Zunahme von Verkehr stellt Infrastruktur vor Herausforderungen – Experten diskutierten, wie
verlässliche Verkehrssysteme am Standort garantiert werden können
Wien (pwk) - „Wir gehen davon aus, dass die Verkehrsinfrastruktur nahezu unspürbar funktioniert“, sagte
Jürgen Roth, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bei der Eröffnung der
Veranstaltung „Resilienz – verlässliche Verkehrssysteme für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, die
am 25. September in der WKÖ stattfand. Und tatsächlich habe Österreich verlässliche Verkehrssysteme:
Dem kürzlich von der Weltbank veröffentlichten Logistikperformance-Index zufolge liegt Österreich
weltweit auf Rang vier.
Diese Resilienz, die im Wesentlichen die Ausfallsicherheit von Systemen sowie die Fähigkeit umschreibt, Störungen
rasch wieder zu beheben, ist allerdings nicht immer ganz einfach herzustellen. „Tatsache ist, dass die Verkehrsinfrastruktur
heute deutlich intensiver beansprucht wird als in der Vergangenheit. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge hat sich
in Österreich seit Anfang der 1980er Jahre verdoppelt, die Flugbewegungen haben sich im selben Zeitraum vervierfacht
und die Zahl der Flugpassagiere sogar verachtfacht“, so Roth. Zwar könne man nicht jedes Ereignis vorhersehen
- Roth erinnerte in diesem Zusammenhang an den Ausbruch des isländischen Vulkans 2010, aufgrund dessen Aschenwolke
tausende Flüge gestrichen werden mussten. „Aber zuverlässige Transportabläufe sind für das
Funktionieren der Wirtschaft immens wichtig“, betonte Roth.
Brexit schafft Störung im Verkehrssystem
Eine ganz ähnliche Ansicht vertrat Gerhard Gürtlich, Sektionschef im Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technik. Er bezeichnete ein verlässliches Verkehrssystem als „wichtigen Standortfaktor. Wir
müssen daher Verkehrssystem erzeugen und bereitstellen, dem vier Attribute anhaften: Es muss berechenbar,
planbar und sicher sein und es muss über große Entfernungen funktionieren“, so Gürtlich. Wie verletzlich
das System ist, zeigt für ihn der Brexit: „Wenn hier Zollgrenzen aufgezogen werden, dann kostet das erstens
Zoll und zweitens Wartezeiten. Das behindert Verkehrsströme massiv, Just-in-Time-Lieferungen sind nicht mehr
möglich.“
Besonderen Herausforderungen sieht man sich auch in Großstädten gegenüber, vor allem im Wirtschaftsverkehr,
wie Andrea Faast von der Wirtschaftskammer Wien ausführte. Ihr zufolge wurden hier in der Vergangenheit häufig
Forderungen nach mehr Anrainerparkplätze oder Ausbau des Radverkehrs Vorrang gegeben. Derzeit aber gebe es
Bewegung, sodass auch die städtische Logistik besser funktionieren kann.
Lkw-Maut in Österreich zu hoch
Für Matthias Maedge, der die International Road Transport Union (IRU) als Generaldelegierter in Brüssel
vertritt, gilt es vor allem mit Verteuerungen von Transporten in Europa vorsichtig zu sein. Denn in anderen Teilen
der Welt werden sie günstiger, europäische Unternehmen falle dadurch im globalen Wettbewerb zurück.
Maedge forderte daher, dass die Maut für Lkw und Busse in Österreich gesenkt werden solle. Schließlich
hatte eine vor wenigen Monaten durchgeführte Prognos-Studie ergeben, dass die Mauttarife auf Österreichs
Autobahnen und Schnellstraßen um mindestens 25 Prozent zu hoch sind.
Ebenso wünscht Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ, „eine faire
und transparente Bepreisung aller Verkehrssystem“ – von der Straße bis hin zum Flugzeug. Ganz wichtig ist
ihm neben der Verfügbarkeit der Verkehrssysteme aber auch die Verfügbarkeit von ausreichend Personal:
„Eine der größten Herausforderungen der Gegenwart ist für uns der Facharbeitermangel. Uns nützt
die beste Verkehrsinfrastruktur nichts, wenn wir keine Lenker haben, die sie nutzen“, illustriert es Klacska.
Volkswirtschaftlich gehe es außerdem darum, so betont Christoph Schneider, der Leiter der wirtschaftspolitischen
Abteilung in der WKÖ, neue Technologien zuzulassen: „Verkehr und Mobilität zählen zu den fortschrittlichsten
Bereichen der Volkswirtschaft. Hier müssen wir uns bemühen, neue Technologien und neue Geschäftsmodelle
zu fördern. Nur das bringt uns mittel- und langfristig voran.“
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