Nationalstaaten als Störenfriede der EU-Integration

 

erstellt am
27. 09. 18
13:00 MEZ

Regionen debattieren Zukunft der EU – Zeitzeugen und Nachkommen der europäischen Gründerväter erstmals in Salzburg – Interview mit Franz Schausberger
Brüssel/Salzburg (lk) - Der EU-Gipfel war dieser Tage noch längst nicht alles in Salzburg zum Thema Europa. Behindern die Nationalstaaten Europas Zukunft? Darüber debattieren von 30. September bis 2. Oktober in Salzburg rund 700 politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger bei der 14. Konferenz Europäischer Regionen und Städte. Ebenfalls heiße Themen des Treffens: Brexit, Digitalisierung, Energieversorgung und Landflucht. Und Zeitzeugen und Nachkommen von Europas Gründervätern kommen in der Mozartstadt zu Wort.

Mit dem deutschen Politikwissenschaftler Winfried Böttcher ist bei der Konferenz inhaltlicher Zündstoff garantiert: „Der Nationalstaat hat einer verstörenden Globalisierung nichts entgegenzusetzen. Er ist machtlos. Besonders fehlt ihm die Kontrolle über den größten deregulierten Markt, den Kapitalmarkt“, so der Europaspezialist, der am Sonntag an der Startdebatte teilnimmt.

Wie die Regionen Brexit und Landflucht spüren
Stefan Mayer vom Landes-Medienzentrum (LMZ) hat mit Franz Schausberger, dem Vorsitzenden und Gründer des Instituts der Regionen Europas (IRE), zu den Höhepunkten der Konferenz gesprochen.

LMZ: Der Brexit beschäftigt derzeit Briten und EU gleichermaßen. Was bedeutet der geplante EU-Austritt für die Ebene der Regionen und Gemeinden?

Franz Schausberger: Salzburg wird – vielleicht abgesehen vom Tourismus – wenig vom Brexit spüren. In erster Linie sind die Regionen und Städte Großbritanniens und Irlands betroffen, vor allem jene mit bedeutenden Industrien. Innerhalb der EU werden nach einer Studie 50 Regionen negative wirtschaftliche Auswirkungen vom Brexit spüren, 41 davon in Deutschland mit hohem Industrieanteil sowie Hafenstädte in den Niederlanden, in Belgien und in Frankreich. Über all diese regionalen und branchenspezifischen Probleme wird derzeit noch nicht wirklich gesprochen, da braucht die Öffentlichkeit ganz dringend einen Weckruf. Regionale Vertreter aus Großbritannien befürchten: „Wir schlafwandeln in eine mögliche, wirtschaftliche Katastrophe hinein“.

LMZ: Die Konferenz richtet diesmal den Blick sowohl zurück als auch nach vorn. Wie wird dies mit Leben erfüllt?

Franz Schausberger: Wir wollen hören, was wohl die Gründerväter des gemeinsamen Europa zur aktuellen Situation der EU sagen würden. Dazu haben wir die Nachfahren und engste Vertraute der Gründerväter eingeladen. Eine spannende Diskussion mit großen Namen wie Adenauer, Hallstein, Monnet, Mansholt und berührende Erinnerungen von Frau De Gasperi und Frau Spaak stehen bevor.

Wird Europa in den kommenden Jahrzehnten das Flüchtlingsproblem bewältigen können, wird es ein zentralistisches oder ein föderalistisches Europa mit starken Regionen sein, wie viele neue EU-Mitgliedstaaten wird es geben? Das sind die Fragen, die wir unter dem Motto „Was wird aus Europa“ diskutieren werden.

LMZ: Energie und Landflucht bilden Schwerpunktthemen. Welche Regionen und Städte in Europa haben hier interessante Ideen und Beiträge?

Franz Schausberger: Das Thema trifft alle Regionen Europas. Wir wollen nicht jammern, sondern Lösungsansätze bieten: Die Gemeinde Bollewick aus Mecklenburg-Vorpommern hat sich erfolgreich gegen die Abwanderung gewehrt, in Kroatien soll eine neue Wohnbauinitiative die jungen Menschen in den ländlichen Regionen halten, in den italienischen und französischen Alpen ist eine Rückwanderung und Wiederbelebung von Dörfern gelungen, in Salzburg versucht man durch eine neue Raumordnung das Thema in den Griff zu bekommen.

Landeshauptmann Wilfried Haslauer, EU-Kommissar Johannes Hahn, Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka werden das vom IRE organisierte Treffen am 1. Oktober offiziell eröffnen.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.institut-ire.eu

 

 

 

 

 

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