Kärnten: 10. Oktober-Feier

 

erstellt am
11. 10. 18
13:00 MEZ

Im Dialog gemeinsam wachsen, das ist der beste Weg für Kärnten – LH Kaiser sprach bei Gedenkfeiern in Annabichl und im Klagenfurter Landhaushof: Unser aller Dank gilt jenen, die im Kampf für die Freiheit Kärntens und für die Demokratie ihr Leben geopfert haben
Annabichl/Klagenfurt (lpd) - Unter dem Motto „Kärnten - im Dialog gemeinsam wachsen/V dialogu skupaj rasti“ standen heute, Mittwoch, die traditionellen Gedenkfeiern zur Volksabstimmung am 10. Oktober 1920, die sich heuer zum 98. Mal jährte. Die Feierlichkeiten begannen mit einer Kranzniederlegung am Klagenfurter Friedhof Annabichl. Im Anschluss fand die offizielle Gedenkfeier des Landes Kärnten im Landhaushof vor der Stätte der Kärntner Einheit statt. Landeshauptmann Peter Kaiser hielt Reden sowohl beim Ehrenmal auf dem Soldatenfriedhof Annabichl als auch danach bei der großen Landesfeier im Klagenfurter Landhaushof.

„Wenn wir heute weit, nämlich 98 und 100 Jahre, zurück in die Vergangenheit unseres Bundeslandes blicken, dann tun wir das in tiefstem Respekt vor unseren Eltern und Großeltern, Brüdern und Schwestern, Onkeln und Tanten“, sagte der Landeshauptmann. Nach dem Ende eines fürchterlichen Ersten Weltkrieges, nach einem Abwehrkampf, der die Geschichte unseres Landes so stark geprägt habe, dass er unauslöschlich in den Annalen Kärntens verankert sei, habe man eine Volksabstimmung erreicht. „An diesem historischen Tag konnte über die Zukunft und wie es weitergehen soll, selbst entschieden werden und mit 59,04 Prozent entschied man sich für den Verbleib bei Österreich, wobei mehr als die Hälfte der slowenischsprechenden Kärntnerinnen und Kärntner für Österreich gestimmt haben.“

Dieses Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte sei mit Blut von vielen Opfern auf beiden Seiten geschrieben worden, aber das Gedenken und Erinnern heute dürfe nicht dazu missbraucht werden, Ressentiments neu zu befeuern. „Wir müssen deutlich machen, dass seit der Volksabstimmung die Gewinner Kärnten und Demokratie heißen. Und wir müssen deutlich machen – gerade heute, in einer Zeit, in der weltweit kriegerische Auseinandersetzungen, nationalistische Tendenzen und Radikalismen bedrohlich zunehmen – wie fragil und wertvoll Demokratie und Frieden für die Gesellschaft und die nächsten Generationen sind“, so Kaiser.

Im Tod seien alle Menschen gleich. Der Kärntner Abwehrkampf habe 280 Tote auf österreichischer Seite gefordert und insgesamt hätten mehr als 400 Menschen ihr Leben verloren. „Allen, die im Abwehrkampf für die Heimat ihr Leben gelassen, Familie und Freunde verloren haben, sind wir zu Dank verpflichtet. Jener Toten, die für ihre Vision eines freien, demokratischen und ungeteilten Kärntens starben, gedenken wir heute. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Volksabstimmung zu einer Sternstunde Kärntens, der jungen Demokratie und seiner Repräsentanten wurde. Als Landeshauptmann sage ich stellvertretend für die Kärntner Bevölkerung und im Namen zukünftiger Generationen Danke.“

Kaiser gedachte in seiner Rede auch den Landeshauptleuten Leopold Wagner und Jörg Haider, deren Todestag sich dieser Tage zum zehnten Mal jährt. „Beide haben Kärnten geprägt, ihr Wirken ist über den Tod hinaus sicht- und spürbar.“

In der Überwindung von Grenzen liege das Erfolgsgeheimnis Kärntens und im Dialog liege das Erfolgsrezept für die Zukunft. „Im Dialog gemeinsam wachsen/V dialogu skupaj rasti – das ist mehr als nur das Motto für diesen Landesfeiertag 2018. Im Dialog gemeinsam wachsen, das ist mehr als eine persönliche politische Lebensleitlinie. Im Dialog gemeinsam wachsen, das ist – davon bin ich zutiefst überzeugt – der Kärntner Weg. Der beste Weg für Kärnten. Der beste Weg, um aus der Vergangenheit zu lernen.“

Unsere Gegenwart sei anders und unsere Zukunft werde anders sein. „Dafür engagiere ich mich, dafür sollten wir uns alle engagieren. Widerstand heute muss jenen gelten, die Gräben aufreißen, die wieder spalten wollen, was wir mühsam und leidvoll zusammengefügt haben. Widerstand und Überzeugungsarbeit müssen jenen gelten, die plötzlich wieder infrage stellen, was wir in jüngster Zeit erreicht haben: Unser Selbstverständnis im Herzen Europas, am einzigen Schnittpunkt seiner drei prägenden Sprachgruppen und Kulturen/naše samoumevanje v osrcju Evrope, na edinem secišcu njegovih treh znacilnih jezikovnih skupin in kultur“, machte Kaiser deutlich. Er verwies auf das Land, das eine soziale Vorzeigeregion für ganz Europa sei. „Das gilt für Arbeit, Gesundheit und Bildung. Und das gilt ganz besonders für jene, die unsere Zukunft langfristig gestalten und sichern werden: für unsere Kinder“, betonte der Landeshauptmann.

Kärnten 2018, das sei ein Land, das sich seiner Vergangenheit bewusst sei. „Kärnten 2018, das ist aber mehr noch ein Land, das an seiner Zukunft baut. Einer Zukunft als beispielsweise kinderfreundlichstes Land Europas. Einer Zukunft der Begegnung im Herzen Europas. Einer Zukunft der Grenzüberwindung in Europa. Eine Zukunft an der pulsierenden Schlagader Europas“, sagte Kaiser. Kärnten – Im Dialog gemeinsam wachsen/V dialogu skupaj rasti – das stehe auch für das Zusammenwachsen durch neue Infrastruktur- und Verkehrsverbindungen. Wenn der Koralmtunnel, die zweite Röhre des Karawankentunnels und der Semmering-Basistunnel fertig sein würden, dann sei auch die jahrzehntelange infrastrukturelle Benachteiligung eines Grenzlandes zu Ende. „Dann rückt Kärnten in den Mittelpunkt einer neuen Achse von Nord nach Süd, von West nach Ost und umgekehrt. Dann wird Kärnten auch verkehrstechnisch wachsen und damit das, was es geographisch immer war - zu einem Mittelpunkt Europas“, so Kaiser.

Wenn von diesen Tunneln für Bahn- und Straßenverkehr geredet würde, dann würde in Wirklichkeit über Verbindungen zwischen Menschen gesprochen werden. „Diese Tunnel sind wie Brücken. Und was wir hier in Kärnten tun und noch mehr tun wollen und noch mehr tun werden, ist wahres Brückenbauen, greifbares Brückenbauen, ehrliches Brückenbauen. Brücken zwischen links und rechts, Brücken zwischen gestern und morgen, Brücken zwischen Stadt und Land, Brücken zwischen Jung und Alt, Brücken zwischen Arm und Reich, Brücken zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Brücken zwischen Sozialpartnern, Brücken zwischen Volksgruppen, Brücken zu Nachbarn. Das aber geht nur im Dialog. Das funktioniert nicht von oben herab. Das benötigt die vielzitierte Augenhöhe. Das braucht den Dialog, das ständige Gespräch, den Austausch, das Hören und Zuhören, das Wissen um den Anderen, die Mitverantwortung für den Anderen. Nur so, nur im Dialog werden wir weiter gemeinsam wachsen“, appellierte der Landeshauptmann.

Das gelte für den Dialog innerhalb unseres Landes ebenso wie für den Dialog über die Landesgrenzen hinaus. Das gelte für Graz, Salzburg und Innsbruck ebenso wie für Wien, Brüssel und Straßburg. Das gelte für Ljubljana, Maribor und Zagreb wie für Udine, Triest und Venedig. „Senden wir gerade am Tag der Kärntner Volksabstimmung ein Signal an unsere Nachbarn, dass wir uns mit ihnen eine gemeinsame Zukunft im Herzen Europas wünschen. Wir wollen und wir werden im Dialog gemeinsam wachsen/V dialogu želimo skupaj rasti in bomo skupaj rasli. Es lebe unser Heimatland Kärnten, es lebe die Republik Österreich in einem gemeinsamen Europa“, sagte der Landeshauptmann.

 

 

Gegenseitiges Vertrauen und gemeinsames Miteinander
Bei der offiziellen Gedenkfeier des Landes im Landhaushof sprachen auch Landtagspräsident Reinhart Rohr und Klagenfurts Bürgermeisterin Maria Luise Mathiaschitz.
Landtagspräsident Reinhart Rohr erinnerte daran, dass 2018 ein besonders Jubiläumsjahr sei. „Neben dem Gedenken an die Kärntner Volksabstimmung vor 98 Jahren feiern wir auch 100 Jahre Republik Österreich und Ende Erster Weltkrieg. Dieses besondere Ereignis werden wir am 22. Oktober im Großen Wappensaal im Landhaus in einer eigenen Gedenk- und Festveranstaltung feierlich begehen“, teilte der Landtagspräsident mit.

Rohr hob als mahnende Ereignisse den Einmarsch deutscher Truppen, den Anschluss Österreichs und den 2. Weltkrieg hervor. Den Festbesuchern legte er ans Herz, die Ausstellung „Vermessungsamt“, des Villacher Vereins für Industriekultur und des Kulturvereins Roz in der Marktgemeinde St. Jakob im Rosental zu besuchen. „Sie veranschaulicht den Rassenwahn der damaligen Zeit in bedrückender Weise“, so Rohr.

In Bezug auf den Abwehrkampf meinte Rohr, dass Kärnten 98 Jahre
danach sehr dankbar für das Ergebnis der Volksabstimmung sei. „Das Ergebnis mit 59 Prozent in der Abstimmungszone A für ein freies und ungeteiltes Kärnten war eindeutig und zumindest jede zweite Stimme ist jedenfalls von Kärntner Slowenen gekommen. Heute können wir uns in einem gemeinsamen Europa glücklich schätzen, dass viele Fragen, die noch über Jahrzehnte in Kärnten zu Gegensätzen und Misstrauen geführt haben, überwunden sind und mittlerweile gegenseitiges Vertrauen und das gemeinsame Miteinander in allen Lebensbereichen gelebt wird“, sagte Rohr.

Seinen Respekt zollte der Landtagspräsident, den vor zehn Jahren verstorbenen Landeshauptleuten Leopold Wagner und Jörg Haider. „Sie sind oftmals in ihrer Funktion hier im Landhaushof bei der jährlichen Volksabstimmungsfeier dabei gewesen und haben in ihren Reden in Dankbarkeit der Kärntner Volksabstimmung gedacht.“ Beide hätten Kärnten in ihren Amtszeiten bewegt und jeder sei auf seine Weise eine beachtenswerte Persönlichkeit der jüngeren Geschichte Kärntens gewesen. Die Festgäste bat Rohr, in einer Minute des Stilhaltens, der beiden ehrend zu gedenken.

Klagenfurter Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz betonte, dass der 10. Oktober ein besonderer historischer Tag sei. „Er steht für Heimatliebe und Tradition und am Ende gab es ein freies, demokratisches, ungeteiltes Kärnten. Auch wenn eine Grenze damals gezogen wurde. Geografisch hat sie überdauert. In unseren Köpfen aber sind Grenzen nach und nach verschwunden“, strich die Bürgermeisterin hervor.

Bei der Feier in Annabichl bzw. im Landhaushof konnten Landeshauptmann Peter Kaiser bzw. Moderatorin Ute Pichler neben den Organisationen des öffentlichen Lebens, Einsatzorganisationen, Traditions- und Heimatverbänden sowie Slowenen-Organisationen zahlreiche Gäste begrüßen. Darunter die beiden Landeshauptmannstellvertreterinnen Beate Prettner und Gaby Schaunig sowie Landesrätin Sara Schaar und die Landesräte Daniel Fellner, Martin Gruber und Ulrich Zafoschnig. Weiters die Landtagspräsidenten Jakob Strauß und Josef Lobnig, Clubobmänner und Abgeordnete des Kärntner Landtages, Behördenleiter wie Landesamtsdirektor Dieter Platzer und seinen Stellvertreter Markus Matschek, Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweis, Militärkommandant Walter Gitschthaler. Ebenfalls im Landhaushof dabei waren Domprälat Michael Kristof und Superintendent Manfred Sauer.

Gedanken zum diesjährigen Motto „Kärnten - im Dialog gemeinsam wachsen - Koroška- v dialogu skupaj rasti“ brachten stellvertretend für alle Kärntnerinnen und Kärnten drei Brückenbauer. Die Pädagogen Erika Wrolich und Hans Mosser bzw. der Leiter des Werner Berg Museum Bleiburg, Arthur Ottowitz. Wrolich betonte, dass die Mehrsprachigkeit die Kinder fördere und fordert. Mosser hob hervor, dass durch die Chöre des Landes und das Liedgut eine Brücke zu den Nachbarn geschlagen wurde. Ottowitz beschrieb das friedliche Miteinander der zweisprachigen Bevölkerung in der Kultur - und Wiesenmarkstadt Bleiburg/Pliberk. „Alle ziehen an einem Strang und der Bleiburger Wiesenmarkt ist eine der größten Dialogveranstaltungen.“

Mitgestaltet wurde das Programm von zehn Schülerinnen und Schülern aus den Kärntner Bezirken. Julian aus Spittal, Leonhard (Feldkirchen), Lilly (Hermagor), Malena (St. Veit), Elena (Keutschach), Lia (Bleiburg), Vivienne (Völkermarkt), Matteo (Wolfsberg), Sarah (Villach) und Madaleine (Klagenfurt) trugen ein eigens zum 10. Oktober und zum diesjährigen Motto passendes Gedicht von Ossi Huber vor.

Für die musikalische Umrahmung sorgten die gemischten Chöre Globasnitz und Danica/Mesani pevski zbor sowie die Singkreise Köttmannsdorf, Oisternig und Ars musica Althofen unter der Gesamtleitung von Horst Moser, dem Obmann des Kärntner Sängerbundes, sowie die Militärmusik Kärnten unter der Leitung von Militärkapellmeister Oberstleutnant Dietmar Pranter. Unter der musikalischen Leitung von Johannes Ogris spielten das Jugend-Tuba-Ensemble der Gustav Mahler Schule Klagenfurt ebenso wie junge Talente aus dem Rosental.

 

 

 

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