Nationalrat ermöglicht einhellig auch künftige Genossenschaftsspaltungen
Wien (pk) - Mit breiter Mehrheit beschloss der Nationalrat am 26. September Erleichterungen zur Errichtung
elektronischer Notariatsakte bei der Gründung von GesmbHs sowie einstimmig ein sogenanntes Genossenschaftsspaltungsgesetz,
womit auch Genossenschaften die Möglichkeit der Spaltung erhalten. Darüber hinaus stimmten die Abgeordneten
einer Annahmeerklärung zur Erweiterung des Übereinkommens über zivilrechtliche Aspekte internationaler
Kindesentführungen um vier lateinamerikanische Staaten einhellig zu.
Möglichkeit für elektronische Notariatsakte bei der Gründung von GmbHs
Das sogenannte " Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz " zur Erleichterung und Attraktivierung
der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem Notar durch Nutzung sicherer technischer
Kommunikationsmöglichkeiten sowie einer eindeutigen gesetzlichen Determinierung von Umfang und Reichweite
der notariellen Pflichten bei der Unterschriftsbeglaubigung befürworteten die Abgeordneten in der heutigen
Sitzung mit breiter Mehrheit.
Alfred Noll (PILZ) begrüßt die Erleichterungen grundsätzlich, seine Fraktion lehne die Vorlage
allerdings trotzdem ab, sie gehe zu wenig weit. Wenn schon modernisiert werde, sei das Monopol der Notare endlich
abzuschaffen und auch der österreichischen Rechtsanwaltschaft die Möglichkeit zu geben, diese Aufgaben
wahrzunehmen. Johannes Jarolim (SPÖ) kann diese Kritik nachvollziehen und sprach sich im Sinne der Bevölkerung
für eine weitere Diskussion zur Ausweitung der Aufgaben auf AnwältInnen aus. Der aktuell sinnvollen Modernisierungsmaßnahme
stimme er aber ebenso wie Ruth Becher (SPÖ) zu. Becher räumte ein, die Vereinfachung in der Gründung
sei sicherlich sehr positiv, dürfe aber kein Faktor für die Entscheidung sein, eine GmbH zu gründen.
Es habe schon einen Sinn, warum verschiedene Berufsstände auch verschiedene Aufgaben wahrnehmen, entgegnete
dazu Johanna Jachs seitens der ÖVP. Heute werde jedenfalls die Möglichkeit geschaffen, GmbHs in Zukunft
digital gründen zu können. Mittels moderner Technologie wie Videokonferenzen werden bisherige Probleme
erleichtert, sodass unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr alle GründerInnen persönlich anwesend
sein müssen. Das könne den Gründungsablauf erheblich verkürzen, es werde Innovation und Effizienz
am Standort Österreich gefördert und die Zahl der Gründungen werde steigen, so Jachs. Ihr Dank gelte
auch der Notariatskammer für die Unterstützung zur Umsetzung dieser Möglichkeit.
Volker Reifenberger (FPÖ) strich als Vorteil zur rascheren Abwicklung etwa heraus, dass künftig durch
die Einsatzmöglichkeit einer Videokonferenz nicht alle GesellschafterInnen beim Notar anwesend sein müssen.
Gleichzeitig werde ein hohes Sicherheitsniveau beim Gründungsvorgang beibehalten. Das vorliegende Gesetz stelle
eine Anpassung an moderne technische Möglichkeiten dar, für eine Verschiebung der Berufsbilder zwischen
Notar und Anwalt bestehe kein Anlass, so Reifenberger.
Justizminister Josef Moser dankte den Abgeordneten für die umfassende Zustimmung. Das Gesetz sei gut, richtig
und vor allem modern. Er stehe aber auch für die Anliegen der Rechtsanwaltschaft für Gespräche in
weiterer Folge zur Verfügung.
Genossenschaften erhalten die Möglichkeit zur Umgründung durch Spaltung
Die Umgründungsform der Spaltung nach dem Vorbild der Kapitalgesellschaften wird in Zukunft auch Genossenschaften
zustehen. Der Nationalrat befürwortete ein entsprechendes Bundesgesetz einhellig. Genossenschaften erhalten
damit die Möglichkeit, ihr Vermögen zur Gänze oder teilweise im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf
neue oder bestehende Genossenschaften zu übertragen.
Die SPÖ stimmte zwar letztlich dem Entwurf zu, äußerte aber dennoch Kritik. Dem ursprünglichen
Vorschlag seien zum Glück die Giftzähne gezogen worden, sagte Ruth Becher (SPÖ). Dort sei vorgesehen
gewesen, die Spaltung für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften zu ermöglichen, das sei zum Glück
nun herausgenommen worden. Auch Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) hinterfragte Richtung Regierung, welche Stoßrichtung
diese verfolge. Aus seiner Sicht werde nur ein geringer Teil eine Spaltung anstreben, unterm Strich bleibe dann
nur eine "Lex Raiffeisen" über.
Wohnbaugenossenschaften seien von der Möglichkeit explizit ausgenommen, entgegnete Michaela Steinacker (ÖVP)
postwendend und sprach sich Richtung SPÖ für mehr diesbezügliche Sachlichkeit aus. Idee und Sinn
einer Genossenschaft sei, miteinander mehr zu erreichen. Deren Wesen sei auch geprägt davon, zwar ertragreich
sein zu wollen, aber die Leistungen für Mitglieder in den Vordergrund zu stellen. Durch das Spaltungsgesetz
können diese in Zukunft einzelne Unternehmensbereiche oder auch regionale Standorte heraustrennen, um im Sinne
der Mitglieder effizienter, besser und innovativer zu sein. Peter Haubner (ÖVP) schloss sich dem an und entgegnete
Feichtinger, Österreich habe eine Vielzahl von Genossenschaften, das Gesetz betreffe nicht nur eine einzelne
Gruppe. Mit der Spaltungsmöglichkeit ziehe man nun endlich dem nach, was Kapitalgesellschaften schon lange
machen dürfen.
Auch Markus Tschank sprach seitens der FPÖ von einem sehr guten Gesetz, da bisher in dieser Hinsicht Genossenschaften
stiefmütterlich behandelt worden seien. Besonders wichtig ist aus seiner Sicht der ausreichende Schutz der
GläubigerInnen, der im neuen Gesetz auch Berücksichtigung findet. Die Mitglieder der Genossenschaft erhalten
Tschank zufolge ein sehr hohes Maß an Handlungsoptionen, außerdem werde damit die Rechtsform der Genossenschaft
sehr aufgewertet.
Justizminister Moser unterstrich, dass das Gesetz moderner werde, indem Ungleichheiten zu Kapitalgesellschaften
beseitigt werden. Es werde nun eine Rechtslage hergestellt, wie sie in Deutschland schon seit vielen Jahren bestehe.
Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen
Dem Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen sind die
Länder Paraguay, Uruguay, El Salvador und Kolumbien beigetreten. Die Abgeordneten stimmten heute einhellig
für eine diesbezügliche Annahmeerklärung, die sicherstellt, dass das Regelwerk zwischen Österreich
und den vier lateinamerikanischen Staaten Wirksamkeit entfaltet.
Das Abkommen ziele vor allem auf Fälle von Kindesentführungen im innerfamiliären Bereich über
Landesgrenzen hinweg ab, die weltweit immer wieder für Aufmerksamkeit sorgen würden, erläuterte
Gertraud Salzmann (ÖVP). Kinder würden dabei gegen ihren Willen von einem Elternteil getrennt und in
eine für sie oft fremde Gesellschaft eingegliedert."Die Kinderseele ist etwas, das am verletzlichsten
ist. Diese Kinderseele gilt es zu schützen. Hier kann der Rechtsstaat nicht zusehen", so die Abgeordnete.
Jeder Beitritt eines weiteren Landes zum Abkommen sei gut, weil es den Umfang für Kooperationen zwischen den
Behörden erhöhe, um Kindesentführungen schneller zu beenden, so ebenfalls
Petra Bayr (SPÖ). Latein- und Südamerika sei allerdings noch ein blinder Fleck, was politisches Engagement
betrifft. Es gebe noch sehr viel zu tun auf diesem Kontinent.
Zustimmend zeigte sich auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), sie gab allerdings zu bedenken, dass die ursprüngliche
Stoßrichtung des Abkommens keine Anwendung mehr finden würde. Es handle sich zumeist um Obsorgestreitigkeiten,
in denen es mehr um rechtliche Aspekte als um das Kindeswohl gehe. Sie appellierte an die Regierung, bei einer
aus ihrer Sicht nötigen Überarbeitung des Abkommens das Kindeswohl stärker ins Zentrum zu rücken.
"Wir tun alles, um die Kinder international immer mehr in den Blickpunkt zu rücken", sagte Justizminister
Josef Moser mit Verweis auf Maßnahmen der Regierung im Rahmen des EU-Vorsitzes. Etwa setze man sich dafür
ein, dass Verfahren abgekürzt werden und nicht länger als 18 Wochen dauern. Streit zwischen Eltern dürfe
nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.
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