Literaturwissenschaftler Heinrich Detering und „Die Furche“-Herausgeber Heinz Nußbaumer
im Gespräch über kulturelle Brücken zwischen Orient und Okzident
Wien (öif) - Über die Beziehungen zwischen Orient und Okzident sowie über die Bedeutung von kulturellen
Brücken für den Dialog und für die Integration sprachen am 25. September 2018 der deutsche Literaturwissenschaftler
Heinrich Detering und der österreichische Publizist und Autor Heinz Nußbaumer beim Podiumsgespräch
„Perspektiven Integration“ des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Die Diskussion im Wiener Leopold
Museum wurde von Ö1-Kulturjournalistin Nadja Kayali moderiert. Kayali gestaltet und moderiert unter anderem
auf Ö1 die Kammermusiksendung „Apropos Musik“. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Einfluss des Orients auf die
klassische Musik wie beispielsweise auf das Werk Schuberts.
Detering: „Wechselseitige Einflüsse in Kunst und Kultur wahrnehmen“
Literaturwissenschaftler Heinrich Detering, der unter anderem mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen
Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet wurde, befasst sich bereits seit Jahren intensiv mit der literarischen Rezeption
des Islam in der deutschen Literatur im Rahmen seiner Vorlesung: „Der Islam in der deutschen Literatur – von Lessing
bis zur Gegenwart“. Detering betonte bei der Diskussion, dass man sich heute der vielen wechselseitigen Einflüsse
in der Literatur gar nicht mehr bewusst sei: „Die reichhaltige Kulturgeschichte – besonders auch in der Literatur
– des Orients und Okzidents zeigt, wie wichtig es ist, übereinander zu wissen, um einander auch verstehen
zu können. Wir müssen einander in unseren Differenzen wahrnehmen, um darin auch Gemeinsamkeiten zu erkennen.
Nehmen wir beispielsweise die Literatur Karl Mays, die mit ihren differenzierten Darstellungen des Orients und
des Islam zum Abbau von Vorurteilen und zum Verständnis der Religionen untereinander beitragen kann.“
Detering wies auch auf den Einfluss der orientalischen Literatur insbesondere auf das Spätwerk Johann Wolfgang
von Goethes hin: „Goethes Gedichtzyklus „West-östlicher Divan“, der von den Werken des persischen Dichters
Hafis inspiriert war, verdeutlicht die wechselseitigen Einflüsse in der Literaturgeschichte und zeigt auch
das Interesse und den Respekt vor der Lebenswelt des Orients.“
Nußbaumer: „Österreich hat historisch lange Verbindung zum Orient“
Heinz Nußbaumer, Publizist, Autor und Herausgeber der Wochenzeitung „Die Furche“, setzt sich auch als
Vizepräsident der Österreichischen Orient-Gesellschaft mit kulturell-religiösen Bezügen auseinander:
„Österreich hat im Gegensatz zu ehemaligen Kolonialmächten eine historisch lange Verbindung zum Orient,
die auch von Neugier und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Das Engagement des österreichischen Orientalisten
Joseph von Hammer-Purgstall ist besonders zu betonen. Er hat zahlreiche Werke der orientalischen Literatur übersetzt
und ist eine Symbolfigur des Respekts, der Neugier, ja der Faszination für die Kulturen des Nahen und Mittleren
Ostens
ÖIF-Veranstaltungen zu Zusammenleben, Identität und Kultur
Der Österreichische Integrationsfonds lädt regelmäßig Autor/innen, Philosoph/innen und
Historiker/innen zu Podiumsgesprächen und Lesungen, um die Bedeutung von kulturellen Einflüssen auf das
Zusammenleben sowie gesellschaftliche Herausforderungen und Entwicklungen zur Integration zu thematisieren. Bisher
waren unter anderem Autor Kamel Daoud, Historiker und Publizist Michael Wolffsohn, Philosoph Peter Sloterdijk,
Essayist und Philosoph Pascal Bruckner und Schriftsteller Boualem Sansal zu Gast.
Mit der Veranstaltungsreihe „Perspektiven Integration“ diskutiert der ÖIF auch 2018 Fragen zum Zusammenleben,
Integration, Identität, Kultur und Religion. Am 6. November 2018 ist der deutsche Schriftsteller und Georg-Büchner-Preisträger
Martin Mosebach im Wiener Musikverein zu Gast.
Am 4. Dezember 2018 kommt der deutsche Literaturkritiker der Wochenzeitung „Die Zeit“ und Autor Ijoma Mangold zu
einer Lesung mit einem Podiumsgespräch ins Belvedere 21.
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