Erste Ergebnisse der Europäischen Wertestudie 1990-2018
Wien (universität) - Die Österreicherinnen und Österreicher äußern Zufriedenheit
mit vielen Lebensbereichen, das zeigen die Ergebnisse der neuen "Europäischen Wertestudie", die
an der Universität Wien erhoben wurde: 71 Prozent bezeichnen sich als zufrieden mit ihrem Leben, die Familie
(87 Prozent) ist für sie der wichtigste Lebensbereich.
Der Forschungsverbund "Interdisziplinäre Werteforschung" der Universität Wien hat kürzlich
erste Ergebnisse der "Europäischen Wertestudie 1990 – 2018" (European Values Study – EVS) veröffentlicht.
Bei der Studie handelt es sich um eine Langzeituntersuchung, die Einstellungen und Werthaltungen der Bevölkerung
zu den Themenfeldern Arbeit, Familie, Politik und Religion untersucht. Die EVS wurde nach 1990, 1999 und 2008 im
ersten Halbjahr 2018 zum vierten Mal durchgeführt, ihre Stärke ist somit der Vergleich über mittlerweile
fast 30 Jahre.
Hohe Lebenszufriedenheit und Fokus auf mikrosoziale Lebensbereiche
Insgesamt zeigt sich, dass die Österreicherinnen und Österreicher eine hohe Lebenszufriedenheit aufweisen:
71 % bezeichnen sich als zufrieden mit ihrem Leben, das ist der höchste Wert aller vier Wellen. Die Familie
(87 %) ist für sie der wichtigste Lebensbereich, gefolgt von Freunden (61 %), Arbeit (48 %) und Freizeit (46
%). Während die Bedeutung der Familie über 30 Jahre hinweg stabil bleibt, haben Freunde und Freizeit
an Bedeutung gewonnen, die Arbeit verloren.
Die hohe Bedeutung der mikrosozialen Lebensfelder wird noch deutlicher, wenn man diese mit der Bedeutung von "Religion"
und "Politik" kontrastiert. Der Anteil der Personen, für die Religion ein sehr wichtiger Lebensbereich
ist, sinkt seit 1990 (24 %) langsam, aber kontinuierlich auf heute 16 %. Politik ist wie schon bei den vorherigen
Erhebungen relativ konstant für etwa jede zehnte befragte Person "sehr wichtig".
Hohe Bedeutung der Demokratie
Während sich die Österreicherinnen und Österreicher bei der vergangenen EVS-Welle 2008 von der
Politik schwer enttäuscht zeigten, wird 2018 ein positiveres Bild skizziert. Die Mehrheit der österreichischen
Bevölkerung (56 %) äußert sich zufrieden hinsichtlich der Art, wie das politische System in Österreich
derzeit funktioniert, die Demokratie wird von 96 % als (sehr) gutes politisches System für das Land eingeschätzt
(2008: 92 %).
Eine Reihe von gesellschaftlichen und politischen Institutionen konnte an Vertrauen gewinnen, an der Spitze der
Rangliste liegt die Polizei (87 %) vor dem Gesundheitswesen (83 %), am Ende liegen politische Parteien (27 %) und
soziale Medien (20 %). Das Institutionenvertrauen ist jedoch abhängig von der eigenen politischen Positionierung:
Personen, die sich Mitte-rechts einstufen, haben deutlich mehr Vertrauen in die Regierung und das Bundesheer. Links
der Mitte vertraut man vor allem Kontrollinstitutionen wie der Justiz oder den Gewerkschaften.
Skepsis gegenüber Zuwanderung bei gleichzeitiger Öffnung
Kritisch bleiben die Einstellungen zum Thema Zuwanderung. Sieben von zehn Österreicherinnen und Österreichern
denken, dass Zuwandernde das Sozialsystem belasten (74 %) und Kriminalitätsprobleme verschärfen (70 %).
Zuwanderung wird allerdings im Hinblick auf kulturelle Anpassung und arbeitsmarktpolitische Aspekte unterschiedlich
bewertet: 45 % denken, dass Zuwanderer ihre Bräuche und Traditionen nicht beibehalten sollten, wohingegen
"nur" noch 33 % denken, dass Zuwanderer den Österreichern Arbeitsplätze wegnehmen (2008: 50
%).
Gleichzeitig hat die Vorstellung, dass nur Vorfahren oder Geburt darüber bestimmen, ob man "wirklich
österreichisch" ist, im Vergleich zur EVS-Welle 2008 abgenommen. Vielmehr wird heute das Erlangen von
Deutschkompetenzen sowie Institutionen und Gesetze zu respektieren von einer überwiegenden Mehrheit eingefordert.
Die Europäische Wertestudie (EVS)
Die Europäische Wertestudie wurde in Österreich mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums
für Bildung, Wissenschaft und Forschung von einem Team der Universität Wien unter der Leitung der Politikwissenschaftlerin
Sylvia Kritzinger durchgeführt. Eine Buchpublikation ist für das Frühjahr 2019 geplant.
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