
2017 genauer unter die Lupe genommen. Am 18. September stand der entsprechende Prüfbericht im Rechnungshofausschuss
des Nationalrats zur Diskussion.
Die PrüferInnen stellen dem Krisenmanagement des Innenministeriums dabei kein schlechtes Zeugnis aus. Ihrer
Meinung nach hätte das Ressort im Zuge der Beschaffung der Wahlkarten und anderer Drucksorten jedoch mehr
Bedacht auf Qualitätssicherung legen müssen. Zudem empfehlen die PrüferInnen standardisierte Schulungen
zur gesetzmäßigen Durchführung von Wahlen, einen beschleunigten Versand von Wahlkarten an AuslandsösterreicherInnen
und eine einheitliche Entschädigung für WahlbeisitzerInnen. Gefordert ist laut Rechnungshof dabei auch
das Parlament als Gesetzgeber.
Die Kosten für die Verschiebung der Wiederholung des zweiten Wahlgangs hat der Rechnungshof mit 5,2 Mio. €
berechnet. Damit erhöhten sich die Gesamtkosten der Bundespräsidentenwahl 2016 um rund 8%. Das Druckereiunternehmen,
das die Wahlkarten hergestellt hat, leistete auf Grundlage eines Vergleichs einen Ersatzbetrag von 500.000 €.
Laut Staatssekretärin Karoline Edtstadler hat das Innenministerium mittlerweile alle in seinen Wirkungsbereich
fallenden Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt. Was Reformen im Wahlrecht betrifft, sieht sie jedoch die Abgeordneten
am Zug.
Wahlkartenpanne ist nicht völlig überraschend gekommen
Konkret weist der Rechnungshof in seinem Prüfbericht ( III-179 d.B. ) darauf hin, dass die Wahlkarten-Panne
nicht völlig überraschend gekommen ist. Schon bei der Bundespräsidentenwahl 2010 hat es Probleme
mit geöffneten Wahlkarten-Kuverts gegeben. Schon allein deshalb wäre nach Ansicht der PrüferInnen
im Zuge der – grundsätzlich gesetzeskonform und nachvollziehbar abgelaufenen – Beschaffung von Wahldrucksorten
eine vertiefte Qualitätskontrolle angebracht gewesen, die jedoch verabsäumt wurde. Weitgehend positiv
bewertet werden hingegen die Maßnahmen des Innenministeriums zur Unterstützung von Gemeinden und Wahlbehörden
zur korrekten Abwicklung der Wahlwiederholung, etwa durch ein E-Learning-Programm und Leitfäden, – diese sollten,
angepasst an die jeweilige Wahl, fortgeführt und vertieft werden.
Handlungsbedarf sieht der Rechnungshof darüber hinaus in Bezug auf den Versand von Wahlkarten. Zum einen stehe
den Gemeinden für die Bearbeitung und Versendung von Wahlkarten ein äußerst knapper Zeitraum zur
Verfügung. Zum anderen hätten AuslandsösterreicherInnen insbesonders in außereuropäischen
Ländern Wahlkarten mehrfach so spät erhalten, dass eine zeitgerechte Rücksendung nicht mehr möglich
gewesen sei. Hier seien gegebenenfalls gesetzliche Änderungen notwendig, wird im Bericht festgehalten. Dasselbe
gilt für klare Regelungen, was die Weiterleitung und Aufbewahrung von Wahlakten und -unterlagen betrifft.
Ein Dorn im Auge ist dem Rechnungshof auch die unterschiedliche Entschädigung der WahlbeisitzerInnen. Nur
eine Minderheit der 87 befragten Gemeinden hat sich demnach im Rahmen des Gebührenanspruchsgesetzes bewegt.
Etliche Gemeinden zahlten auch mehr als vorgesehen. Insgesamt hat die Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl
die Gemeinden nach Berechnung des Rechnungshofs 4,89 Mio. € gekostet, wobei die Mehrkosten durch die Pauschalentschädigung
des Ministeriums in der Höhe von 4,03 Mio. € weitgehend abgedeckt wurden.
Edtstadler sieht bei Wahlrechtsreform Abgeordnete am Zug
Im Rahmen der Debatte machte SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner unter anderem auf gravierende Probleme bei der
Zustellung von Wahlkarten durch die österreichische Post AG aufmerksam. Das Innenministerium steht der Anregung
der Post, Wahlkarten zentral auszustellen und zu versenden, allerdings skeptisch gegenüber. Staatssekretärin
Edtstadler machte im Ausschuss etwa auf das enorme Risiko im Falle eines kurzfristigen Totalausfalls des Systems
aufmerksam. Das Innenministerium tendiere eher dazu, die Aussstellung von Wahlkarten zu dezentralisieren und den
Gemeinden zu übertragen, erklärte sie.
Von sich aus will das Innenministerium allerdings keine Wahlrechtsreform initiieren. Es sei Tradition in Österreich,
dass Änderungen des Wahlrechts vom Parlament ausgehen, betonte Edtstadler. Das Ressort stelle aber gerne seine
Expertise bei der Umsetzung von Vorschlägen zur Verfügung. Das unterstrich auch der Leiter der Abteilung
Wahlrechtsangelegenheiten im Innenministerium Robert Stein, der im Übrigen mit baldigen Gesprächen rechnet.
Bei etwaigen Reformen zu bedenken sei jedenfalls, dass es für manche gesetzliche Änderungen wie einer
verpflichtenden Schulung von WahlbeisitzerInnen einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat bedürfe. Zudem gelte
es, gewisse Vorlaufzeiten zu beachten, sollten die Fraktionen beispielsweise eine Erweiterung des Zentralen Wählerregisters
anstreben.
Mit der Post werden laut Stein laufend Gespräche auf verschiedenen Ebenen geführt. Zuletzt sei man etwa
die bevorstehenden Europawahlen durchgegangen. Eine lückenlose Verfolgung von Wahlkarten wäre ihm zufolge
mit Hilfe des Zentralen Wählerregisters technisch grundsätzlich möglich, auch dazu brauche es aber
gesetzliche Änderungen.
WahlbeisitzerInnen: Innenministerium will Gebühren nicht anheben
Was die finanzielle Entschädigung von WahlbeisitzerInnen betrifft, urgierte Erwin Preiner (SPÖ) mehr
Geld vom Innenministerium. Den derzeitigen Gebührenanspruch von 12,50 € für ein Frühstück und
ein Mittagessen hält er für viel zu niedrig. Zudem sprach er sich dafür aus, WahlbeisitzerInnen
zu Schulungen zu verpflichten und den entsprechenden Zeitaufwand durch den Bund abzugelten.
Seitens der ÖVP wies Hermann Gahr darauf hin, dass der Rechnungshof sehr zeitnah geprüft habe. Seiner
Meinung nach bietet der Bericht eine wichtige Grundlage für eine Weiterentwicklung des Wahlrechts. Ausschussvorsitzende
Irmgard Griss (NEOS) zeigte in diesem Zusammenhang kein Verständnis dafür, dass das Innenministerium
nicht von sich aus initiativ wird, etwa was erweiterte Funktionen des Zentralen Wählerregisters betrifft.
Franz Hörl (ÖVP) beklagte, dass die im Zusammenhang mit der Bundespräsidentenwahl eingeleiteten
Strafverfahren gegen einige Wahlbehörden immer noch nicht abgeschlossen sind.
Das Innenministerium habe sämtliche Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt, die sich nicht an den Gesetzgeber
richten, bekräftigte Staatssekretärin Edtstadler. So verwies sie gegenüber FPÖ-Abgeordnetem
Alois Kainz auf die Einrichtung eines Call-Centers, das bei der Nationalratswahl gut funktioniert habe. Auch Schulungsmaßnahmen
und ein E-Learning-Tool wurden zur Verfügung gestellt und gut angenommen. Die WahlbeisitzerInnen zur Absolvierung
des E-Learning-Tools von Seiten des Innenministeriums zu verpflichten, ist ihr zufolge nach derzeitiger Gesetzeslage
aber nicht möglich.
Was die Panne bei den Wahlkuverts betrifft, machte Wahlrechtsexperte Stein geltend, dass 2010 eine einstellige
Zahl von 1,5 Millionen Wahlkarten defekt gewesen sei. Nach den Problemen bei der Bundespräsidentenwahl 2016
sei man aber zu gängigen Drucksorten zurückgekehrt und habe weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen
gesetzt. Dadurch sei auch die Fehleranfälligkeit gesunken, betonte Edtstadler. Eine Ausdehnung der Fristen,
um AuslandsösterreicherInnen die rechtzeitige Rücksendung der Wahlkarte zu erleichtern, sieht sie als
Sache des Gesetzgebers.
Eine Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes ist laut Edtstadler nicht angedacht. Das Amt des Wahlbeisitzers
sei grundsätzlich ein Ehrenamt und der Gebührenanspruch mit 12,50 € von Vorarlberg bis zum Burgenland
gleich, sagte sie. Es sei den Gemeinden aber anheimgestellt, zu den vom Bund erstatteten Kosten etwas draufzuzahlen.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker wies darauf hin, dass das Innenministerium zwar nicht die Wahlbehörde
sei, aber eine zentrale Rolle bei Wahlen spiele. Gerade das Zentrale Wählerregister würde ihrer Meinung
nach viele neue Möglichkeiten bieten. Bei den Wahlkarten sieht sie das Hauptproblem bei den engen Fristen,
die es gibt. Im Kern geht es laut Kraker darum, aus den Erfahrungen der Bundespräsidentenwahl Lehren zu ziehen
und diese nutzbringend für alle Wahlen umzusetzen. Der Bericht des Rechnungshofs wurde schließlich einstimmig
zur Kenntnis genommen.
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