Elektronische Notariatsakte zur
 Erleichterung von GmbH-Gründungen

 

erstellt am
27. 09. 18
13:00 MEZ

Nationalrat ermöglicht einhellig auch künftige Genossenschaftsspaltungen
Wien (pk) - Mit breiter Mehrheit beschloss der Nationalrat am 26. September Erleichterungen zur Errichtung elektronischer Notariatsakte bei der Gründung von GesmbHs sowie einstimmig ein sogenanntes Genossenschaftsspaltungsgesetz, womit auch Genossenschaften die Möglichkeit der Spaltung erhalten. Darüber hinaus stimmten die Abgeordneten einer Annahmeerklärung zur Erweiterung des Übereinkommens über zivilrechtliche Aspekte internationaler Kindesentführungen um vier lateinamerikanische Staaten einhellig zu.

Möglichkeit für elektronische Notariatsakte bei der Gründung von GmbHs
Das sogenannte " Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz " zur Erleichterung und Attraktivierung der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem Notar durch Nutzung sicherer technischer Kommunikationsmöglichkeiten sowie einer eindeutigen gesetzlichen Determinierung von Umfang und Reichweite der notariellen Pflichten bei der Unterschriftsbeglaubigung befürworteten die Abgeordneten in der heutigen Sitzung mit breiter Mehrheit.

Alfred Noll (PILZ) begrüßt die Erleichterungen grundsätzlich, seine Fraktion lehne die Vorlage allerdings trotzdem ab, sie gehe zu wenig weit. Wenn schon modernisiert werde, sei das Monopol der Notare endlich abzuschaffen und auch der österreichischen Rechtsanwaltschaft die Möglichkeit zu geben, diese Aufgaben wahrzunehmen. Johannes Jarolim (SPÖ) kann diese Kritik nachvollziehen und sprach sich im Sinne der Bevölkerung für eine weitere Diskussion zur Ausweitung der Aufgaben auf AnwältInnen aus. Der aktuell sinnvollen Modernisierungsmaßnahme stimme er aber ebenso wie Ruth Becher (SPÖ) zu. Becher räumte ein, die Vereinfachung in der Gründung sei sicherlich sehr positiv, dürfe aber kein Faktor für die Entscheidung sein, eine GmbH zu gründen.

Es habe schon einen Sinn, warum verschiedene Berufsstände auch verschiedene Aufgaben wahrnehmen, entgegnete dazu Johanna Jachs seitens der ÖVP. Heute werde jedenfalls die Möglichkeit geschaffen, GmbHs in Zukunft digital gründen zu können. Mittels moderner Technologie wie Videokonferenzen werden bisherige Probleme erleichtert, sodass unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr alle GründerInnen persönlich anwesend sein müssen. Das könne den Gründungsablauf erheblich verkürzen, es werde Innovation und Effizienz am Standort Österreich gefördert und die Zahl der Gründungen werde steigen, so Jachs. Ihr Dank gelte auch der Notariatskammer für die Unterstützung zur Umsetzung dieser Möglichkeit.

Volker Reifenberger (FPÖ) strich als Vorteil zur rascheren Abwicklung etwa heraus, dass künftig durch die Einsatzmöglichkeit einer Videokonferenz nicht alle GesellschafterInnen beim Notar anwesend sein müssen. Gleichzeitig werde ein hohes Sicherheitsniveau beim Gründungsvorgang beibehalten. Das vorliegende Gesetz stelle eine Anpassung an moderne technische Möglichkeiten dar, für eine Verschiebung der Berufsbilder zwischen Notar und Anwalt bestehe kein Anlass, so Reifenberger.

Justizminister Josef Moser dankte den Abgeordneten für die umfassende Zustimmung. Das Gesetz sei gut, richtig und vor allem modern. Er stehe aber auch für die Anliegen der Rechtsanwaltschaft für Gespräche in weiterer Folge zur Verfügung.

Genossenschaften erhalten die Möglichkeit zur Umgründung durch Spaltung
Die Umgründungsform der Spaltung nach dem Vorbild der Kapitalgesellschaften wird in Zukunft auch Genossenschaften zustehen. Der Nationalrat befürwortete ein entsprechendes Bundesgesetz einhellig. Genossenschaften erhalten damit die Möglichkeit, ihr Vermögen zur Gänze oder teilweise im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf neue oder bestehende Genossenschaften zu übertragen.

Die SPÖ stimmte zwar letztlich dem Entwurf zu, äußerte aber dennoch Kritik. Dem ursprünglichen Vorschlag seien zum Glück die Giftzähne gezogen worden, sagte Ruth Becher (SPÖ). Dort sei vorgesehen gewesen, die Spaltung für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften zu ermöglichen, das sei zum Glück nun herausgenommen worden. Auch Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) hinterfragte Richtung Regierung, welche Stoßrichtung diese verfolge. Aus seiner Sicht werde nur ein geringer Teil eine Spaltung anstreben, unterm Strich bleibe dann nur eine "Lex Raiffeisen" über.

Wohnbaugenossenschaften seien von der Möglichkeit explizit ausgenommen, entgegnete Michaela Steinacker (ÖVP) postwendend und sprach sich Richtung SPÖ für mehr diesbezügliche Sachlichkeit aus. Idee und Sinn einer Genossenschaft sei, miteinander mehr zu erreichen. Deren Wesen sei auch geprägt davon, zwar ertragreich sein zu wollen, aber die Leistungen für Mitglieder in den Vordergrund zu stellen. Durch das Spaltungsgesetz können diese in Zukunft einzelne Unternehmensbereiche oder auch regionale Standorte heraustrennen, um im Sinne der Mitglieder effizienter, besser und innovativer zu sein. Peter Haubner (ÖVP) schloss sich dem an und entgegnete Feichtinger, Österreich habe eine Vielzahl von Genossenschaften, das Gesetz betreffe nicht nur eine einzelne Gruppe. Mit der Spaltungsmöglichkeit ziehe man nun endlich dem nach, was Kapitalgesellschaften schon lange machen dürfen.

Auch Markus Tschank sprach seitens der FPÖ von einem sehr guten Gesetz, da bisher in dieser Hinsicht Genossenschaften stiefmütterlich behandelt worden seien. Besonders wichtig ist aus seiner Sicht der ausreichende Schutz der GläubigerInnen, der im neuen Gesetz auch Berücksichtigung findet. Die Mitglieder der Genossenschaft erhalten Tschank zufolge ein sehr hohes Maß an Handlungsoptionen, außerdem werde damit die Rechtsform der Genossenschaft sehr aufgewertet.

Justizminister Moser unterstrich, dass das Gesetz moderner werde, indem Ungleichheiten zu Kapitalgesellschaften beseitigt werden. Es werde nun eine Rechtslage hergestellt, wie sie in Deutschland schon seit vielen Jahren bestehe.

Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen
Dem Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen sind die Länder Paraguay, Uruguay, El Salvador und Kolumbien beigetreten. Die Abgeordneten stimmten heute einhellig für eine diesbezügliche Annahmeerklärung, die sicherstellt, dass das Regelwerk zwischen Österreich und den vier lateinamerikanischen Staaten Wirksamkeit entfaltet.

Das Abkommen ziele vor allem auf Fälle von Kindesentführungen im innerfamiliären Bereich über Landesgrenzen hinweg ab, die weltweit immer wieder für Aufmerksamkeit sorgen würden, erläuterte Gertraud Salzmann (ÖVP). Kinder würden dabei gegen ihren Willen von einem Elternteil getrennt und in eine für sie oft fremde Gesellschaft eingegliedert."Die Kinderseele ist etwas, das am verletzlichsten ist. Diese Kinderseele gilt es zu schützen. Hier kann der Rechtsstaat nicht zusehen", so die Abgeordnete.

Jeder Beitritt eines weiteren Landes zum Abkommen sei gut, weil es den Umfang für Kooperationen zwischen den Behörden erhöhe, um Kindesentführungen schneller zu beenden, so ebenfalls

Petra Bayr (SPÖ). Latein- und Südamerika sei allerdings noch ein blinder Fleck, was politisches Engagement betrifft. Es gebe noch sehr viel zu tun auf diesem Kontinent.

Zustimmend zeigte sich auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), sie gab allerdings zu bedenken, dass die ursprüngliche Stoßrichtung des Abkommens keine Anwendung mehr finden würde. Es handle sich zumeist um Obsorgestreitigkeiten, in denen es mehr um rechtliche Aspekte als um das Kindeswohl gehe. Sie appellierte an die Regierung, bei einer aus ihrer Sicht nötigen Überarbeitung des Abkommens das Kindeswohl stärker ins Zentrum zu rücken.

"Wir tun alles, um die Kinder international immer mehr in den Blickpunkt zu rücken", sagte Justizminister Josef Moser mit Verweis auf Maßnahmen der Regierung im Rahmen des EU-Vorsitzes. Etwa setze man sich dafür ein, dass Verfahren abgekürzt werden und nicht länger als 18 Wochen dauern. Streit zwischen Eltern dürfe nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at
http://www.eu2018parl.at

 

 

 

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