Wer war 1968?

 

erstellt am
28. 09. 18
12:00 MEZ

Kunst, Architektur, Gesellschaft – LENTOS Kunstmuseum Linz, 28. September 2018 bis 13. Jänner 2019, NORDICO Stadtmuseum Linz 28. September 2018 bis 24. Februar 2019, Landesgalerie Linz 4. Oktober 2018 bis 20. Jänner 2019
Linz (lentos) - Das Jahr 1968 steht für eine Epochenwende. Die StudentenInnenunruhen und ArbeiterInnenaufstände brachten in Westeuropa und den USA die Machtgefüge der Nachkriegsordnung ins Schwanken, während die Zerschlagung des Prager Frühlings durch sowjetische Panzer das Ende der Hoffnung von einer Öffnung des Ostblocks signalisierten. Auch in Oberösterreich wurde ein neuer politischer Wind spürbar, der sich unmittelbar auf die Lebensumstände und Kultur einer Generation auswirkte und dessen Einfluss bis weit in die 1980er Jahre erhalten blieb.

Wer war 1968? Drei Institutionen, ein Projekt
Drei Ausstellungen, im LENTOS Kunstmuseum, NORDICO Stadtmuseum und der Landesgalerie Linz, fächern die Facetten und Auswirkungen der 68er- Bewegung unter verschiedenen Aspekten auf. In einer Zusammenschau von Kunst, Architektur, Musik, Film und Literatur wird ein Bogen gespannt, der das Klima und die Geschichte dieser Ära nochmals lebendig werden lassen. Wer war 1968? Kunst, Architektur, Gesellschaft ist ein gemeinsames Projekt von LENTOS Kunstmuseum, NORDICO Stadtmuseum und Landesgalerie Linz des Oö. Landesmuseums. Die Ausstellungen im LENTOS und NORDICO wurden von Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer kuratiert, die Schau in der Landesgalerie von Johannes Porsch.

"Das große Gemeinschaftsprojekt zu 1968 stellt die Veränderungen in Kunst und Gesellschaft Ende der 1960er Jahre ins Zentrum und fragt nach, was von diesen Aufbrüchen heute noch spürbar ist.", so Hemma Schmutz, Direktorin der Museen der Stadt Linz.

"Die Kooperation zwischen den städtischen Museen und der Landesgalerie Linz ist ein Beweis für die gute Beziehung zwischen den Institutionen untereinander. Die BesucherInnen haben den großen Vorteil, dass sie alle drei Ausstellungen mit einem einzigen Kombiticket besuchen können", freut sich Doris Lang-Mayerhofer, Stadträtin für Kultur, Tourismus und Kreativwirtschaft.

Ein Jahrzehnt der Ausbrüche, Aufbrüche und Umbrüche in der Stahlstadt Linz im LENTOS Kunstmuseum
Im LENTOS dreht sich alles um das Jahrzehnt der Ausbrüche, Aufbrüche und Umbrüche in der Stahlstadt Linz. Wichtige künstlerische Positionen der lokalen Szenen aus Linz und Oberösterreich werden mit KünstlerInnen aus den Nachbarregionen in Beziehung gestellt. Insgesamt werden in der Ausstellung über 220 Werke von 52 KünstlerInnen präsentiert.

Heimrad Bäcker, als wichtiger Vertreter der Konkreten Poesie und Herausgeber der Zeitschrift Neue Texte, war eine Schlüsselfigur in Linzer KünstlerInnenkreisen, darüber hinaus hat er, als einer der ersten die nationalsozialistische Todesmaschinerie in Mauthausen und Gusen dokumentiert. Zu Bäckers Umfeld gehörten Josef Bauer, Gerhard Knogler und Fritz Lichtenauer, die in ihrem Werk mit den semantischen Zusammenhängen von Sprache experimentierten.

Während die Avantgarden der 1970er Jahre in anderen österreichischen Städten ihre künstlerische Arbeit meist in den Kontext mit jener von KollegInnen aus dem Westen stellten und thematisch verbanden, war es ein Spezifikum der Linzer Gruppe, dass sie das kurze Fenster der Öffnung der CSSR nutzte und Kontakte mit der sich dort etablierenden experimentellen Szene knüpfte. In der Schau ist diese tschechoslowakische Avantgarde unter anderem durch Arbeiten von Stano Filko, Ji?í Valoch oder Bela Kolarová vertreten. Internationale Positionen wie jene von Martha Rosler, Yoko Ono oder Erró ergänzen die Ausstellung.

Die Arbeiten von den in Linz geborenen KünstlerInnen, VALIE EXPORT und Josef Nöbauer verweisen auf den restriktiven Zustand der Nachkriegsgesellschaft und den damals vorherrschenden Katholizismus.

Johann Jascha rekonstruiert erstmals seit 40 Jahren für die Ausstellung die Arbeit Schöner Wohnen, die in Zusammenarbeit mit der Gruppe Salz der Erde entstanden ist. Der Künstler sammelte im Zeitraum 1969 bis 1975 die Überreste seines Lebens in getrockneter Form in seinem damaligen Atelier. Bei der Ausstellungseröffnung ist Jascha mit einer seiner Schreiaktionen zu erleben.

Ein Archiv des Aufbruchs nach 1968 im NORDICO Stadtmuseum
Das NORDICO als Stadtmuseum zeigt die gesellschaftlichen Veränderungen in den 1970er-Jahren in den unterschiedlichen Bereichen wie der Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung. Gemeinsam mit den damaligen AkteurInnen in und um Linz wurde mit Bildern, Dokumenten, Soundtracks und Videos ein Archiv des Aufbruchs nach 1968 in Linz erstellt, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Gezeigt werden rund 200 Objekte und Materialien von denen viele zum ersten Mal öffentlich zu sehen sind sowie Arbeiten von KünstlerInnen und ArchitektInnen.

Die Protestaktionen an der Linzer Hochschule für Mitbestimmung und Demokratisierung, werden genauso thematisiert, wie die Auswirkungen des gesellschaftlichen Umbruchs auf Kunst, Architektur, Literatur, Theater und Musik. Wer war damals wo und warum, mit wem? Wer kämpfte wofür und gegen wen? Wer kam, wer ging? Wo traf man sich? Wie wurde zusammen gelebt, geliebt, gearbeitet oder getanzt? Und wie klang und kleidete sich eine Zeit, in der der Wunsch von vielen nach einer besseren und gerechteren Welt noch Wirklichkeit werden konnte?

Schluss mit der Wirklichkeit! Avantgarde, Architektur, Revolution, I968 in der Landesgalerie Linz
Die Ausstellung unter dem Titel Schluss mit der Wirklichkeit! Avantgarde, Architektur, Revolution, 1968, die von Johannes Porsch kuratiert wurde, ist Teil des gemeinsamen Projekts Wer war 1968? Kunst, Architektur, Gesellschaft. Die Schau eröffnet am 3. Oktober in der Landesgalerie Linz.

"In der Landesgalerie liegt der Fokus auf experimenteller Architektur und visionären Konzepten. Architektur wurde damals völlig neu gedacht, der öffentliche Raum erobert und die Grenzen zu Pop und Konsumkultur aufgehoben.", verdeutlicht Gabriele Spindler, Leiterin der Landesgalerie Linz.

Schluss mit der Wirklichkeit! nimmt experimentelle Architekturtendenzen der I960er Jahre mit lokalem Bezug zu Oberösterreich im Kontext des kulturellen Klimas der Zeit sowie den internationalen Strömungen der Neo-Avantgarden in den Blick. Mediale Erweiterungen der Architektur hin zu Pop und Konsumkultur, die Entgrenzung zu ästhetischen Verfahrensweisen, sowie Entwürfe und Strategien gesellschaftlicher Transformation durch Architektur bilden im Begriffsfeld der Bewusstseinskritik die thematischen Schwerpunkte der Präsentation. In welchem Verhältnis stehen die Projekte einer experimentell ausgerichteten Architektur zum "Geist der Revolution" von I968? Ob und wie ästhetische Erfahrung und politische Aktion sich zueinander verhalten, ist die bis heute so relevante Frage, die der Ruf nach einer verbesserten Wirklichkeit aufwirft.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.lentos.at
http://www.nordico.at
http://www.landesmuseum.at

 

 

 

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