Eine neue, vielversprechende Mikroskopiemethode wurde an der TU Wien entwickelt – die „Nanomechanische
Absorptions-Mikroskopie“. Gemessen wird dabei nicht Licht, sondern Schall.
Wien (tu) - Einzelne Moleküle kann man nicht fotografieren. Wenn man Objekte abbilden will, die kleiner
sind als die Wellenlänge des Lichts, muss man sich besondere Tricks einfallen lassen. Man verwendet etwa Elektronenmikroskope
oder bestimmt die Position bestimmter fluoreszierender Moleküle, indem man eine große Zahl von Bildern
nacheinander aufnimmt.
Ein Team der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien konnte jetzt nach jahrelanger
Forschung eine neue Mikroskopie-Methode präsentieren, mit der man einzelne Moleküle abbilden und sogar
zuverlässig bestimmen kann. Die Moleküle werden auf einer winzigen Membran platziert und mit einem Laser
bestrahlt. Gemessen wird, wie sich das Schwingungsverhalten der Membran dadurch verändert. Die entscheidende
Messgröße ist somit nicht Licht, sondern eine mechanische Schwingung – also Schall. Veröffentlicht
wurde die neue Methode nun im renommierten Fachjournal PNAS.
Das Molekül auf der Membran
Prof. Silvan Schmid vom Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien beschäftigt sich mit der
Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung und winzigen mechanischen Strukturen. „Wir bringen einzelne Moleküle
auf ganz bestimmte, extrem dünne Membranen auf“, erklärt er. „Danach wird die Membran von einem Laserstrahl
abgetastet.“
Die Wellenlänge des Laserlichts wird so gewählt, dass es besonders stark mit dem gesuchten Molekül
wechselwirkt. Trifft der Laserstrahl auf das Molekül, nimmt es Energie auf und erwärmt dadurch die Membran
in seiner Umgebung. Diese Erwärmung wiederum bewirkt, dass sich die Schwingfrequenz der Membran verstimmt.
„Man kann sich das vorstellen wie eine kleine Trommel“, erklärt Silvan Schmid. „Wenn sich die Trommelmembran
erwärmt, wird sich auch das Trommelgeräusch ändern. Dasselbe geschieht bei unseren Mikro-Membranen.“
Die Membran schwingt mit einer Frequenz in der Größenordnung von etwa 20 Kilohertz – das entspricht
einem sehr hohen Ton, in einem Frequenzbereich den zumindest Kinder normalerweise gerade noch hören können.
Das Geräusch der Membran im nanomechanischen Absorptions-Mikroskop ist aber freilich viel zu leise um wahrgenommen
zu werden. Es wird mit optischen Sensoren gemessen.
Wenn man die gesamte Membran Punkt für Punkt mit dem Laser beleuchtet und jedes Mal die akustische „Verstimmung“
der Membran misst, kann man dann berechnen, wo ein Molekül sitzt – und so lässt sich ein Bild mit hohem
Kontrast erzeugen. „Wir haben die Methode auf Fluorophore angewandt, das sind fluoreszierende Moleküle, die
auch mit anderen Methoden abgebildet werden können. Dadurch konnten wir zeigen, dass unser Schwingungs-Bild
tatsächlich stimmt“, sagt Silvan Schmid. „Unsere Methode lässt sich allerdings auch auf andere Moleküle
anwenden. Man muss nur die Wellenlänge des Laserlichts richtig wählen.“
Auf die Membran kommt es an
Entscheidend für das Funktionieren der neuen Methode war, passende Membranen herzustellen. „Wir benötigen
ein Material, das sein Schwingungsverhalten möglichst deutlich ändert, wenn es durch einzelne Moleküle
lokal erwärmt wird“, sagt Silvan Schmid. „Gelungen ist uns das schließlich mit Siliziumnitrid-Membranen
mit einer Oberfläche aus Siliziumoxid.“
Silvan Schmids Forschungsteam arbeitete bei diesem Projekt mit der Biophysik- Forschungsgruppe von Prof. Gerhard
Schütz (ebenfalls TU Wien) zusammen, die sich auf besonders herausfordernde Mikroskopie-Techniken spezialisiert
hat.
Anwendungsmöglichkeiten für die neue Technologie gibt es viele: „Unsere neue Methode liefert ein sehr
deutliches, klares Signal. Dadurch ist sie für viele Bereiche interessant. Man kann auf diese Weise einzelne
Moleküle lokalisieren und analysieren, man kann Detektoren für winzige Stoffmengen bauen, man kann sie
aber auch für die Festkörper-Forschung einsetzen, etwa um elektronische Schwingungen in Nano-Antennen
zu messen“, sagt Silvan Schmid.
Originalpublikation: Chien et al, Single-molecule optical absorption imaging by nanomechanical photothermal
sensing, PNAS (2018). https://doi.org/10.1073/pnas.1804174115
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