Wien (nhm-wien) - Von 24. Oktober 2018 bis 28. April 2019 ermöglicht die Herbstausstellung des Naturhistorischen
Museums (NHM) Wien Besucherinnen und Besuchern eine archäologische Spurensuche zum Phänomen „Krieg“ –
von seinen Ursprüngen an.
100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 und 400 Jahre nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges
1618 versucht das NHM Wien in seiner Herbstausstellung das Phänomen „Krieg“ anhand historischer Belege greifbar
zu machen: „Lernt der Mensch aus seiner Geschichte?“, „Was ist Aggression?“, „Seit wann gibt es Krieg?“ und: „Ist
Krieg unausweichlich, weil menschlich?“ sind unter anderem Fragen, die in der Schau beleuchtet werden.
Die Erforschung des Phänomens „Krieg“ hat in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht: Schlachtfelder
und Befestigungen wurden ausgegraben, Massengräber geborgen, unzählige Skelette mit Verletzungsspuren
untersucht, Waffen sowie bildhafte Darstellungen und historische Texte analysiert. Archäologische und anthropologische
Forschungen lieferten wichtige Erkenntnisse über Kriegsführung und die Folgen der Kriege von der Ur-
und Frühgeschichte bis in die Neuzeit.
Die Entwicklung vom Werkzeug zur Waffe, vom Zweikampf zum Massenmord, vom mythischen „Helden“ zum namenlosen Soldaten,
der als „Kanonenfutter“ dient, ist zentrales Thema der Ausstellung.
Das Massengrab von Lützen ist im Rahmen der Schau „Krieg. Auf den Spuren einer Evolution“ erstmals außerhalb
Deutschlands zu sehen und eines der Highlights der Ausstellung – zum einen, weil es als anschauliche Metapher den
Krieg der Neuzeit repräsentiert und gleichzeitig einen Brückenschlag, zurück zu den Anfängen
des Krieges, ermöglicht: Sechs Stunden lang dauerte die Schlacht von Lützen, bei der sich 1632 in den
Feldern rund um den kleinen Ort zwischen Leipzig und Naumburg mehr als 6.000 Männer niedermetzelten – einer
der größten, verlustreichsten und blutigsten Waffengänge des Dreißigjährigen Krieges.
2011 hievten Forscherinnen und Forscher einen 55 Tonnen schweren Erdblock mit sechs mal sieben Meter Grundfläche,
befestigt an einem Gerüst aus Holz und Stahl, aus dem Boden – die Grabstätte von 47 Soldaten, die in
der Schlacht ihr Leben ließen. Ein Mahnmal des Krieges, das mit modernsten Techniken untersucht wurde und
Einzelschicksale, sowie Todesursachen so detailliert wie möglich rekonstruierte.
Die Ausstellung ist eine archäologische Spurensuche: Mit 7.000 Jahre alten Waffen und menschlichen Schädeln
mit Spuren von Gewalteinwirkung liefert die Schau die ältesten, bislang bekannten Nachweise eines Massakers
aus Schletz, Niederösterreich. Goldene Lockenringe zeugen als Fund im Tollensetal in Mecklenburg-Vorpommern
davon, dass es bereits in der Bronzezeit Anführer, sogenannte Eliten, am Schlachtfeld gab.
Aus den Knochen jener Soldaten, die 1809 im napoleonischen Krieg auf den Schlachtfeldern von Asparn und Deutsch
Wagram getötet wurden, lässt sich mit forensisch-anthropologischen Methoden viel über das Schicksal
einzelner, an der Schlacht beteiligter Menschen ablesen.
Wie nachhaltig und zerstörerisch sich Krieg auf Überlebende auswirken kann, zeigen Prothesen, die verstümmelten
Soldaten nach dem Ersten Weltkrieg das Leben erleichtern sollten und heute Bestandteil der pathologisch-anatomischen
Sammlung des NHM Wien im Narrenturm sind. Sie fungieren als Überleitung zum zweiten Teil der Ausstellung:
Im Narrenturm wird die Sonderausstellung mit dem Thema „Medizin im Ersten Weltkrieg“ erweitert. In drei renovierten
Räumen dokumentieren Objekte der pathologisch-anatomischen Sammlung des NHM Wien die typischen Verletzungen
des ersten Weltkrieges, das Können von Lorenz Böhler mit dem Beginn der Unfallchirurgie und die rekonstruierenden
Maßnahmen dieser Zeit.
Die Ausstellung in den Sonderausstellungsräumen des NHM Wien ist eine Kooperation mit dem Landesmuseum für
Vorgeschichte Halle (Saale) und ein Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018.
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