LH Niessl, BM Faßmann und Siemens-General Hesoun diskutierten beim 3. "Burgenlandgespräch"
in Eisenstadt mit Bildungsexperten Herausforderungen und Chancen digitaler Bildung
Wien/Eisenstadt (blms) - Das Thema „Bildung 4.0 – Mit der Digitalisierung zur Individualisierung“ stand
im Mittelpunkt des 3. Burgenlandgesprächs am 24. September im Kulturzentrum Eisenstadt, zu dem Landeshauptmann
Hans Niessl geladen hatte. Mit dem Gastgeber diskutierten Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, Bundesminister für
Bildung, Wissenschaft und Forschung, Ralph Müller-Eiselt, Bildungsexperte von der Bertelsmann Stiftung, Siemens-Austria-Generaldirektor
KR Ing. Wolfgang Hesoun und Bildungsdirektor Mag. Heinz Zitz. Dem Gespräch wohnten neben Landesrätin
Verena Dunst, 2. Landtagspräsident Rudolf Strommer, den Landtagsabgeordneten Doris Prohaska und KO Geza Molnar,
Bürgermeister LAbg. Mag. Thomas Steiner auch mehr als 500 PädagogInnen sowie VertreterInnen aus der Wirtschaft
und der Verwaltung bei.
Müller-Eiselt: „Digitales Lernen bietet passende Lerngeschwindigkeit für jeden“
Die Digitalisierung sei auch in den Schulen nicht aufzuhalten, erklärte Müller-Eiselt in seinem Impulsvortrag.
Lernen durch digitale Unterstützung biete die große Chance, Inhalte individualisiert zu vermitteln und
für jeden den passenden Lernweg und die passende Lerngeschwindigkeit zu finden: „Das verhindert Überforderung
und Langeweile gleichermaßen“. Es brauche eine Fortbildungsinitiative für ganze Kollegien und eine Kultur
des Ermöglichens statt Verbietens. Dazu müsste die ganze Schularchitektur, auch die Schulgesetze, ans
digitale Zeitalter angepasst werden. Die Schüler würden dafür jedoch künftig auch mehr persönliche
Daten von sich preisgeben (müssen); im Hinblick darauf mahnt der Experte Datensouveränität ein.
„Da ist die Politik gefragt“.
Faßmann: „Brauchen passende Ausstattung, Software und entsprechend ausgebildete Lehrende“
Vielfalt sei eine große Herausforderung der Zukunft, betonte Faßmann. Auch er sehe in der Digitalisierung
eine große Chance im Hinblick auf Individualisierung. Der Bildungsminister fordert eine an das digitale Zeitalter
angepasste Ausstattung der Schulen und nannte die „Software“, d.h. Lehrpläne und auch die individualisierte
Lernumgebung, als weiteren wichtigen Aspekt. „Wir müssen wissen, wo setzen wir digitale Methoden sinnvoll
in Lehrpläne ein. Wo lernen wir auch algorithmisches Denken. Die Schüler sollen nicht nur Softwarebediener
sein, sie sollen auch verstehen, wie man Software erstellt“. Und schließlich seien „die Lehrenden das Allerwichtigste.
Wenn Lehrende das nicht sinnvoll im Unterricht einsetzen, nützt keine Investition irgendetwas“. Die Digitalisierung
sei „eine enorm wichtige, aber auch komplexe Sache“, für die man Zeit brauche, „aber wir machen das. Mit den
Bundesländern zusammen in einer konzertierten Aktion gehen wir in diese Richtung“. Die Herausforderung der
Schülerpopulation erfordere dies.
Niessl: „Digitalisierung hat in Burgenlands Schulen längst Einzug gehalten“
Das Burgenland habe die Notwendigkeit der Vermittlung digitaler Kompetenzen an die Kinder schon früh erkannt,
erklärte Niessl. „Wir haben diesen Weg schon vor langer Zeit beschritten“. Das digitale Lernsystem „Skooly“
für Vorschulkinder, Glasfaser-Internetanbindung in allen burgenländischen Schulen, die große Anzahl
an E-Education-Schulen oder das digitale Lernmanagementsystem LMS zeigten, dass die Digitalisierung im Bildungsbereich
im Burgenland längst Einzug gehalten habe. Und in den Neuen Mittelschulen erfreue sich das Fach „Coding &
Robotik“ weiter steigender Teilnehmerzahlen. Die Digitalisierung könne nicht zuletzt einen wesentlichen Beitrag
zur Chancengleichheit leisten, etwa hinsichtlich der Integration durch das Erlernen der deutschen Sprache. Keineswegs
würden dadurch jedoch Arbeitsplätze von Pädagogen gefährdet: „Das Vermitteln sozialer Kompetenzen
und ethischer Werte wird auch in der Zukunft gut ausgebildeter Pädagogen bedürfen“.
Ziel: ab 2025 kein Schulbuch mehr an Burgenlands Schulen
„Wir arbeiten im Burgenland bereits seit 16 Jahren an der Umsetzung digitaler Inhalte“, sagte Zitz. Mit der
nötigen technischen Ausstattung, digital ausgebildeten PädagogInnen, digitalen Lernsystemen und den entsprechenden
Lerninhalten habe man dafür die nötigen Voraussetzungen geschaffen. Die Entwicklung gehe rasend schnell
vonstatten, digitale Bücher würden weiter an Boden gewinnen; „in weiterer Zukunft werden wir keine Bücher
mehr haben“. Innerhalb des Landesschulrates habe man vor drei Jahren eine Gesamtstrategie entworfen. Ein Ziel sei,
dass es ab 2025 kein Schulbuch mehr an burgenländischen Schulen gebe. Digitale Bücher böten nicht
nur bessere Lesbarkeit, sondern auch die Möglichkeit, Filme einzubauen. „Das wird die Richtung sein, in die
wir gehen“.
Hesoun: „Eingeschlagener Weg ist der richtige“
Er sei positiv überrascht von den Vorleistungen im Bereich der digitalen Bildung, stellte Hesoun fest.
„Der eingeschlagene Weg ist der richtige“. Er wünsche sich jedoch insgesamt höhere Geschwindigkeit insbesondere
beim Ausbau der Infrastruktur, etwa beim Breitbandausbau. Dies gelte nicht nur für die Betriebe, sondern letztlich
für alle Bildungseinrichtungen, „die über diese Infrastruktur nicht nur besser ausbilden können,
sondern auch besser vernetzt sind und Wissen entsprechend optimiert vermitteln können“. Die Industrie könne
sofort 10.000 bis 20.000 IT-Mitarbeiter einstellen, diese seien aber nicht einmal mehr in den östlichen Nachbarstaaten
zu finden. Mit der schnellen Entwicklung des Bedarfs habe niemand rechnen können.
Dialogplattform soll Impulse setzen
Die Burgenlandgespräche führen das 2001 gestartete „Wirtschaftsforum Burgenland“ mit erweitertem
Themenspektrum fort. „Sie sollen eine neue Dialogplattform sein, bei der wichtige Zukunftsthemen erörtert
werden, Impulse setzen und brisante Themen der Gegenwart sowie die wichtigsten Themen der Zukunft in den Blickpunkt
rücken“, so Niessl.
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