Oö. Umweltkongress 2018: Fakten zu Lichtverschmutzung, neuer Drohnen-Film, Auswirkungen
auf Umwelt, Gesundheit, Natur, Klima und erste Erfolgsprojekte in OÖ
Berlin/OsnabrückWien/Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz im Landhaus in Linz präsentierte
Landesrat Rudi Anschober am 25. September gemeinsam mit Dr.in Sybille Schroer ("STARS4ALL", Abt. Ökohydrologie
am Leibniz- Institut, Berlin), Dr. Andreas Hänel (Fachgruppe Dark Sky, Museum am Schölerberg in Osnabrück)
und Priv.-Doz. DDr. Thomas Posch (Institut für Astronomie der Universität Wien) Fakten zu Lichtverschmutzung,
neuer Drohnen-Film, Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit, Natur, Klima und erste Erfolgsprojekte in Oberösterreich.
Was vor 30 Jahren die Luftverschmutzung war, ist heute für die aktuelle Umweltpolitik die Lichtverschmutzung:
ein neues Umweltthema mit akutem Handlungsbedarf und akuten Auswirkungen auf Gesundheit und Natur.
Denn lange stand die künstliche Beleuchtung unter dem Motto "mehr Licht". Das Ziel muss jedoch
"besseres Licht" sein. Licht das uns hilft, besser zu sehen ohne zu blenden, die Gesundheit zu bewahren,
die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, die Umwelt nicht unnötig aufzuhellen, die Tierwelt nicht zu
stören und große Mengen Energie zu sparen und damit das Klima zu schützen.
Oberösterreich ist international Vorreiter beim Engagement gegen Lichtverschmutzung:
- wir haben ein eigenes Messnetz etabliert, um die Entwicklungstrends
zu kontrollieren
- wir haben einen eigenen Leitfaden für die richtige
Lichtinstallation im öffentlichen Raum entwickelt, der heute österreichweit angewendet wird
- wir veranstalten europaweit erstmals einen Umweltkongress
zu dem Thema
- wir haben mit Kirchschlag bei Linz und Steinbach am Attersee
die ersten Vorzeige-Gemeinden für die richtige Beleuchtung im öffentlichen Raum
- wir haben einen eigenen Info-Film über "besseres
Licht" erstellt
- und gehen jetzt in die Fläche: mit einem schrittweisen
Umbau der Beleuchtung in Gemeinden, mit der Errichtung erster Dark-Sky-Parks, mit Bewusstseinsbildung
LR Anschober dazu: "Ich freue mich, dass wir in OÖ tolle Expert/innen haben, die das Thema "Lichtverschmutzung"
bzw. "Besseres Licht" seit Jahren bearbeiten und nun beim Oö. Umweltkongress erstmals groß
für die interessierte Öffentlichkeit thematisieren. Unser allgemeines Bewusstsein für Stärken
und Schwächen von Licht, für einen gesunden und möglichst naturfreundlichen Umgang sind noch recht
gering. Dies wird sich mit dem Umweltkongress definitiv ändern. Einige Vorreiter/innen gibt es schon: So durfte
ich gestern die neue, umweltfreundliche Straßenbeleuchtung der Gemeinde Kirchschlag bei Linz eröffnen
und besichtigen. Über diese Licht-Umstellung wurde ein Film gedreht, der mit Drohnen-Bildern die Straßenbeleuchtung
im Vorher- Nachher-Vergleich zeigt."
https://www.youtube.com/watch?v=30kyLMOsFEQ
Warum ist Lichtverschmutzung überhaupt eine "Gefahr"?
Im Weltatlas der Lichtverschmutzung werden die Auswirkungen der Lichtverschmutzung eindrucksvoll dargestellt:
99 Prozent der Bevölkerung Europas leben demnach unter einem lichtverschmutzten Nachthimmel, 60 Prozent aller
Europäer/innen können die Milchstraße nicht mehr sehen.
Eine internationale Studie des Forschers Christopher Kyba vom Geoforschungsinstitut Potsdam, zeigte auf, dass in
den vergangenen Jahren sowohl die Intensivität des künstlichen Lichts als auch die beleuchtete Fläche
weltweit um 2,2 % pro Jahr zugenommen hat (Analyse amerikanischer Umweltsatelliten aus den Jahren 2012 bis 2016).
Aber wie beeinflusst eine solche Entwicklung Mensch, Natur und Umwelt?
Gesundheit
Der natürliche Wechsel von hell/ Tag und dunkel/ Nacht ist der grundlegendste Rhythmus jeglichen Lebens
und ein wichtiges Element funktionierender Ökosysteme. Unterbrechungen bedeuten immer eine Störung. Licht
bei Nacht sollte daher so belastungsarm und emissionsfrei wie möglich eingesetzt werden. Ein Zuviel an künstlichem
Licht kann zu massiven Störungen im Tag-Nacht- Haushalt führen. Dieser findet sich in fast allen Körperfunktionen
und wird durch das Hormon Melatonin gesteuert, das nur bei Dunkelheit gebildet wird. Ausreichend Melatonin ist
wichtig für einen gesunden Schlaf und ein starkes Immunsystem.
Umwelt/ Natur
Auch nachtaktive Tiere und Insekten verlieren durch ein mehr an künstlicher Beleuchtung Dunkelgebiete
und somit Lebensraum. Nachtaktive Insekten orientieren sich fälschlicherweise an den künstlichen Lichtquellen
und fliegen diese zwanghaft an, bis sie vor Erschöpfung verenden oder verbrennen.
Auch Zugvögel orientieren sich in der Dämmerung und Nacht am Mond und den Sternen. Irritiert durch
künstliche Lichtpunkte können sie die Orientierung verlieren und bis zur Erschöpfung über diesen
kreisen oder mit Gebäuden oder anderen Vögeln kollidieren.
Oberösterreich bietet naturnahe Nacht und Sternenhimmel in höchster Qualität - noch! Während
in größeren Städten eine Vollmondnacht nicht mehr von einer mondlosen unterschieden werden kann,
zeigt eine wissenschaftliche Arbeit, dass es in Oberösterreich teils noch naturbelassene Nachthimmel gibt,
die den strengsten Kriterien für "Dark Sky Parks" auf internationaler Ebene genügen.
Wie sich die Himmelsaufhellung langfristig entwickelt, das zeigt das Lichtmessnetz an 23 Stationen in ganz Oberösterreich:
Schritt für Schritt installiert, wird der Helligkeitsverlauf nun Nacht für Nacht festgehalten. Die Daten
sind Basis für die erste Langzeitmessung, die Studie von DDr. Posch/ Universität Wien.
Priv.-Doz. DDr. Thomas Posch: Aktuelles Projekt "Maßnahmen zur Schaffung eines oder mehrerer Nachtlandschafts-
schutzgebiete in Oberösterreich"
Die Universität Wien und das Land Oberösterreich führen gemeinsam ein Forschungsprojekt durch,
das die Schaffung aller nötigen Voraussetzungen für eines oder mehrere "Dunkelheitsreservate"
in Oberösterreich zum Ziel hat. Um ein "Dunkelheitsreservat" (Dark Sky Reserve) international zertifizieren
zu lassen, ist es erstens erforderlich, ein kontinuierliches "Monitoring" der Nachthimmelshelligkeit
in den angestrebten Gebieten durchzuführen. Hier wird das Oö. Lichtmessnetz miteingebunden. Zweitens
muss eine Bestandsaufnahme der künstlichen Lichtquellen in den angestrebten Gebieten erfolgen, und es ist
ein Plan zu erstellen, wie diese Lichtquellen durch künftige Umrüstungen umweltfreundlicher gestaltet
werden. Drittens müssen für geplante "Dark Sky Reserves" Veranstaltungspläne erstellt
werden, um die Wissensvermittlung zu Astronomie, Ökologie der Nacht- landschaften usw. sicherzustellen und
den nachhaltigen Tourismus zu stärken.
Gemeinsam mit den Bereichen Tourismus, Naturschutz und Astronomie sollen mögliche Gebiete nominiert und die
Nachtlandschaft mit dem beeindruckenden Sternenhimmel für uns Menschen erhalten werden.
Bewusstseinsbildung, Information und Beratung
"Österreichischer Leitfaden Außenbeleuchtung sowie neuer Folder "Besseres Licht"
Für den Bereich Lichtverschmutzung gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Das Land Oberösterreich initiierte
aus diesem Grund den nun vorliegenden österreichweiten Leitfaden, der Empfehlungen für Licht im Außenraum
beinhaltet. Dieser ersetzt den 2013 erschienenen oberösterreichischen Leitfaden "Besseres Licht"
und soll helfen, die prognostizierte stetige Zunahme der Nachtaufhellung einzudämmen.
Der druckfrische Folder "Besseres Licht - Alternativen zum Lichtsmog" bietet zusammengefasst, übersichtlich
und einfach verständlich Informationen wie ein Zuviel an Licht auf Mensch, Tier und Umwelt wirkt und liefert
vor allem einfache Vermeidungs- und Handlungsvorschläge.
Oö. Mustergemeinden: umweltgerechte Straßenbeleuchtung
Bereits gestern konnte man sich in den Gemeinden Kirchschlag bei Linz sowie Steinbach am Attersee bei geführten
Besichtigungen von der gelungen Umrüstung auf umweltschonende Straßenbeleuchtung überzeugen.
In einem gemeinsamen Projekt mit dem Land OÖ wurden mit größtmöglicher Rücksicht auf
die Gesundheit und die Tier- und Pflanzenwelt Straßen- Objekt- und Werbebeleuchtung abgeschirmt, warmweiß,
maßvoll und energieeffizient umgerüstet. In dem Film "Licht im Einklang mit Mensch und Natur"
wird der Vorher-Nachher-Vergleich mittels Drohnenflugaufnahmen imposant dargestellt. Die Beteiligten in der Gemeinde
zeigen sich begeistert - einerseits von der Verbesserung der Beleuchtungsqualität - andererseits von der Einsparung
an Energiekosten.
"Die beiden Mustergemeinden machen vor wie es geht: Beleuchtung im Einklang mit Mensch, Natur und Umwelt und
das bei geringeren Wartungs- und Energiekosten. Ein Projekt, das in den oö. Gemeinden Schule machen wird.
Das Umweltressort wird versuchen, mit kompetenter Unterstützung weitere Gemeinden zur Umsetzung auf "G'scheites
Licht" zu gewinnen" zeigt sich LR Anschober über die gelungene Umsetzung in den beiden Mustergemeinden
begeistert.
Mit der Gemeinde Brunnenthal bei Schärding steht bereits eine weitere Mustergemeinde kurz vor der Umrüstung,
die für das Frühjahr 2019 geplant ist.
Inputs der Referent/innen
Dr.in Sybille Schroer koordiniert am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
in Berlin die Forschung über Auswirkungen künstlicher Beleuchtung in der Nacht. In Projekten wie STARS4ALL
oder Analyse der Auswirkungen künstlichen Lichts auf die Biodiversität widmete sie sich dem Thema Lichtverschmutzung
und deren Auswirkung intensiv. Im Impulsvortrag "Faire Beleuchtung - ein kleiner Schritt für einen Menschen,
ein großer (Fort-)Schritt für die Menschheit" macht sie deutlich, wie mit nachhaltiger Beleuchtung
Mensch, Tier und Umwelt geschont werden können.
Dr. Andreas Hänel beschäftigt sich mit dem Thema Lichtverschmutzung schon seit langer Zeit und unterstützte
die Ausweisung der ersten Sternenparks in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, Dänemark und Israel.
Er ist Leiter des Planetariums im Osnabrücker Museum am Schölerberg. In seinem Impulsreferat "Warum
den Sternen "das Licht ausgeht" - und was es braucht, um sie wieder zu sehen" fasst er zusammen,
warum es lohnenswert ist, den naturnahen Himmel zu erhalten und wie diese Faszination erhalten werden kann.
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