Astrophysiker berechnen Impaktwahrscheinlichkeit und Kratergröße von Kleinplaneten
Wien (universität) - Die Astrophysiker Mattia Galiazzo und Rudolf Dvorak von der Universität Wien
untersuchten gemeinsam mit Elizabeth A. Silber (Brown University, USA) die langfristige Bahnentwicklung von Centauren
– Kleinplaneten des Sonnensystems. Die ForscherInnen haben die Anzahl der nahen Begegnungen und Einschläge
mit den terrestrischen Planeten nach der Phase des sogenannten "Late Heavy Bombardment" (vor etwa 3,8
Milliarden Jahren) geschätzt und auch die möglichen Größen der Krater, die bei Einschlägen
auf die Erde entstehen können, berechnet. Die Publikation erschien kürzlich in "Monthly Notices
of the Royal Astronomical Society".
Die sogenannten "Centauren" sind Objekte des Sonnensystems, deren Bahnen sich zwischen denen der Riesenplaneten
befinden. Sie haben ihren Ursprung hauptsächlich in Himmelskörpern jenseits der Neptunbahn (Trans-Neptun-Objekte)
und zählen zu den Ursprungskörpern der Gruppe erdnaher Asteroiden. In einigen Fällen kann dies zu
einer Kollision mit terrestrischen Planeten führen und somit unter Umständen katastrophale Ereignisse
hervorrufen. Daher ist es wichtig, die Entwicklung ihrer Bahnen zu verstehen.
Die WissenschafterInnen haben nun herausgefunden, dass die meisten Krater, die bei Impakten entstehen, weniger
als 10 km groß sind. Die statistische Trefferhäufigkeit seit dem Late Heavy Bombardement liegt bei einem
Treffer rund alle zwei Milliarden Jahre für Erde, Mars und Venus. Für kleinere Körper von rund 1
km beträgt die Einschlagsfrequenz auf der Erde etwa 15 Millionen Jahre.
"Der Einschlag durch einen Centauren ist damit zehnmal weniger wahrscheinlich als ein Impakt durch Asteroiden
aus dem Hauptgürtel", erklärt Mattia Galiazzo: "Die Berechnung ist aber trotzdem wichtig, weil
Centauren größere Objekte sind und überdies mit wesentlich größeren Geschwindigkeiten
mit einem Planeten kollidieren. So haben wir auch berechnet, dass Centauren die Ursache für zumindest zwei
Katastrophen waren und es nicht auszuschließen ist, dass so ein Zusammenhang mit dem Aussterben der Dinosaurier
auf der Erde besteht". Dies erklärt sich aus deren Herkunft aus den Regionen außerhalb der Jupiterbahn,
während die Asterioden des Hauptgürtels aus dem Bereich innerhalb von Jupiter stammen und dadurch wesentlich
geringere Kollisionsgeschwindigkeiten besitzen. Im Falle eines Aufpralls rufen Centauren größere Katastrophen
auf der Erde hervor, die bis zum totalen Aussterben alles Lebens führen können.
Diese neuen Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zur Analyse von katastrophalen Ereignissen außerirdischen
Ursprungs – nicht nur auf unserem Planeten, sondern auch auf Venus und Mars. "Wir gewinnen damit ein besseres
Verständnis vergangener Impakte und wie diese das Leben auf der Erde verändert haben könnten. Sei
es totale Zerstörung oder im Gegenteil das Entstehen lebensfreundlicher Bedingungen etwa durch hydrothermale
Aktivität. Diese Auswirkungen sind auch für andere Planeten wie etwa den Mars wichtig, da viele Centauren
Wasser enthalten und durch einen Aufprall Wasser auf dem Mars freigesetzt haben. Und kürzlich wurde dort Wasser
entdeckt", meint Rudolf Dvorak. Darüber hinaus geben die vorliegenden Ergebnisse auch Antworten auf die
Bildung des gegenwärtigen Sonnensystems mit den vier Gasplaneten, den terrestrischen Planeten Venus, Erde
und Mars sowie den Asteroiden und den Kometen.
Publikation in "Monthly Notices
of the Royal Astronomical Society"
M A Galiazzo, E A Sliber, R Dvorak: The threat of Centaurs for terrestrial planets and their orbital evolution
as impactors. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
https://academic.oup.com/mnras/advance-article-abstract/doi/10.1093/mnras/sty2614/5106371
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