Opposition protestiert gegen Abschaffung der Lehre für AsylwerberInnen
Wien (pk) – Für die Attraktivierung der Lehre als bestes Mittel gegen den Fachkräftemangel in
Österreich wirbt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Ihr zufolge plant die Regierung daher mit
mehreren Maßnahmen neue Zielgruppen für eine Lehrausbildung zu gewinnen, wie sie am 10. Oktober im Wirtschaftsausschuss
des Nationalrats sagte. So sollte auch von MaturantInnen die Lehre häufiger für eine Berufskarriere genutzt
werden, derzeit würden nicht einmal 3% von ihnen einen Meistertitel anstreben. Außerdem will Schramböck
die Mobilität von Lehrlingen fördern und mit einer Digitalisierungsoffensive die Kompetenzen in diesem
Bereich stärken. In der Unterredung mit den Abgeordneten auch auf die Situation von AsylwerberInnen in Lehrausbildung
angesprochen, hielt die Ministerin an der Regierungslinie fest. Asyl für Fachkräftezuzug heranzuziehen,
sei der falsche Weg, hier brauche es ein "Erwachsenwerden" Österreichs und der Europäischen
Union, richtete sie SPÖ, NEOS und Liste Pilz aus.
Thematisiert wurden in der Aussprache mit der Ministerin unter anderem auch das geplante Standortentwicklungsgesetz,
eine Reform des Internationalen Währungsfonds sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich und
weltweit.
Opposition bricht Lanze für AsylwerberInnen in Lehrausbildung
Unisono appellierten die Abgeordneten Josef Schellhorn (NEOS), Bruno Rossmann (PILZ) und Nurten Yilmaz (SPÖ)
an Ministerin Schramböck, die angekündigte Abschaffung der Lehrmöglichkeit für Asylwerbende
zurückzuziehen. Ein junger Asylwerber, der vorhabe "der beste afghanische Koch in Österreich zu
werden", dürfe nicht um diese Option gebracht werden, drängte Schellhorn darauf, dieses "Mosaiksteinchen"
zur Lösung des Fachkräftemangels nicht wegzunehmen. Als "desaströs" für die Integrationsarbeit
bezeichnete Rossmann das Regierungsvorhaben, zumal österreichische Firmen in die Ausbildung der jungen AsylwerberInnen
investiert hätten. Schramböck hielt entgegen, 10.000 Asylberechtigte unter 20 Jahren und ebenso viele
junge Menschen in überbetrieblicher Lehrausbildung (ÜBA) stünden 12.000 freien Lehrstellen gegenüber,
weswegen sie den Fokus auf die Vermittlung dieser Personen lege. Rückendeckung erhielt sie dabei von Gabriel
Obernosterer (ÖVP), der gerade von Asylberechtigten im Osten Österreichs erwartet, offene Lehrstellen
auch in westlichen Bundesländern anzunehmen.
Schramböck: Lehrausbildung muss breiter werden
Zur allgemeinen Förderung der Mobilität von Lehrlingen angesichts der regionalen Unterschiede beim Fachkräftebedarf
würden 10 Mio. € bereitgestellt, so Wirtschaftsministerin Schramböck. Als weitere Maßnahmen gegen
den Fachkräftemangel nannte sie verpflichtende Firmenpraktika von ÜBA-Lehrlingen und das Heranführen
junger Frauen an für sie "atypische" Lehrausbildungen, vor allem im Technikgewerbe. Für diesen
Ansatz zur Verbreiterung der Möglichkeiten für weibliche Lehrlinge stelle ihr Haus 5 Mio. € an Förderungen
zur Verfügung, jedoch brauche es auch eine Bewusstseinsbildung in den Familien.
Zur Lehre nach der Matura laufe aktuell ein Probemodell in Oberösterreich mit auf zwei Jahre verkürzter
Ausbildungszeit. Immerhin übernehme das Arbeitsmarktservice bereits jetzt die Lohndifferenz zum Fachkräftegehalt,
wenn Unternehmen Über-18-Jährige als Lehrlinge anstellen. Für die Positionierung Österreichs
bei EU-weiten Talentepools will Schramböck die Betriebsansiedlungsagentur ABA zur Fachkräftesuche beiziehen,
die Rot-Weiß-Rot-Karte für qualifizierte Drittstaatenangehörige soll entbürokratisiert werden.
Generell sei es hoch an der Zeit, das Image der Lehre zu verbessern, machte sich Schramböck dafür stark,
den Meistertitel auf eine Ebene mit Ingenieur und Bachelor zu heben.
Digitalisierung in der Bildung vorantreiben
An den Schulen arbeite sie mit Bildungsminister Heinz Faßmann an einer Stärkung digitaler Fähigkeiten,
auf deren Mangel sich vielfach die Arbeitslosigkeit begründe, erklärte Schramböck in Richtung Eva-Maria
Himmelbauer (ÖVP), die digitale Kompetenzen heutzutage als "Grundvoraussetzung" für alle Bereiche
des Arbeitsmarkts sieht. Neben einer Verbesserung der Breitband-Infrastruktur geht es laut Schramböck bei
der Digitalisierung im Schulbereich auch um die Unterstützung der Lehrkräfte und die Definition der pädagogisch
geeigneten Online-Inhalte. Die 200 bestehenden Lehrberufe gelte es, auch in dieser Hinsicht rasch zu überarbeiten,
denn "alle müssen digitale Inhalte haben".
Mit ihrem "Pakt für digitale Kompetenz/Fit4Internet" wolle sie aber auch ältere, weniger Internet-affine
Zielgruppen erreichen. Der Plan sei, ab nächstem Jahr gemeinsam mit Wirtschaft und Verwaltung österreichweit
entsprechende IT-Kurse anzubieten. Überdies sei angedacht, den "Talente-Check" für SchülerInnen
an sämtlichen Schulen einzuführen, und zwar mit ausreichender Vorlaufzeit bis zum Schulabschluss. Einen
Bildungsauftrag in Sachen Lehrausbildung nicht nur bei den Betrieben, sondern auch bei der Politik macht NEOS-Wirtschaftssprecher
Schellhorn ebenfalls aus. Allerdings bemängelte er am heimischen Schulsystem, die Entscheidung über den
weiteren Bildungsweg erfolge zu früh, wodurch die Talente vieler junger Menschen unerkannt blieben und sie
ungeachtet ihrer Eignung eine akademische Ausbildung anstreben.
Standortentwicklungsgesetz soll 2019 kommen
Der Kritik Bruno Rossmanns (PILZ) und der SPÖ-Mandatarinnen Cornelia Ecker und Doris Margreiter am geplanten
Standortentwicklungsgesetz entgegnete Ministerin Schramböck, Rechtsexperten würden derzeit an gesetzeskonformen
Regelungen arbeiten, mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2019 zu ermöglichen. Wichtig sei
ihr, so Schramböck, dass bei großen Bauprojekten von öffentlichem Interesse schnelle Entscheidungen
erfolgen, selbst wenn diese negativ ausfielen. Konkret hatte Rossmann bemängelt, der im Entwurf zwecks Verfahrensbeschleunigung
enthaltene "Genehmigungsautomatismus" sei keinesfalls rechtskonform, genauso wenig wie die bereits beschlossene
Novelle zu den Umweltverträglichkeitsprüfverfahren, wie auch Margreiter konstatierte. Ecker monierte,
das Gesetzesvorhaben mute an, "von der Industriellenvereinigung bestellt" zu sein.
Geeinte Position der EU im Welthandel
Zum von Rossmann angesprochenen "Handelskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt" meinte die Ministerin,
die EU setze hier auf Deeskalation. Entscheidend sei, dass die EU-Mitgliedstaaten geschlossen auftreten, das Verhandlungsmandat
bei den Gesprächen mit den USA liege bei der Europäischen Kommission. Für das Exportland Österreich
sei wichtig, der durch die internationalen Unstimmigkeiten zurückgehenden Exportdynamik beizukommen. Positiv
wertete Schramböck vor diesem Hintergrund den Abschluss neuer Handelsabkommen zwischen EU und Staaten wie
Singapur sowie Japan. Abgesehen davon sei beim jüngsten informellen Ratstreffen der EU-HandelsministerInnen
die Zukunft der Welthandelsorganisation WTO Thema gewesen, berichtete Schramböck weiter und bekannte sich
zum Erhalt des Multilateralismus im Handel. Überlegenswert sei in diesem Zusammenhang die Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips
bei Entscheidungen der WTO. Eine Reform der Welthandelsorganisation halte sie jedenfalls für notwendig.
Die Sorge von FPÖ-Abgeordnetem Walter Rauch, angesichts unterschiedlicher Zinsentwicklungen im europäischen
Raum und in den Vereinigten Staaten könnte eine erneute Wirtschaftskrise drohen, entkräftete die Wirtschaftsministerin
mit dem Hinweis, Österreich habe eine robuste Wirtschaft. Für nächstes Jahr werde eine Exportsteigerung
von 3,7% erwartet. Dennoch ortet die Ministerin aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums teilweise eine "Überhitzung".
Das Wirtschaftsforschungsinstitut prognostiziere in Österreich nach einem kräftigen 3%igen Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 2018 im nächsten Jahr eine abflauende Konjunktur mit einem BIP-Zuwachs
von nur noch 2%.
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Anteil weiblicher Lehrlinge zwar konstant, aber noch zu gering
Auch die Entwicklung der Jugendbeschäftigung beschäftigte den Wirtschaftsausschuss. In ihrem Bericht
zur Lage der Jugendbeschäftigung spricht die Ressortleiterin Margarete Schramböck von einer positiven
Trendwende, warnt aber gleichzeitig vor einem drohenden Fachkräftemangel. Ein weiterer Themenblock war die
Finanzierung von KMU und Start-ups, zu dem den Abgeordneten der Jahresbericht des ERP-Fonds (European Recovery
Program) vorlag. Die NEOS wiederum forderten in einem Entschließungsantrag ein Maßnahmenpaket zur Mitarbeiterbeteiligung
an Start-ups. Das Thema AUVA schließlich brachte die SPÖ mit einer Initiative betreffend Bestandsgarantie
für die Unfallversicherungsanstalt zur Sprache. Die beiden Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen,
die Oppositionsanträge wurden vertagt.
Jugendbeschäftigung zeigt positiven Trend
Eine positive Trendwende ortet der Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung (III-171 d.B.), wobei das
Ministerium sowohl auf den Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit als auch auf die Steigerung bei der Zahl
der Lehrlinge im ersten Lehrjahr hinweist. Als Herausforderungen gelten aber nach wie vor der drohende Fachkräftemangel
sowie die Arbeitsmarktintegration jener Jugendlichen, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen.
Im Fokus stehen zudem Jugendliche mit Migrationshintergrund. Bei der Präsentation des Berichts im Ausschuss
strich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck positiv hervor, dass es in der Lehre im Vergleich mit anderen
Ausbildungszweigen eine geringe Drop-Out-Quote und hohe Beschäftigungsquote 18 Monate nach Abschluss gebe.
Außerdem sei die Lehre stark mit einer späteren beruflichen Selbstständigkeit verknüpft. Der
Anteil weiblicher Lehrlinge sei zwar konstant, aber mit rund einem Drittel noch zu gering, unterstrich Schramböck.
Nachholbedarf sah sie auch bei der Lehre nach der Matura, die im Vergleich mit Deutschland sehr geringe Quoten
aufweise.
Die Themen der Ausschussdebatte drehten sich vor allem seitens der Opposition um die Attraktivierung des Lehrberufs.
Wolfgang Knes (SPÖ) betonte, dass es dabei unter anderem um Aspekte wie Vereinbarkeit von Beruf und Unternehmensstandort
sowie um die Bezahlung der Lehrlinge gehe. Reinhold Einwallner (SPÖ) sagte, dass Maßnahmen der Regierung,
wie etwa der 12-Stunden-Tag, nicht zu einer Verbesserung der Lehre beitragen würden. Eine Kürzung der
Mittel für Lehre mit Matura, wie sie Josef Schellhorn (NEOS) ortet, sei für ihn kein guter Schritt, die
Lehre zu attraktivieren. Auf die Frage von Wolfgang Knes (SPÖ), was die Wirtschaftskammer zur Attraktivierung
der Lehrlingsausbildung beitrage, antwortete Angelika Winzig (ÖVP), dass diese Informationsangebote in allen
Bundesländern bereitstelle und SchülerInnen Potentialanalysen anbieten. Den Drei-Stufenplan zur Fachkräfteakquirierung
hob Winzig positiv hervor und unterstrich die positive Bedeutung der dualen Ausbildung im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
Josef Schellhorn (NEOS) erkundigte sich bei Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck nach dem Reformbedarf
des Polytechnischen Lehrgangs. Peter Haubner (ÖVP) betonte, dass es bei den Polytechnischen Lehrgängen
zwar Unterschiede zwischen Stadt und Land gebe, aber auch qualitative Unterschiede zwischen den Polytechnischen
Lehrgängen festzustellen seien. Daher müsse eine Reform ganzheitlich angegangen werden. Dem schloss sich
auch Ministerin Schramböck an, die darauf verwies, dass sich Bildungsminister Heinz Faßmann derzeit
das gesamte Schulsystem anschaue. Man werde sich auch den Berufsbildende Höhere Schulen und Berufsschulen
widmen. In Richtung Bruno Rossmann (NEOS) sagte die Ministerin, dass ihr auch eine Berufsneuorientierung während
eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Anliegen sei.
ERP-Kredite nach wie vor wichtige Förderschiene für KMU
Der Jahresbericht des ERP-Fonds (146 d.B.) unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der ERP-Kredite für die
heimischen KMUs. Die Abgeordneten konnten dem Papier entnehmen, dass 2017 rund 592 Mio. € für 1.366 Projekte
vergeben wurden, wodurch der Fonds Investitionen in der Höhe von fast 900 Mio. € unterstützte.
Kritik an der Ausschüttung der Fonds-Mittel kam von Bruno Rossmann (PILZ). Konkret seien vor dem Hintergrund
des Klimawandels bei den Bewertungskriterien ökologische Aspekte zu wenig berücksichtigt. Wachstum allein
dürfe heutzutage nicht der wichtigste Ansporn sein, betonte Rossmann. Außerdem sollen laut Bericht die
Auszahlungen 2018 gleich verteilt werden wie die Jahre zuvor, kritisierte er und hielt es auch für falsch,
dass es zu keiner Anpassung an aktuelle – vor allem ökologische – Aspekte komme. Dem hielt Wirtschaftsministerin
Maragrete Schramböck entgegen, dass es vier Kriterien gebe, von denen eines Wachstum mit Beschäftigung
kombiniere und ein weiteres Umweltrelevanz bewerte. Außerdem würden mit einem Innovations-Kriterium
insbesondere neue Sektoren angesprochen und dadurch aktuelle Entwicklungen berücksichtigt. Auf Frage von Melanie
Erasim (SPÖ), ob es künftig zu einer Aufstockung der Mittel des Fonds komme, verwies die Ministerin auf
eine laufende Evaluierung.
Initiativen von NEOS zur Mitarbeiterbeteiligung und der SPÖ zur AUVA vertagt
Die NEOS steuerten zum Thema Unternehmensfinanzierung einen Entschließungsantrag (293/A(E)) bei, in dem sie
ein Maßnahmenpaket betreffend Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups fordern. So soll bei der Leistungsvergütung
eine Flexibilisierung ermöglicht werden, wodurch MitarbeiterInnen unter anderem Unternehmensanteile erhalten
können. Dadurch würde ein motivierender Effekt auf die Belegschaft ausgeübt, da die beteiligten
MitarbeiterInnen eine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen hätten und an der "Geschichte des Unternehmens"
teilhaben könnten, sagte Josef Schellhorn (NEOS) im Wirtschaftsausschuss. Außerdem sollten GmbH-GesellschafterInnen
mit mehr als 1%iger Beteiligung nicht gegen ihren Willen für Sozialversicherungszwecke als ArbeitnehmerInnen
behandelt werden. Wolfgang Klinger (FPÖ) betonte, dass es sich bei dem Anliegen um eine sozialversicherungsrechtliche
Thematik handle. Er verwies darauf, dass im Finanzministerium eine Taskforce zum Einkommenssteuergesetz eingerichtet
wurde und beantragte daher die Vertagung der NEOS-Initiative.
Die SPÖ brachte das Thema AUVA aufs Tapet und fordert in ihrer Initiative (231/A(E)) eine Bestandsgarantie
seitens der Bundesregierung für die Unfallversicherungsanstalt. Durch angekündigte Einsparungen befürchtet
Cornelia Ecker (SPÖ), dass wichtige Unterstützungsleistungen für Unternehmen, insbesondere KMU,
gefährden würden. Sie sorgte sich im Wirtschaftsausschuss vor allem um den Zuschuss zur Entgeltfortzahlung.
Zu einer Kürzung der Zuschüsse werde es nicht kommen, da die Zusammenlegung der Krankenkassen eine reine
Verwaltungsreform darstelle, betonte Gabriel Obernosterer (ÖVP) und beantragte die Vertagung des Antrags.
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