Wien (rk) - Die städtische Wohnhausanlage in der Klosterneuburger Straße 99 trägt ab sofort
den Namen der Wiener Widerstandskämpferin und Holocaust-Überlebenden, Erna Musik. Am 2. Oktober
fand in der Brigittenau die offizielle Gemeindebau-Benennung durch Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal
und Bezirksvorsteher Hannes Derfler statt. Ebenfalls vor Ort: Frau Erna Schiller, Tochter von Erna Musik, und Wegbegleiterin,
die Antifaschistin Käthe Sasso.
„Mit dieser Gemeindebaubenennung ehren wir eine starke, mutige und inspirierende Frau - eine Wiener Heldin des
20. Jahrhunderts!“, betonte Kathrin Gaal. Den Weg, beeindruckende Wienerinnen vor den Vorhang zu holen, werde die
Stadt in Zukunft weiter verfolgen, kündigte sie an.
Kathrin Gaal ging auf Erna Musiks antifaschistisches Engagement ein und betonte: „Die Geschichte des Holocausts
darf nie vergessen werden. Sie muss auch immer Zukunftsthema bleiben!“
„Es ist Zeit gewesen, einer erfolgreichen Unternehmerin, Sozialdemokratin, Brigittenauerin und Überlebenden
von Auschwitz und Ravensbrück, auch diese Ehrung zu Teil werden lassen“, so Hannes Derfler. „Erna Musik war
durch ihr Leben und Wirken eine wichtige Zeitzeugin und wird es auf diese Art auch bleiben“, betonte der Brigittenauer
Bezirksvorsteher.
Zur Person Erna Musik
Erna Musik, geb. Raus, wurde am 17. April 1921 als Tochter einer jüdischen Mutter und eines christlichen
Vaters in Wien geboren. Bei den Roten Falken lernte sie Karl Musik kennen. Gemeinsam waren die beiden im Widerstandskampf
tätig.
Folge war 1943 die Verhaftung. Zunächst saß Musik im Polizeigefängnis Roßauer Lände
ein. Schließlich wurde sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Anfang 1945 kam Musik nach Ravensbrück.
Im Nebenlager Malchow musste sie in einer Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten.
Erna Musik überlebte den Krieg und übernahm den von den Nazis arisierten Betrieb ihrer Mutter - eine
Stickerei und Wäschewarenerzeugung. Beim Freien Wirtschaftsverband baute sie das Frauenreferat mit auf. Sie
wurde auch die erste sozialdemokratische Fachgruppenvorsteherin in der Wirtschaftskammer. Außerdem war Musik
SPÖ-Bezirksrätin in der Brigittenau.
Als Zeitzeugin trug sie wesentlich dazu bei, dass die Nazi-Gräuel nicht in Vergessenheit geraten konnten.
So besuchte sie Schulen und sprach dort über Erlebtes. Des Weiteren gestaltete Musik die österreichische
Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz mit und war Ehrenvorsitzende der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer.
Als offizielles Dankeschön für ihre Bildungs- und Erinnerungsarbeit erhielt Musik unter anderem von der
Stadt Wien das Goldene Ehrenzeichen und vom Bund das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Erna Musik starb am 8. März 2009 kurz vor ihrem 88. Geburtstag in Wien.
Der Erna-Musik-Hof
Die Wohnhausanlage in der Klosterneuburger Straße 99, der nunmehrige Erna-Musik-Hof, besteht aus drei freistehenden
Wohnblöcken. Gebaut wurde sie ab 1959 in zwei Bauabschnitten, Fertigstellung war 1962.
Der höchste Wohnblock mit dreizehn Stockwerken trägt seit 1963 den Namen Freiheitsturm – als Erinnerung
an die Opfer des österreichischen Freiheitskampfes gegen Faschismus und Diktatur. Angebracht wurde dort auch
eine Gedenktafel.
Heute beherbergt der Gemeindebau insgesamt 196 Wohnungen.
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