Branchenklima in der Industrie
 bleibt im Herbst 2018 sonnig

 

erstellt am
10. 10. 18
13:00 MEZ

Die Industrie hat den Wachstumshöhepunkt überschritten, bleibt aber weiter in Schwung – Angetrieben wird das Wachstum von den Branchenschwergewichten Kfz-industrie, Elektroindustrie, Maschinenbau und Metallwarenerzeugung
Wien (bank austria) - „Die Unternehmensbefragungen im dritten Quartal 2018 zeigen ein überwiegend freundliches Konjunkturbild. Zwar hat Österreichs Industrie zur Jahresmitte an Wachstumstempo eingebüßt und das Geschäftsvertrauen im Sektor ist zuletzt im September etwas schwächer geworden. Allerdings passierte die Abkühlung vor dem Hintergrund überdurchschnittlich hoher Zuwächse im ersten Halbjahr. Der Sektor bleibt zumindest bis zum Jahresende 2018 in Schwung“, fasst Günter Wolf, Ökonom der UniCredit Bank Austria, den aktuellen Branchenüberblick zusammen. „Die Bauunternehmen sehen ihre Auftragslage im August und September sogar auf Rekordhöhe. Zudem hat sich das Geschäftsvertrauen der Unternehmen in den wichtigsten Dienstleistungssparten noch verbessert. Mit Ausnahme des Einzelhandels ist das Branchenklima der wichtigsten Wirtschaftsbereiche in Österreich auch im Herbst 2018 sonnig geblieben“, sagt Wolf.

Industrie wächst auch 2018 in hohem Tempo
Österreichs Industrie hat 2018 seinen Wachstumshöhepunkt im Frühjahr überschritten und seitdem etwas an Schwung eingebüßt. Der Sektor erzielte in den ersten sieben Monaten ein Produktionsplus von 5,9 Prozent, ein Ergebnis, das sogar über dem bereits überdurchschnittlich hohen Plus von 4,7 Prozent im Jahr 2017 lag. Voraussichtlich wird das Produktionswachstum im weiteren Jahresverlauf schwächer werden, dürfte aber im Gesamtjahr 2018 im Bereich von 5 Prozent bleiben.

Die Investitionsnachfrage in Europa ist im Herbst eine wichtige Wachstumsstütze für Österreichs Industrie geblieben. Grundlage der weiterhin hohen Investitionsbereitschaft der Unternehmen sind vor allem die hohen Auslastungszahlen im Produktionssektor. Noch im dritten Quartal 2018 berichtete die Industrie auf EU-Ebene eine Kapazitätsauslastung von rund 84 Prozent, in Österreich sogar von knapp 89 Prozent, jeweils ein Wert, der zuletzt 2007 erreicht wurde. Im Laufe dieses Jahres nannten auch immer mehr Industrieunternehmen fehlende Ausrüstungsinvestitionen und die Beschäftigungsknappheit als die größten Produktionshindernisse. Zusätzlich zur lebhaften Investitionsnachfrage im Produktionsbereich profitieren die baunahen Industriesparten von der dynamischen Baukonjunktur ? vor allem einzelne Bereiche der Stahl- und Metallwarenerzeugung, der Kunststoffverarbeitung und der Elektroindustrie. Noch im September 2018 beurteilten die Bauunternehmen in Österreich und im europäischen Ausland ihre Auftragslage besser als in den zwanzig Jahren davor.

Von Jänner bis Juli 2018 erzielten die Industrieschwergewichte ? die Elektroindustrie, der Maschinenbau und die Metallwarenerzeugung ? jeweils ein Produktionsplus im Bereich von 10 Prozent, die Kfz-Industrie sogar von 12 Prozent. Österreichs Autohersteller haben auch noch im September an Geschäftsvertrauen gewonnen und sind bei den Produktionserwartungen für die nächsten Monate optimistischer geworden. Hingegen sind die kurzfristigen Produktionserwartungen der Maschinenbauer und der Unternehmen der Elektroindustrie zwar etwas vorsichtiger geworden, zudem haben die Metallwarenerzeuger im gesamten Jahresverlauf leicht an Geschäftsvertrauen verloren. Die Branchen dürften damit ihren Wachstumshöhepunkt überschritten haben. Allerdings signalisieren die weiterhin überdurchschnittlich guten Ergebnisse der Konjunkturbefragungen im September eine anhaltend dynamische Branchenentwicklung. Im Industriedurchschnitt ist das Branchenklima sonnig geblieben.

Hochkonjunktur auf Österreichs Baustellen
Österreichs Bauwirtschaft erzielte 2017 ein überdurchschnittlich hohes Umsatzplus von 7,4 Prozent nominell. 2018 hat sich das Wachstumstempo am Bau noch beschleunigt, das Branchenklima ist bis September sonnig geblieben und wird sich auch in den nächsten Monaten nicht stärker eintrüben. Dafür sprechen die unverändert günstigen Rahmenbedingungen für Bauprojekte, die starke Nachfrage in vielen Bereichen sowie die vorteilhaften Finanzierungskonditionen. „Im August und September erreichten die Beurteilungen der Auftragslage der Bauunternehmen eine neue Rekordhöhe. Das Branchenwachstum wird 2018 das sehr gute Vorjahresergebnis voraussichtlich sogar leicht übertreffen, vor allem weil zusätzlich zum Hochbau der Tiefbau kräftig wächst“, sagt Wolf.

Während das hohe Umsatzwachstum im Hochbau von rund 9 Prozent nominell im Vorjahr vom Wohnungsneubau und von den Baunebengewerben getragen wurde, gewinnt 2018 zudem der Wirtschaftsbau an Schwung. Der Geschäftsvertrauensrekord der letzten Monate signalisiert ein ungebrochen starkes Hochbauwachstum, das noch bis Juli weit über dem Vorjahresergebnis lag. Deutlich beschleunigt hat sich 2018 auch das Wachstum des Tiefbauumsatzes. Gemessen an den stark gestiegenen Auftragseingängen zur Jahresmitte und der kontinuierlich besseren Beurteilungen der Auftragslage im August und September, bleibt die Sparte bis Jahresende auf jeden Fall in Schwung. Der Optimismus der Unternehmen ist das Ergebnis der geplanten Mehrausgaben im Straßen- und Bahnbau und von Seiten der Telekomindustrie.

Dienstleistungskonjunktur weiter im Aufschwung
Die Dienstleistungskonjunktur hat sich 2018 beschleunigt, im ersten Halbjahr erreichte das Umsatzplus 5,8 Prozent nominell, nachdem der Umsatz schon 2017 mit 3,8 Prozent überdurchschnittlich stark gestiegen war. Der Sektor wird in der zweiten Jahreshälfte voraussichtlich nur wenig von der hohen Wachstumsdynamik verlieren. Das Klima ist im dritten Quartal ungetrübt sonnig geblieben, wobei sich das Geschäftsvertrauen im September in fast allen großen Sparten weiter verbesserte. Den Wachstumsrekord 2018 halten sonstige wirtschaftliche Dienstleister, vor allem die Arbeitskräftevermittler und Gebäudereiniger, die im ersten Halbjahr um rund 12 Prozent gewachsen sind. Entsprechend dem hohen Geschäftsvertrauen der Unternehmen im September werden sie die Position bis Jahresende innehaben.

Nur in einzelnen Bereichen der Verkehrsdienstleistungen, bei den IT-Diensten und in der Werbung ist die Zahl vorsichtigerer Einschätzungen gestiegen, die eine Wachstumsverlangsamung auf hohem Niveau ankündigen. In Summe profitieren die wirtschaftsnahen Dienstleistungssparten 2018 von der lebhaften Industrie- und Baukonjunktur, dürften aber zum Teil den Wachstumshöhepunkt schon überschritten haben.

„Bemerkenswert ist der relativ hohe Umsatzrückgang der Paketdienste von 2,5 Prozent nominell im ersten Halbjahr 2018. Der florierende Onlinehandel fördert zwar die Nachfrage nach den Leistungen der Paketdienste, allerdings ist das Minus ein Hinweis auf den zunehmenden Konkurrenz- und Preisdruck in der Sparte. Im ersten Halbjahr 2018 sind die Erzeugerpreise der Paketdienste erstmals seit Jahren gesunken und die Preiserwartungen der Unternehmen sind noch im dritten Quartal vorsichtiger geworden“, sagt Wolf.

Einzelhandelsklima bleibt trüb
Im Autohandel war das Branchenklima im September noch sonnig, obwohl das Umsatzwachstum in den letzten Monaten an Schwung verloren hat. Die vorsichtigeren Vertrauenswerte der Händler im dritten Quartal lassen bis Jahresende eine Abkühlung der Spartenkonjunktur erwarten. Voraussichtlich sinkt das Umsatzwachstum im Kfz-Handel 2018 deutlich unter das Vorjahresergebnis von 6 Prozent real.

Nach einem Umsatzplus von rund 2 Prozent real im Vorjahr hat der Großhandel 2018 leicht an Schwung verloren, vor allem weil die Umsätze mit Agrarprodukten und konsumnahen Gebrauchsgütern bis Juli gesunken sind. Gleichzeitig sorgten die dynamische Industrie- und Exportentwicklung für kräftige Zuwächse des Baustoff-, Maschinen-, Nahrungsmittel- und Pharmagroßhandels. Das relativ schwache Ergebnis einiger konsumnaher Großhandelssparten hat sich in den vergleichbaren Einzelhandelssparten fortgesetzt. Die Konsumnachfrage wächst zwar auf der Grundlage der guten Konsumentenstimmung, der steigenden Haushaltseinkommen und der erfreulichen Arbeitsmarktdaten. Allerdings kommt die höhere Nachfrage im Einzelhandel nicht an, wie das geringe Umsatzwachstum von 0,3 Prozent real von Jänner bis Juli 2018 beweist. Außerdem sinkt das Geschäftsvertrauen der Einzelhändler im Bereich des Nicht-Nahrungsmittelhandels seit Monaten. Das Branchenklima ist im gesamten Einzelhandel eher schwach geblieben.

 

 

 

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