Ausstellung im Wiener Stadt- und Landesarchiv
Wien (rk) - Zum Gedenkjahr 2018 zeigt das Wiener Stadt- und Landesarchiv unter dem Titel „Geplündert,
verbrannt, geräumt, demoliert. Verschwundene Zentren jüdischen Lebens in Wien" eine Kleinausstellung,
deren Ziel es ist, exemplarisch anhand ausgewählter Bauwerke die dramatischen Folgen des „Anschlusses“ 1938
aufzuzeigen. Sie dokumentiert, wie lebendig die jüdische Gemeinde in Wien mit ihren zahlreichen religiösen
und sozialen Institutionen einmal war, wie sie sich ab 1938 veränderte und was nach 1945 aus den leerstehenden
Gebäuden und Ruinen wurde.
Blühendes jüdisches Leben bis 1938
Um die 600 Vereine, 300 Stiftungen, 26 Synagogen, 70 Bethäuser, Heime, Schulen, Kindergärten, eine
Lehranstalt für angehende Rabbiner, Bibliotheken und Ausspeisungsküchen bildeten bis zum März 1938
das institutionelle Leben der jüdischen Gemeinde Wiens.
Zerstörung, Vertreibung und Vernichtung 1938 bis 1945
Da die staatlichen und städtischen Einrichtungen für Jüdinnen und Juden ab 1938 verboten wurden,
hatte die Israelitische Kultusgemeinde für Kinder, Alte, Kranke und Behinderte auf eigene Kosten Heime und
ein Spital einzurichten. Dort lebten diese Menschen bis zu ihrer Deportation unter katastrophalen Bedingungen.
Hierbei kam das in Wien seit Jahrzehnen aufgebaute dichte Netz an jüdischen Vereinen und Stiftungen zum Tragen:
Man löste diese Institutionen auf und finanzierte mit dem daraus gewonnenen Kapital die soziale Fürsorge
und Auswanderung verarmter jüdischer Personen.
Konfrontation mit der Vergangenheit nach 1945
Nach 1945 und in Folge der Restitutionen war die Kultusgemeinde neuerlich mit den Verbrechen der NS-Zeit konfrontiert.
Ruinen und baufällige Häuser konnten weder genutzt noch renoviert oder erhalten werden, in einigen Institutionen
wohnten und wirkten weiterhin die Ariseure. 1970 verschwand die noch intakte Synagoge in Ottakring durch Demolierung
aus dem Stadtbild. Noch in den 1990er Jahren wurde ein ehemaliges jüdisches Waisenhaus abgerissen. Gedenktafeln
an den Gebäuden erinnern heute – zumindest teilweise – an das ehemals blühende jüdische Leben in
Wien.
Spurensuche nach verschwundenen Institutionen jüdischen Lebens 2018
Anhand von elf Beispielen werden diese Transformationen in der Zeit vor 1938, von 1938 bis 1945 und ab 1945
bis heute gezeigt. Aus der Synagoge wurde eine Garage, aus dem Bethaus ein Trachtenvereinslokal, aus dem Waisenhaus
eine Schokoladenfabrik. Zahlreiche Akten, Pläne und Fotos aus dem Wiener Stadt und Landesarchiv, dem Archiv
der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und der Baupolizei (MA 37) geben einen Einblick in die dramatischen Ereignisse
jener Zeit. Fotos der Orte aus dem Jahr 2018 ergänzen den Eindruck des unwiederbringlich Verlorenen.
Ausstellungsinformationen
Die Ausstellung ist im Ausstellungsfoyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer D (Wien 11, Guglgasse
14) zu sehen und ist bis 22. Februar 2019 jeweils Montag bis Freitag von 9 bis 15.30 Uhr, am Donnerstag von 9 bis
19 Uhr geöffnet. An Feiertagen ist die Ausstellung geschlossen. Der Eintritt ist frei.
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