Stadtregionen als Erfolgsmodell – Beitrag von EU-Mitteln für die Stadtregionspolitik nach
2020
Wels/Wien (städtebund) - Beim 6. Österreichischen Stadtregionstag in Wels (OÖ), der am 10. Oktober
eröffnet wurde, dreht sich alles um Erfahrungen aus der Praxis stadtregionalen Handelns – und den Beitrag,
den EU-Fördermittel hier leisten können bzw. in der nächsten EU-Förderpolitik ab 2020 künftig
leisten werden.
Die vielfältigen Prozesse auf der politischen Ebene, in der Verwaltung, Planung und Prozessbegleitung sowie
Fördermodelle hinter stadtregionalen Kooperationen, werden beim 6. Österreichischen Stadtregionstag –eine
Kooperation von Städtebund, Land OÖ und Stadt Wels – vor den Vorhang geholt.
Der heutige Vormittag ist dem Erfahrungsaustausch der oberösterreichischen Stadtregionen gewidmet, wo bereits
einige Kooperationen erfolgreich umgesetzt wurden, wobei sich die Städte und ihr Umland des Mehrwerts von
gemeinsamer Entwicklung und Positionierung immer stärker bewusst werden: „Städte wachsen und verändern
sich. Jede Veränderung in der Stadt hat Auswirkungen auf das Umland - das sehen wir auch bei uns in Wels.
Wirtschaft, Technologie, Innovation oder Verkehr kennen keine Grenzen. Hier braucht es gemeinsame Lösungen
und nachhaltige Strukturen. Wels wächst mit seinen Regionen zunehmend stärker zusammen, ohne dabei die
eigene Individualität zu verlieren“, sagte Andreas Rabl, Bürgermeister der Stadt Wels.
Auch Bürgermeister Hans Hingsamer, Präsident des Oberösterreichischen Gemeindebundes, unterstreicht
das Miteinander von Stadt und Land: „70 Prozent der EU-Bürger leben in Städten und Stadtregionen. Stadt
und Umland brauchen einander – es geht um attraktive Lebens-, Arbeits-, Wirtschafts- und Wohnbedingungen. Nicht
Denken in Gemeindegrenzen ist gefragt – sondern Denken in Lebensräumen. Österreichs Gemeinden leben seit
vielen Jahren interkommunale Zusammenarbeit.“
Neue EU-Kohäsionspolitik 2020+ bietet Fördermöglichkeiten für innovative stadtregionale
Projekte
Jörg Wojahn, Vertreter der europäischen Kommission in Österreich betont die Rolle der Städte
für die Umsetzung der Ziele der Europäischen Union: „Rund zwei Drittel der EU-Bevölkerung lebt in
Städten. Dort konzentrieren sich wirtschaftliche, umweltpolitische und soziale Herausforderungen. Konsequenterweise
müssen auch Lösungsstrategien in den urbanen Gebieten ansetzen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission
für die Regional- und Kohäsionspolitik in der neuen Finanzperiode ab 2021 trägt dem Rechnung: Eine
Europäische Stadtinitiative soll dafür sorgen, dass die Städte beispielsweise bei der Integration
von Migranten, dem Wohnbau und der Energiewende enger zusammenarbeiten. Zudem tritt die Kommission dafür ein,
6 Prozent der Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung – er soll von 2021 bis 2027
insgesamt rund 200 Milliarden Euro umfassen – in nachhaltige Stadtentwicklung zu investieren. Das setzt freilich
voraus, dass die BürgermeisterInnen förderwürdige Projekte in der Schublade haben. Wer von EU-Mittel
in der neuen Finanzperiode profitieren will, sollte sich bereits jetzt um das Programmdesign kümmern. Frühzeitige
Planung macht sich bei EU-Förderungen bezahlt“, so Wojahn.
Claudia Schmidt, Abgeordnete zum europäischen Parlament und Mitglied des Ausschusses für regionale Entwicklung
hält dazu fest: "Städte und Stadtregionen müssen das umsetzen, was in Brüssel beschlossen
wird. Stichwort Elektrifizierung, Stichwort Digitalisierung und Stichwort Integration. Von der Kompetenz der handelnden
Bürgermeister und Beamtenschaft hängt der Erfolg der EU Ziele schlussendlich ab. Mehr Rückkoppelung
zwischen Theorie in Brüssel und Praxis in den Städten ist meiner Meinung der Schlüssel für
den künftigen Erfolg der EU. Wichtiger als der finale Verteilungsschlüssel der Fördertöpfe."
Forderung der Städte: 20 Prozent für nachhaltige Stadtentwicklung
Diese Sichtweise wird nur teilweise von Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes, geteilt: „Fördermittel
sind immer ein essentieller Anreiz dafür, dass über die Stadtgrenze an Problemlösungen gearbeitet
wird. Die Realität zeigt, dass sich städtische Probleme sei es im Bereich Mobilität, Energieraumplanung
oder Betriebsansiedlungen nur im stadtregionalen Schulterschluss lösen lassen. Eine zentrale Forderung im
Positionspapier der Städte und Stadtregionen lautet daher, Stadt-(Um)Land-Partnerschaften und Projekte neben
integrierten Stadtentwicklungsstrategien als Bestandteil der städtischen Dimension im EFRE stärker zu
verankern.“ so Weninger weiter. Dazu soll die Mittelbindung für integrierte nachhaltige Stadtentwicklung im
EFRE aus Sicht des Städtebundes auf 20 Prozent erhöht werden. „Hier gilt es noch verstärkt Lobbying
zu betreiben, sehen die derzeitigen Entwürfe doch lediglich eine Mittelbindung von mindestens 6 Prozent für
nachhaltige Stadtentwicklung vor – viel zu wenig angesichts der enormen Herausforderungen der Städte bei Umsetzung
der EU-Ziele von Klimawandel, über Migration bis hin zum sozialen Zusammenhalt“. Doch das eigentliche Match
um die Fördermittel wird ohnehin innerhalb Österreichs ausgetragen werden, meint Weninger:
„Inwieweit stadtregionale Themen beim Einsatz von EU-Mitteln adäquat Berücksichtigung finden, wird auf
nationaler Ebene vereinbart, Brüssel ist hierbei ein Partner. Bisher ist die mangelnde Berücksichtigung
stadtregionaler Herausforderungen hausgemacht gewesen. Daher gilt es für den Städtebund auf Bundesebene
für die Mittel aus dem Europäischen Fonds für die ländliche Entwicklung (ELER) und auf Landesebene
für EFRE-Mittel stärker auf die Rolle und Möglichkeiten von Stadtregionen und Städten zur Umsetzung
der EU-Ziele hinzuweisen, auch im Sinne eines produktiven Miteinanders von Stadt und Land!“ so Weninger.
Josef Plank, Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, betont seinerseits
die Notwendigkeit, Städte und ihr Umland als funktionale Räume handlungsfähiger zu machen: „Ob es
um den Erhalt von zusammenhängenden Landschafts- und Erholungsräumen geht, um einen attraktiven öffentlichen
Verkehr, kompakte und klimafreundliche Siedlungsräume oder die Tragfähigkeit sozialer Infrastruktur:
All das erfordert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit der zentralen Orte und ihrer Umlandgemeinden im weiteren
Sinne.“ In seiner neuen Verantwortung für die EU-Regional- und Stadtentwicklungspolitik in Österreich
kann das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, die Synergien, die sich zwischen den Instrumenten
der Ländlichen Entwicklung und der Regionalpolitik der EU in Österreich ergeben, optimal nutzen.
Der zweite Tag des Österreichischen Stadtregionstages in Wels am 11.10.18. wird anhand von Praxisbeispielen
aus Deutschland und Österreich die bedeutende Rolle der EU-Fördermittel für das Zustandebringen
stadtregionaler Kooperationen in den Vordergrund stellen. Auch werden gute Beispiele verdeutlichen, wie innerhalb
der Stadtregion gemeinsam an der Entwicklung von Standortfaktoren gearbeitet werden kann.
Zum Stadtregionstag
Der Stadtregionstag ist eine Initiative des Österreichischen Städtebundes. Er dient als Informationsdrehscheibe,
zum Know-How-Transfer und als Lern- und Kooperationsplattform. Durch die Abhaltung von nunmehr sechs Stadtregionstagen
wurde erhöhtes Bewusstsein für stadtregionales Denken, Planen und Entscheiden geschaffen und ein österreichweiter
Erfahrungsaustausch angeregt.
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