Ausstellung von 19. Oktober 2018 bis 17. Februar 2019 in der Orangerie des Unteren Belvedere
Wien (belvedere) - Einhundert Jahre nach dem Tod Egon Schieles präsentiert das Belvedere einen der
innovativsten Beiträge zum diesjährigen Gedenkjahr. Im Mittelpunkt der Schau steht die hauseigene Schiele-Sammlung.
Ergebnisse modernster kunsttechnologischer Untersuchungen ermöglichen neue Einblicke in die Arbeitsweise des
Künstlers und enthüllen bislang unbekannte Facetten der Entstehung seiner Meisterwerke.
Die Schiele-Sammlung des Belvedere umfasst heute 20 Werke, darunter 16 Gemälde. Die Ausstellung verfolgt die
Wege dieser Werke von der Entstehung im Atelier des Künstlers bis zur Aufnahme in die Sammlung des Belvedere.
Ankäufe, Schenkungen, Tauschgeschäfte, Museumreformen oder auch Restitutionen prägen die Geschichte
dieser Bilder, in der auch die abwechslungsreiche Sammlungsgeschichte des Belvedere offenkundig wird.
"Für mich ist es faszinierend zu sehen, welche Rolle ehemalige Direktoren bei der Entstehung dieser herausragenden
Sammlung gespielt haben. Zum Beispiel der Weitblick von Franz Martin Haberditzl, der sehr früh Werke von Egon
Schiele für die Belvedere-Sammlung kaufte, oder Karl Garzarolli-Thurnlackh dem wir die meisten Schiele Ankäufe
verdanken. Und schließlich Gerbert Frodl, der 2003 das bislang letzte Schiele-Werk unter großen Anstrengungen
erworben hat", so Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere.
Eines der Hauptwerke seiner Sammlung verdankt das Belvedere seinem ehemaligen Direktor Franz Martin Haberditzl,
der mit Bildnis der Frau des Künstlers, Edith Schiele im Jahr 1918 das erste Gemälde Egon Schieles für
ein österreichisches Museum erwarb.
In der Ausstellung sind alle Gemälde zu sehen, die sich jemals im Bestand des Belvedere befunden haben, darunter
prominente Leihgaben wie Bildnis Wally Neuzil oder Kardinal und Nonne (Liebkosung) aus dem Leopold Museum, Zeichnungen
und Aquarelle aus der Albertina und weitere Arbeiten aus privaten Sammlungen im In- und Ausland, etwa auch einige
Vorstudien.
Durch Archivalien – Inventarbücher, Korrespondenzen, Tauschprotokolle und Rechnungen – wird darüber hinaus
die seltene Möglichkeit geboten, hinter die Kulissen eines Museums zu blicken. Eine Besonderheit stellen dabei
Tauschgeschäfte dar, wie sie über viele Jahrzehnte von Museen und Institutionen durchgeführt wurden.
Auch die Museumsreform von Hans Tietze und die damit verbundene Abgabe von Papierarbeiten an die Albertina in den
frühen 1920er-Jahren veränderten den Gesamtbestand des Belvedere maßgeblich. Nicht zuletzt sind
Sammlungen von Kunstwerken Schieles in öffentlichen Museen und Institutionen vor allem dem Engagement von
Privatsammlerinnen und -sammlern und ihren Widmungen zu verdanken.
Um die Sammlungsgeschichte des Belvedere nachzuzeichnen, bespricht Kuratorin Kerstin Jesse detailliert jedes Werk.
Sie zeigt Aspekte wie Erwerb, Motiv und porträtierte Person auf bzw. konfrontiert mit Vorstudien oder verwandten
Arbeiten.
"Zum ersten Mal beschäftigt sich eine Ausstellung mit der eigenen vielschichtigen Erwerbungshistorie
anhand der Werke Egon Schieles. Diese wurden dem Museum geschenkt oder vom Museum angekauft, getauscht, abgegeben
und restituiert. Darüber hinaus ist es uns gelungen, viele Details in Schieles Werk neu zu erschließen
– sodass wir es wieder ein Stück besser verstehen können", so Kerstin Jesse, Kuratorin der Ausstellung.
In Vorbereitung der Ausstellung wurden umfangreiche maltechnische Forschungsarbeiten durchgeführt. Erstmals
wurde der gesamte Schiele-Bestand eines Museums mit digitalem Röntgen, UV-Strahlung, Infrarotreflektografie,
Mikroskop- und Makroaufnahmen genau untersucht. Die gezeigten Detailaufnahmen der Gemälde bieten eine ungewohnte
wie eindrucksvolle Nahsicht auf Schieles Malerei. Eindrucksvoll ist auch die maßstabsgetreue digitale Rekonstruktion
der ersten, farbintensiveren Version des Gemäldes Bildnis der Frau des Künstlers, Edith Schiele, das
Schiele wahrscheinlich auf Wunsch Haberditzls übermalt hat. Nach mehr als einem Jahrhundert ist das Porträt
in Form einer Rekonstruktion annähernd so zu sehen, wie Schiele es ursprünglich ausgeführt hat.
Im Rahmen der Ausstellung bringt das Belvedere Augmented Reality zum Einsatz, um einige der Forschungsergebnisse
für die Besucherinnen und Besucher digital anschaulich zu machen, dies erneut in Zusammenarbeit mit dem Wiener
Start-up Artivive.
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